The Book of Unwritten Tales 2


Spielbeschreibung:
Im Februar 2015 erschien mit "The Book of Unwritten Tales 2" der Nachfolger eines beliebten Fantasy-Adventures aus Deutschland. Handlungsort ist ein weiteres Mal die märchenhafte Fantasiewelt Aventasien, die von Magiern, Drachen und allerlei skurrilen Geschöpfen bewohnt wird. Spielerisch gilt es interaktive Dialoge zu führen und Unmengen an Rätseln zu lösen. Ständiger Begleiter ist eine sehr trockene Form von Humor, die etliche Anspielungen auf moderne Popkultur enthält. Spielbare Charaktere sind der Gnom Wilbur, die Elfe Ivo, der Draufgänger Nate und ein zotteliges Plüschwesen namens „das Vieh“. Als ihre Heimat von einer pinken Seuche bedroht wird, die Aventasien zunehmend in eine knallbunte Kitschwelt verwandelt, liegt es an den vier Helden, das drohende Unheil abzuwenden.
Pädagogische Beurteilung:
Rätsel, Rätsel, Rätsel
Die vier Protagonisten werden komfortabel per Maus durch liebevoll gestaltete Fantasy-Schauplätze dirigiert. Regelmäßig kann zwischen den Spielfiguren gewechselt werden, um Rätsel in nicht vorgegebener Reihenfolge zu lösen. Mit vielen Bewohnern von Aventasien können Multiple-Choice-Dialoge geführt werden, in denen teilweise eine bestimmte Strategie von Nöten ist, um das Gespräch zu einem gewünschten Ergebnis zu führen. In diesen Dialogen erfährt der Spieler nicht nur mehr über die Hintergründe des Plots - auch für das Lösen der Rätsel sind die Gespräche regelmäßig von großer Bedeutung. Eben jene Rätsel bestehen zu einem großen Teil aus sogenannten Inventarrätseln. Zur Erklärung: Jede Umgebung beinhaltet Objekte, die betrachtet, manipuliert oder aufgenommen werden können. Kann der Spieler einen Gegenstand nehmen, wandert er in sein Inventar, in dem sämtliche Gegenstände aufbewahrt werden. Diese Inventargegenstände gilt es dann an richtiger Stelle mit der Umwelt zu kombinieren, um eine bestimmte Reaktion auszulösen. Teilweise können auch Gegenstände innerhalb des Inventars miteinander benutzt werden, um einen neuen Gegenstand zu erschaffen, der für eine Rätsellösung benötigt wird. Da die Anzahl anklickbarer Objekte in den Umgebungen sehr hoch ist, wurde eine optionale Hilfefunktion eingebaut. Diese markiert Punkte auf dem Bildschirm, mit denen interagiert werden kann, damit der Spieler nicht auf Verdacht die Umgebung abklicken muss. Neben Inventarrätseln wartet "The Book of Unwritten Tales" aber auch immer wieder mal mit anderen Formen von Knobelaufgaben auf. Beispielsweise muss die Funktionsweise einer Maschine ausgetüftelt oder der Mechanismus einer Tür überlistet werden, die nur per Stimmerkennung geöffnet werden kann.
Liebe fürs Detail
Visuell beeindruckt das Abenteuer immer wieder mit detailverliebten Umgebungen, die farbenfroh den märchenhaften Ton des Spiels unterstreichen. Abstriche gilt es bei manchen Bewegungsanimationen und den Spielfiguren zu machen, die bisweilen wie Fremdkörper in den Hintergründen wirken. Besonderer Aufwand wurde beim stimmungsvollen Soundtrack betrieben, der von einem Symphonieorchester eingespielt wurde. Selbiger Aufwand zeigt sich auch bei der Vertonung der Figuren, deren Stimmen oftmals aus Film- und Fernsehen bekannt sind. So wurden beispielsweise die deutschen Sprecher von George Clooney, Angelina Jolie, Jennifer Lawrence, Daniel Craig oder Leonardo DiCaprio verpflichtet. Diese professionelle Besetzung erweist sich gerade insofern als enorm wichtig, da es sich bei "The Book of Unwritten Tales 2" um ein sehr textlastiges Spiel handelt. Zumeist wird in den langen Spieldialogen geradezu ausufernd viel geredet, wodurch dem Spieler eine immense Geduld abverlangt wird. Wer diese nicht mitbringt, wird sicherlich keine Freude an dem Spiel haben.
Der Lohn der Mühe
Geduld erfordert darüber hinaus auch der zähe Spieleinstieg, der gemächlich vor sich hinplätschert. Dasselbe gilt für weitere Passagen, in denen sich der Hauptplot nur sehr langsam entwickelt. Problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang, dass das Abenteuer über derart viele Rätsel verfügt, dass diese den Erzählfluss immer wieder ins Stocken bringen. Wenn die Geschichte dann aber einmal Fahrt aufnimmt, bietet sich dem Spieler beste Fantasy-Unterhaltung, die vor charmantem Witz und liebenswerten Figuren nur so strotzt. Das Spielen des Vorgängers ist allerdings zu empfehlen, da teilweise Ereignisse aus dem ersten Teil aufgegriffen werden. Wer sich auf "The Book of Unwritten Tales 2" einlässt, sollte grundsätzlich wissen, dass das Spiel relativ offen endet. So wurde sich die Auflösung einiger Plotpunkte für einen dritten Teil aufgehoben, der vermutlich in den nächsten Jahren erscheinen wird.
Breit aufgestellte Zielgruppe
"The Book of Unwritten Tales 2" erzählt auf humorvolle Weise eine warmherzige Fantasy-Geschichte, in der die Guten das Böse besiegen müssen. Anspielungen auf Filme, Serien, Videospiele, Literatur oder Fantasy im Allgemeinen lassen sich zuhauf finden. Wo viele Zwölfjährige sicherlich eine Anspielung auf Minecraft verstehen werden, dürfte ein Verweis auf die blutrünstige TV-Serie Game of Thrones bei ihnen verpuffen. Bei der Vielfältigkeit der Anspielungen zeigt sich der Ansatz der Entwickler, ein Spiel zu entwickeln, das ein möglichst breites Publikum abdeckt. Ebenso bieten die sympathischen Figuren sowohl einem jüngeren als auch einem älteren Publikum viele Identifikationsmöglichkeiten, da ihre Sorgen und Nöte nachvollziehbar portraitiert werden. Bei allem Humor schneiden die Entwickler auch aktuelle Themen wie Raubtierkapitalismus oder das Schicksal von Flüchtlingen an. Jugendliche ab 12 Jahren sollten in der Lage sein, auch die ernsteren Momente des Spiels einordnen zu können. Für einen Teil dieser Altersgruppe dürften einige der Rätsel allerdings zu schwer ausfallen, denn der Schwierigkeitsgrad erweist sich stellenweise als durchaus knackig.
Fazit:
Wer über zähe Passagen hinwegsehen kann, gerne Rätsel löst und sich nicht an ausschweifenden Dialogen stört, bekommt mit "The Book of Unwritten Tales 2" ein empfehlenswertes Fantasy-Adventure geboten. Mit circa 20-25 Stunden Spielzeit handelt es sich im Übrigen um einen überdurchschnittlich langen Titel. Dass nicht jeder Gag zündet, lässt sich aufgrund vieler gelungener Wortspiele leicht verschmerzen. Darüber hinaus überrascht das Spiel immer wieder mal mit sehr berührenden Momenten, die zum Teil auch aus einem Pixar-Film stammen könnten. Da für die Einordnung einiger nicht-humoristischer Elemente eine gewisse Reife vorausgesetzt wird, eignet sich der Titel für Spieler ab 12 Jahren. Zudem handelt es sich um einen Titel, der das Potenzial mit sich bringt, Eltern und Jugendliche gemeinsam vor dem Bildschirm zu versammeln. Kenntnisse des Vorgängers werden allerdings empfohlen.