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Lollipop Chainsaw Massacre
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Lollipop Chainsaw

Genre
Action-Adventure
USK
ab 16 Jahre (?)
Pädagogisch
ab 16 Jahre
Vertrieb
Warner Bros. Interactive Entertainment
Erscheinungsjahr
2012.06
Systeme
Playstation 3, Xbox 360
System im Test
Playstation 3
Homepage des Spiels
Kurzbewertung
Humorvolles und abgedreht Hack&Slay, mit mindestens einem Augenzwinkern inszeniert
Zusatzinformationen ausklappen
Interessant für
Fans von actiongeladenen Hack&Slay-Titeln
Sprache
Deutsche Texte mit englischer Sprachausgabe
Grafik
teils realistisches Charakterdesign mit Comic-Relief
Sound
Mischung aus Pop, Rock und Metal, darunter bekannte Klassiker aus dem 20. Jahrhundert

Steuerung
einfach
komplex
Anforderungen
einfach
schwer
Zeitaufwand
gering
hoch
Spielwelt
linear
offen

Indentifikationsfiguren
Cheerleaderin Juliet Starling
Mehrspielermodus
nicht vorhanden
Spielforderungen
schnelle Reflexe, gute Augen-Hand-Koordination
Zusatzkosten
nicht vorhanden
Problematische Aspekte
Gewalt, übersexualisierte Frauendarstellung
Gruppenleiter
Koray Çoban
Ü8 Elsa-Brandström-Schule Düsseldorf | Spieletester an der HHU
Screenshot 2Screenshot 3Screenshot 4Screenshot 5

Spielbeschreibung:
Eigentlich hat sich Cheerleaderin Juliet Starling ihren 18. Geburtstag anders vorgestellt. Auf ihrem Weg zur Schule bemerkt sie, dass die Stadt von Zombies überrannt wurde. Dabei wollte sie doch den Tag mit ihrem Freund Nick verbringen. Also kämpft sie sich ausgerüstet mit einer Kettensäge durch Horden von Zombies, denn sie ist zufällig, genau wie der Rest ihrer Familie, eine Zombiejägerin. Als sie an der Schule ankommt, muss sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass auch Nick von einem Zombie gebissen wurde. Um ihn vor der Verwandlung zu schützen, trennt sie seinen Kopf ab und vollzieht ein magisches Ritual, um ihn am Leben zu halten.

Text von Florian Münstermann

Pädagogische Beurteilung:
Das Suda-Prinzip
Hinter solch einer Story kann nur der japanische Entwickler Suda51 stecken, der bekannt für seine abgedrehten Spiele, wie Killer7 oder No More Heroes, ist. Zumindest übernahm er die Rolle als leitender Entwickler, denn überraschenderweise kommt die Story aus der Feder von Guardians of the Galaxy-Regisseur James Gunn. Die Story ist zwar nicht ernst zu nehmen, aber hält die Spielenden durch ihre Überinszenierung auf Trab und bietet zudem eine Menge schwarzen Humor. Dementsprechend bekommt man von dem Spiel das, was man von dem Entwickler erwartet.

Altbewährtes
Insgesamt gilt es, sich durch sechs Level zu kämpfen, wobei am Ende jeweils ein Endboss wartet. Attacken müssen mit einer Kombination der Aktionstasten in typischer Hack&Slay-Manier ausgeführt werden. Die Kettensäge bietet zwei verschiedene Schläge: Ein normaler Frontal-Schlag und ein Schlag für Gegner, die auf den Boden kriechen. Zudem kann Juliet mithilfe ihrer Pompons Gegner betäuben und schwächen, um sie dann mit der Kettensäge leichter zu erledigen. Im Zusammenspiel mit der Ausweichbewegung können die Spieler_innen zudem Kombinationsattacken ausführen, die einen flüssigen Kampfstil erlauben, was sich wiederum auf die Punktzahl auswirkt. Eine weitere Fähigkeit ist der Chainsaw-Dash. Dadurch erhöht Juliet ihre Geschwindigkeit und stößt mit der Kettensäge nach vorne, um alle Gegner vor ihr mitzunehmen, aber auch um Rampen zu überwinden. Besiegt Juliet mehrere Zombies auf einmal, wird die Glitzerjagd ausgelöst. Je mehr Zombies, desto mehr Gold- und Platinmedaillen werden ausgeschüttet. Mithilfe dieser Medaillen, die auch in den Leveln verteilt sind, kann Juliet in den Shops Einkäufe tätigen. Dadurch kann man neue Kombos freischalten, Upgrades für z.B. Gesundheit oder Stärke und Heil-Items kaufen, die ebenfalls in Form von Lollis im Spiel gefunden werden können, aber auch Kostüme oder Songs erwerben, die im Soundtrack enthalten sind.

Kopflose Fähigkeiten und Prämien
Nick scheint zunächst als Kopf, der an Juliets Rock hängt, ziemlich nutzlos. Jedoch kommt es zu Situationen, in denen die Spielenden Nicks Kopf auf einen kopflosen Körper setzen können und dann ein Quicktime-Event absolvieren müssen, um für Juliet ein Hindernis zu beseitigen. Leider stellen diese keine große Herausforderung dar. Alle Quicktime-Events sind beim ersten Versuch machbar. Es gibt allerdings noch andere Situationen, die schnelle Reaktionszeiten fordern. Außer in Bosskämpfen sind diese meistens optional, bieten nur einen kleinen Vorteil und erweisen sich als ähnlich einfach.
Nick hat jedoch noch weitere Fähigkeiten, die mithilfe eines Nicktickets ausgelöst werden. Die Tckets und die Fähigkeiten sind ebenfalls in den Shops erhältlich. So ermöglicht beispielsweise eine Fähigkeit, dass sich aus Nicks Kopf Goldmedaillen und Lollipops ausschütten lassen. Im Laufe des Spiels erhält Juliet zudem Upgrades für ihre Kettensäge. Relativ früh wird der Chainsaw Blaster verfügbar, durch den sich Zombies im Fernkampf mit Lippenstiften erschießen lassen. Einige Gegner erfordern den Gebrauch dieser Waffe.

Abwechslungsarm
Ein generelles Problem bei Hack&Slay-Titeln ist die mangelnde Abwechslung im Gameplay. Bei der Vielzahl an Kombos, die theoretisch gelernt sein müssen, legen sich die faulen Spieler_innen dann doch auf bestimmte Muster fest. Lollipop Chainsaw macht beim Kampfsystem nichts Neues, aber macht das Altbewährte gut. Die Bosskämpfe sind gut inszeniert, fragen allerdings keine speziellen Kombos ab. Meistens gilt es, das Ausweichen und den Umgang zwischen Nah- und Fernkampf zu beherrschen. Allerdings werden die Kämpfe durch die Kamera erschwert, denn in einigen Bosskämpfen ist diese sehr eingeschränkt bewegbar. Der Gegner kann zwar anvisiert werden, allerdings erschwert dies die räumliche Übersicht. Außerhalb der Bosskämpfe ist es zur besseren Orientierung daher ratsam, auf das Anvisieren zu verzichten. Bei großen Gegnerhorden ist es jedoch wiederum schwer, auf die nicht anvisierten Gegner zu achten und vor allem in engen Räumen zoomt die Kamera zu nah an die Spielfigur heran, was sehr unvorteilhaft während eines Kampfes ist.

Abwechslungsreich
Lobend zu erwähnen ist das Leveldesign, das mit einer großen Abwechslung überzeugen kann. Das Casino-Level ist dabei besonders hervorgestochen. Am Ende eines jeden Levels wird die Leistung ausgewertet und mit einer Gesamtwertung und Gesamtpunktzahl versehen. Mit der Punktzahl können sich die Spielenden in die globale Bestenliste eintragen, um sie mit anderen zu vergleichen. Allerdings ist anzuzweifeln, ob der Drang, den Highscore zu erreichen bzw. zu knacken, langzeitmotivierend wirkt.

"Planet Terror" oder Überzeichnet I
Zombies werden durch die Mitte geteilt und dabei spritzt in alter Asia-Slasher- bzw. Tarantino-Rodriguez-Manier das Blut wie aus einem Duschkopf. In Sachen Gewalt geht es nicht zimperlich zu. Jedoch fällt dieser Faktor aufgrund des stark überzeichneten Designs nicht zu sehr ins Gewicht. Zwar haben Hauptfiguren und Umgebung teils realistische Darstellungen, allerdings ist die Gestaltung noch weit entfernt von einer Grafik eines Battlefields oder Call of Dutys. Die Blutfontänen und die insgesamt gezeigte Gewalt sind in Cartoon-Manier maßlos überzeichnet. So ist das Blut in Verbindung mit den Animationen farblich oft eine glitzernde Mischung aus rot, lila und neon-rosa. Zombies lösen sich glitzernd auf und bei besonders erfolgreichen Kombos erscheint alles in Regenbogenfarben. Zusammen mit dem ironischen und humoristischen Unterton verfügen 16-Jährige dadurch durchaus über die Fähigkeit, das Geschehen distanziert zu betrachten.

Sexistische Darstellung oder Überzeichnet II
In Lollipop Chainsaw spielen wir die 18-Jährige Juliet, die nicht gerade bedeckt bekleidet ist. Mit bauchfreiem Top, Minirock und Kniestrümpfen zieht sie los auf Zombiejagd. In den Ladebildschirmen werden stetig Tipps eingeblendet, von denen einer besagt, dass man ihr nicht unter dem Rock schauen soll. Versucht man dies, indem die Kamera dementsprechend justiert wird, hält sie ihre Hand entsprechend als Schichtschutz. Nichtsdestotrotz lässt ihre freizügige und nicht sehr zweckhafte Kleidung gerade in den Kämpfen einige voyeuristische Blicke zu. Das Spiel hat zudem viele obszöne, pubertäre Witze und Momente und arbeitet mit vielen sexualisierten Schimpfwörtern, unter anderem „Schlampe", „Fick dich!" etc. ... Vulgäre Ausdrücke, die zwar nicht jedem gefallen, denen Jugendliche ab 16 Jahren aber durchaus auch in anderen Medien begegnen. Auch hier trägt der ironische und überzeichnete Unterton dazu bei, dass 16-Jährige Distanz zu den gezeigten Inhalten schaffen können.
Juliets Auftreten ist ebenfalls recht kontrovers. Einerseits ist sie ein niedliches Mädchen, das einen festen Freund hat, der sie beschützen will. Andererseits macht sie mit einer Kettensäge Kleinholz aus Zomies. Die Figur ist also einerseits sehr klischeehaft und sexualisiert dargestellt, verkörpert jedoch keine schwache Figur, da sie die Heldin ist und ihre Schulkameraden beschützt.

Fazit:
Lollipop Chainsaw ist ein humorvolles Zombie-Hack&Slay, das eher mit seiner Prämisse und Inszenierung auf sich aufmerksam macht als mit dem Gameplay. Zwar sind im Kampf viele Kombinationen möglich, doch es reicht auch aus, wenn man sich auf bestimmte Angriffsmuster festlegt. Dazu kommen Kameraprobleme, die die ein oder andere Zombieschlacht unübersichtlich machen. Dahingegen bieten die sonst linearen Level Abwechslung im Design. Wer Lust auf einen kurzen, abgedrehten Trip hat und das eintönige Gameplay verzeihen kann, der kann Lollipop Chainsaw eine Chance geben. Jugendliche ab 16 Jahren dürften mit diesem Spiel keine Probleme haben, da die übertriebene, überzeichnete und nicht ernstzunehmende Inszenierung stets die Möglichkeit bietet, eine Distanz zum Gezeigtem zu wahren.

Diese Kritik ist von Studierenden der Philosophischen Fakultät an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf verfasst. Die unter der Leitung von Koray Çoban durchgeführte und von Daniel Heinz und Dirk Poerschke unterstützte Übung 'Spieletester' präsentiert sich unter spieletester.phil.hhu.de.