Civilization IV

Genre
Strategie
USK
ab 6 Jahre (?)
Pädagogisch
ab 14 Jahre
Vertrieb
Take2
Erscheinungsjahr
2005.10
Systeme
PC
System im Test
PC
Kurzbewertung
aufwendiges, komplexes Rundenstrategiespiel
Screenshot 2Screenshot 3Screenshot 4

Spielbeschreibung:
Die primäre Aufgabe in diesem komplexen Rundenstrategiespiel besteht darin, eine eigene Zivilisation nach dem Vorbild der Menschheitsgeschichte über einen Zeitraum von mehr als 6000 Jahren von der ersten Siedlung bis in den Weltraum zu führen und sich gegen andere Völker durchzusetzen. Der Spieler übernimmt die Rolle eines historischen Staatsoberhauptes und lenkt sein Volk mit individuellen Fertigkeiten durch die Jahrhunderte. Dabei stehen strategische Überlegungen und taktische Planungen im Umgang mit den Bedürfnissen der Bevölkerung, dem komplexen Wirtschaftssystem, der Forschung und Wissenschaft, dem Handel und der Diplomatie mit konkurrierenden Staaten sowie Geschick in religiöser Führung im Vordergrund. Der Spieler kümmert sich um den Ausbau seiner Städte und Verbindungswege, erforscht neue Technologien, erkundet mit seinen Einheiten unbekannte Territorien, sichert entscheidende Rohstoffvorkommen durch die Gründung weiterer Städte und kümmert sich um das Verhältnis zu den Nachbarn. Auch wenn die verschiedenen Nationen miteinander konkurrieren, ist es meist weitaus sinnvoller auf diplomatischem Parkett Punkte zu machen und Allianzen einzugehen, als die Welt in kriegerischen Auseinandersetzungen zu erobern.
Die Kulturwerte einer Zivilisation und die religiöse Ausrichtung der Bevölkerung sind ebenfalls spielentscheidend. Eine kulturell gut entwickelte Stadt macht nicht nur die eigene Bevölkerung zufriedener und produktiver, sondern kann für Bewohner anderer Völker so attraktiv werden, dass sie beschließen, in dieser Zivilisation leben zu wollen. Rasanter Fortschritt auf kulturellem und wissenschaftlichem Sektor und die Vernetzung der Wirkung verschiedener spielentscheidender Faktoren sind der Garant für ein erfolgreiches Spiel. Trotz der enormen Komplexität ist die Menüführung in "Civilization IV" recht einfach zu handhaben. Der Blickwinkel aus der Vogelperspektive und die Steuerungsmöglichkeiten der Einheiten wirken durchdacht und lassen sowohl erfahrene Strategen, als auch Genreneulinge mit dem Spiel zurecht kommen. Das ausführliche Handbuch und das im Programm enthaltene Hilfesystem erleichtern den Zugang. Ein umfangreiches Tutorial, in dem der Spieleentwickler selbst schrittweise in die Spielsteuerung einführt, ist ebenfalls sehr hilfreich, wenn es auch mit englischer Sprachausgabe und deutschen Untertiteln daher kommt.
Grundsätzlich kann der Spieler lästige Detailaufgaben dem Computer übertragen. Dann wählt dieser beispielsweise die Produktion in den Städten automatisch nach einer vorher festgelegten Priorität aus und der Spieler kann sich anderen, spannenderen Aufgaben zuwenden. Die stimmige Hintergrundmusik, die sich mit jeder erreichten Zeitepoche verändert, fiel den Testern besonders positiv auf. Es bestand sogar das Bedürfnis, die Musikstücke auf einen mitgebrachten mp3-Player zu laden, um die Musik auch abseits vom Spiel hören zu können. Die moderne grafische Präsentation ist zwar schön anzusehen, sorgt aber auch für hohe Anforderungen an die Computer-Ausstattung.

Pädagogische Beurteilung:
Der Spielfortschritt geschieht bei "Civilization IV" rundenbasiert, d. h. die Spieler planen in Ruhe abwechselnd und nacheinander ihren Spielzug und führen ihn ohne Zeitdruck aus. Dabei entwickelt das Spiel neben einer langen Spieldauer auch einen größeren Tiefgang als viele andere Strategiespiele und lässt den Spieler so mehr in das Spiel eintauchen.
Gerade auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Entwicklung ist es spielentscheidend, welche Technologie als nächstes erforscht wird und welche Richtung die Zivilisation dadurch einschlägt. Entscheidungshilfe bietet oft die spieleigene „Civilopädie“, in der Technologien, Einheiten und Weltwunder hinlänglich erklärt werden. So wird spielerisch geschichtliches und technologisches Hintergrundwissen vermittelt, das man kennen muss, um im Spiel erfolgreich zu sein. In den Spieletests sorgte beispielsweise der Bau des Weltwunders „Angkor Wat“ im Spiel dafür, dass die Jugendlichen mehr über das Weltkulturerbe erfahren wollten und eigenständig im Internet nach weiteren Informationen über das Bauwerk recherchierten. Hieraus ergeben sich interessante Möglichkeiten zur Wissensvermittlung auch im bildungspädagogischen Kontext. Auch soziale und politische Inhalte ließen sich so mit Jugendlichen diskutieren. Vor allem die Tatsache, dass Krieg und militärische Auseinandersetzungen nicht zwangsläufig zum Erfolg führen, weil die negativen Auswirkungen auf die Zufriedenheit der Bevölkerung zu hoch sind oder die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zum Erliegen kommt und Waffengewalt fast immer auch zu diplomatischen Verwicklungen führt, ermöglicht es, Jugendlichen Handlungsalternativen aufzuzeigen und wichtige Aspekte globalen Denkens und friedlicher Kooperation zu vermitteln.
Der eigentliche Spielreiz liegt jedoch darin, dass unzählige verschiedene Strategien letztendlich zum Erfolg führen können. Die Feinheiten des Spiels auszuloten und für sich den geeignetsten Weg zum Erfolg zu finden, trägt zur Motivation des Spielers bei, von Spiel zu Spiel besser zu werden, aus vergangenen Fehlern zu lernen und schließlich der erfolgreichste Spieler in der Bestenliste zu werden. Die Spieletester nahmen sich erstaunlich viel Zeit, um sich abseits des Spiels über Strategien und Herangehensweisen auszutauschen, gemeinsam Spielfeinheiten herauszufinden oder Tipps zu geben. So wurde gefachsimpelt, wann welche Regierungsform zu wählen sei oder welches Weltwunder den größten Nutzen bei einer bestimmten Taktik mit sich bringt.
Auch wenn der Computergegner nicht einfach zu bezwingen ist und genügend Herausforderungen für viele Partien bietet, war es für die Jugendlichen am spannendsten, sich miteinander im Netzwerk oder über Internet zu messen. Hier zeigte sich recht schnell, wer den Überblick behielt und als Staatenlenker die erfolgreichste Strategie verfolgte.
Das Spielgeschehen blieb auch nach Spielende weiterhin so interessant, dass die Mitspieler vor einem Bildschirm zusammen kamen und gemeinsam den Spielverlauf diskutierten. Dies zeigt, wie sehr sich die Spieler mit dem Spiel beschäftigten, ihre eigenen Entscheidungen zur Diskussion stellten und wie hoch ihre Bereitschaft war, aus Fehlern die richtigen Schlüsse für eine veränderte Taktik im nächsten Spiel zu ziehen.
Auf Grund der teils langen Zugdauer für den einzelnen Spieler und der daraus resultierenden längeren Spiel- und Wartezeiten, bedarf es vor allem im vernetzten Spiel reichlich Geduld. Um dies vor allem bei Spielen über Internet zu kompensieren, ist es möglich, den Spielstand per E-Mail auszutauschen und so ähnlich wie beim Fernschach gegeneinander zu spielen.
"Civilization IV" besticht wie kaum ein anderes Computerspiel durch einen hohen Komplexitätsgrad und bietet dennoch großen Abwechslungsreichtum und Spielspaß. Es ist ein Beispiel dafür, wie man geschickt Strategie mit Unterhaltung verbinden kann, ohne dabei zu sachlich zu werden. Vor allem männliche Strategen ab 14 Jahren fühlten sich von den Herausforderungen angesprochen und waren in der Lage, das komplexe Spielsystem zu durchschauen. Lust und Bereitschaft, mit Sorgfalt und ohne Zeitdruck Entscheidungen mit kleinen und großen Auswirkungen zu treffen, Gegenspieler richtig einzuschätzen und sich mit der Entwicklung der Menschheitsgeschichte spielerisch auseinander zu setzen, sollten vorhanden sein. Die vermittelten historischen und technologischen Kenntnisse bieten unter Anleitung auch außerhalb der Spielwelt interessante Möglichkeiten für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Materie. Wie in einem Planspiel muss sich der Spieler in einem komplexen System bewähren und sieht schon nach wenigen Zügen die ersten Auswirkungen seiner Entscheidungen. Freunde actionreicher Echtzeitstrategiespiele müssen Geduld und Ausdauer mitbringen, wenn sie die Komplexität des Spiels erfahren wollen.