Punch-Out!!

Genre
Beat 'em Up
USK
ab 6 Jahre (?)
Pädagogisch
ab 8 Jahre
Vertrieb
Nintendo
Erscheinungsjahr
2009.05
Systeme
Wii, Wii U
System im Test
Wii
Kurzbewertung
Etwas zu stumpfes Boxspiel mit fluffigem Comic-Feeling
Gruppenleiter
Andreas Gloge
Ü12 Lise-Meitner-Gesamtschule
Screenshot 2Screenshot 3Screenshot 4

Spielbeschreibung:
Auf den älteren Konsolen von Nintendo galt „Punch-Out!!“ lange Zeit als Klassiker. Nun gibt es für die Nintendo Wii eine Neuauflage der simplen Boxfights von Little Mac, der Hauptfigur, die sich mit allerlei skurril überzeichneten Fieslingen wie Von Kaiser, King Hippo und Doc Louis messen muss.

Punch-Out!! mutet an wie eine Zeitreise zurück in die späten 1980er Jahre, in denen die Spielprinzipien noch mehr als einfach gestrickt waren und sich Videospielcharaktere durch plakative nationale Stereotype hervortaten. In diesem Sinne versucht das Spiel sowohl vom Gameplay als auch von der Optik her das typische Arcade-Spielgefühl der prominenten Vorlage so originalgetreu wie möglich in die heutige Zeit zu übertragen. Es bietet daher mehr Hommage als Innovation.

Die fröhlich vor sich hin dudelnde Musik ist simpel gestrickt und die Steuerung ebenso. Die Kameraperspektive bleibt die ganze Zeit eingefroren und die Boxer können sich nicht bewegen sondern stehen wie im Pistolen-Duell von Cowboys sich Auge und Auge gegenüber und dreschen aufeinander ein. Aufgrund des selbsterklärenden Charakters verzichtet das Spiel auf ein Tutorial, bietet nur ein kleines Handbuch mit den möglichen Schlag- und Tastenkombinationen. Von denen gibt es auch nur eine Hand voll: ein paar unterschiedliche Schläge und Haken, einen Block sowie eine Ausweichbewegung in zwei Richtungen.

Dabei benutzt der Spieler die Wii Remote und den Nunchuk Controller mit beiden Händen. Man steuert das Geschehen also ganz intuitiv, indem man seine Linke und seine Rechte genauso schwingt wie ein Boxer im Ring. Wer möchte, kann sich übrigens auch auf das Balance-Board stellen und so mit dem Oberkörper ausweichen, indem man sein Gewicht auf die linke oder rechte Seite verlagert.

Das Ziel eines Boxspiels ist klar: man muss seinen Gegner k.o. schalgen. Jeder Kampf geht über drei Runden und ist so nach wenigen Minuten beendet.

Pädagogische Beurteilung:
Der Fun-Faktor knockt den Realismus in die Seile
Mit ernsthaften Boxsport-Simulationen hat „Punch-Out!!“ absolut nichts gemein. Es zählt hier im Grunde nur die eigene Reaktionsfähigkeit und die Geduld, alle Eigenarten und Schwächen der schrulligen Feinde auswendig zu lernen und auszunutzen.

Die stereotypen Gegner sind comichaft animiert und lassen ständig Lebensweisheiten und Beleidigungen in ihrer Muttersprache ab. Leider gibt es keine deutschen Untertitel zu den Kommentaren, aber Mimik und Betonung sorgten dennoch für den ein oder anderen Schmunzler bei den Spielern der Testergruppe. Gerne wurden die unverständlichen Fremdworte amüsiert nachgebrabbelt. „Der Dicke sieht ja echt cool aus“ und „Schau dir den mal an, wie der da albern rumhüpft“ sind nur einige weitere Kommentare, die den Spaß an der fröhlichen Animation der Boxenden verdeutlichen.

Der Disco-Tänzer-Boxer trippelt z.B. rhythmisch unter einer glitzernden Kugel umher. Der stämmige Holzfäller aus Kanada genehmigt sich zwischen den Runden einen ordentlichen Schluck aus dem Flachmann und hält danach schnarchend ein Nickerchen in der Ringecke.

Hinter dem Ring sieht es leider optisch deutlich ärmer aus, denn das Publikum besteht nur aus ein paar animierten Schemen.

Hau-drauf total und die richtige Taktik
Gegenseitiges Kräftemessen und Sportspiele sind unter Jugendlichen heiß begehrt, da es ihrer natürlichen Entwicklung entspricht, die eigenen Fähigkeiten ständig neu zu überprüfen und mit Gleichaltrigen zu testen. Boxen steht hierbei für die wohl ursprünglichste Form des Wettkampfs, was sich auch in der Beliebtheit sogenannter „Beat em Up“-Spiele widerspiegelt. Bei „Punch-Out!!“ fallen diese Attribute leider ein wenig unter den Tisch, da das Spiel doch arg simpel gehalten ist und auf Dauer wenig Entfaltungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bietet.

Sobald ein Kampf beginnt steht man seinem Kontrahenten gegenüber und drischt wie wild auf ihn ein. Das kann mitunter etwas hektisch und auch anstrengend werden. Denn das wilde Schlagen per Nunchuk ist ziemlich anstrengend und treibt einem schnell die Schweißperlen auf die Stirn.

Der einzige Clou ist, dass jeder der mit Stereotypen vollgestopften Charaktere seine individuellen Stärken und Schwächen besitzt und nur mit einer speziellen Taktik geknackt werden kann. Hat man diese irgendwann herausgefunden, so ist der Rest zumeist ein Kinderspiel. Am besten überrumpelt man den Gegner während einer seiner albernen Verhöhnungen und kloppt dann besonders stark zu.
Liegt der einer der Boxer am Boden und wird bis 10 abgezählt, verliert dieser. Geht er 3 Mal in einer Runde K.O., verliert er ebenfalls. Nett anzusehen ist hierbei, dass sich die Charaktere nach jedem K.O. verändern und Veilchen, Pflaster und Beulen mit in die nächste Runde tragen. Gute Tipps zum Besiegen der Gegner gibt euch der Trainer in den Pausen zwischen den Kampfrunden.

Wo bleibt der Langzeit-Spaß?
Leider warten insgesamt nur 13 Kämpfer auf eine Abreibung, welche sich von einem geschickten Spieler in wenigen Stunden Spiel nacheinander besiegen lassen. Danach darf man sich zwar noch an schwereren Kämpfen gegen exakt die gleichen Charaktere versuchen, ein Alternativ-Modus dazu fehlt aber leider völlig. Irgendwann ist dann jeder Gegner kein Hindernis mehr und der Spielspaß dürfte arg getrübt sein, so die Tester.

Auch nicht gerade abendfüllend: Der karge Zweispieler-Modus
Leider bietet auch der Multiplayer-Modus wenig Erbauliches. In den Zweispieler-Duellen darf man lediglich zwischen zwei Charakteren im 08/15-Design auswählen, also weder den Riesenkoloss, noch den Exoten aus dem Dschungel. Und genau das war das Problem für die Jugendlichen, denn ohne die besonderen Stärken und Schwächen der abgefahrenen Computergegner stehen sich im Zweispieler-Modus nur zwei ganz gewöhnliche (und langweilige) Boxer gegenüber, was dazu führt, dass man sich schnell einfach nur noch ungelenk verprügelt, anstatt eine sinnvolle Taktik anzustreben.

Einen Online-Modus hat sich Nintendo komplett gespart.

Bewegungsarmut tut Sportspielen selten gut
Größter Kritikpunkt der Testspieler (12 Jahre) war, dass man sich nicht wirklich bewegen kann. Beim realen Boxen ist es ja normal, dass die Kämpfenden durch den Ring tänzeln, mal in die Seile gedrückt werden, sich gegenseitig umklammern, dass eben Bewegung und Dynamik eine gewichtige Rolle spielen. Bei „Punch-Out!!“ existiert leider nichts dergleichen. Man steht immer auf derselben Stelle und bewegt nur seine Arme und ein wenig mal den Oberkörper. Das vereinfacht die Handhabung natürlich ungemein und macht das Spiel für jüngere Kinder leichter zu handhaben. Alle anderen jedoch leiden unter der starken, optischen und spielerischen Monotonie. Nach einer halben Stunden Kampf war der einhellige Tenor der Spieletestergruppe wie folgt: „Irgendwie macht das jetzt überhaupt keinen echten Spaß mehr“.

Fazit:
Für den kurzen Zeitvertreib mag „Punch-Out!!“ ganz nett sein, langfristig aber bietet es wenig Motivation und Abwechslung. Der enttäuschende Mehrspieler-Modus und die festgefrorene Perspektive verhindern einen sportlichen Wettkampfcharakter und lassen das Spiel schnell öde wirken.
Trotz der einfachen Steuerung und des leicht verständlichen Spielprinzips liegt die pädagogische Altersempfehlung aufgrund des ausschließlichen Drauf-Prügel-Aspekts bei 8 Jahren.

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Spieletester
Ü12 Lise-Meitner-Gesamtschule
Köln
Bewertung Spielspass