Sherlock Holmes - Die Spur der Erwachten
Beschreibung des Spiels:
"Die Spur der Erwachten" ist der derzeit aktuelle Teil der Sherlock Holmes Serie (Stand: Dezember 2006). Wieder ziehen Holmes und sein guter Freund Dr. Watson aus, einen verzwickten Kriminalfall zu lösen. Im Zuge ihrer Ermittlungen verlassen sie dabei nicht nur ihre Heimatstadt London, sie besuchen auch das europäische Festland und die "neue Welt".
Das Spiel beginnt mit einem düsteren Albtraum Dr. Watsons. Als der Doktor aufwacht, denkt er darüber nach, wie alles angefangen hatte. Es beginnt eine für Sherlock Holems-Erzählungen typische Geschichte in Form einer Rückblende. Einer von Dr. Watsons Patienten war sehr aufgebracht über seinen Hausdiener, welcher undankbarer Weise einfach in einer Nacht und Nebel Aktion das Haus verlassen hatte. Das arrogante Gehabe des Hausherrn lässt beim Spieler schnell Verständnis für das Weggehen des Dieners aufkommen. Doch nach ersten Sichtungen der Spuren durch den Meisterdetektiv, verdichteten sich diese schnell zu einem handfesten Verdacht: Der Diener ist nicht freiwillig gegangen, er wurde entführt! Es ist nun ab diesem Punkt Aufgabe des Spielers, die Handlung der Geschichte fortzuführen und den Kriminalfall zu lösen.
Pädagogische Beurteilung:
Schon die Gestaltung des Eingangsbildschirms, auf dem auch das Hauptmenü untergebracht ist, und die etwas düstere Hintergrundmusik vermitteln von Beginn an eine deutlich unheimlichere Stimmung als das Vorgängerspiel "Sherlock Holmes - Das Geheimnis des Silbernen Ohrrings". Insgesamt ist der Sound und speziell die Hintergrundmusik deutlich besser gelungen. Die nächste, geradezu ins Auge springende Änderung ist die komplette grafische Umgestaltung des Spiels. Steuerte man im Vorgänger die Protagonisten noch aus einer fixen Perspektive der dritten Person, nimmt der Spieler im neusten Teil der Serie die Position der Protagonisten selbst ein. Gespielt wird aus der so genannten EGO- oder First-Person Perspektive. Auch die Steuerung über die Tasten "W", "A", "S" und "D" und die Maus erinnert an die vieler First-Person-Shooter. Holmes Bewaffnung beschränkt sicher allerdings wie gewohnt auf Lupe und Maßband. Die neue First-Person Perspektive bringt einen entscheiden Vorteile für das Detektivspiel mit sich: Endlich ist es möglich, alle gewünschten Gegenstände von allen Seiten zu betrachten. Das gestaltet die Spurensuche deutlich spannender. Die Gefahr etwas zu übersehen steigt jedoch an, was allerdings nicht unbedingt von Nachteil sein muss. In der Nahansicht betrachtete Gegenstände sind sehr detailliert dargestellt. Noch genauer wird es, wenn Holmes bzw. der Spieler die Lupe verwendet. Feinste Details werden auf diese Weise sichtbar und enthüllen bisweilen wichtige Anhaltspunkte für das Kriminalpuzzle. Oft muss ein Objekt allerdings mehrfach untersucht werden, bevor das entscheidende Detail gefunden wird. Leider sind auch in diesem Teil des Spiels noch immer alle einsammelbaren Gegenstände auch bedeutungstragend, was das Entscheiden, welcher Gegenstand nun für die Geschichte wichtig ist und welcher nicht, stark vereinfacht. Das zufällige Einbinden bedeutungsloser Gegenstände wäre ein guter Ansatz gewesen, unterschiedliche Schwierigkeitsgerade anzubieten, denn das Spiel verfügt genau wie sein Vorgänger nicht über eine solche Funktion. Die First-Person-Perspektive assoziierte den jugendlichen Spieletestern mehr Aktion. Sie waren daher etwas von der Aktionarmut des Spielinhalts enttäuscht.
Insgesamt ist die grafische Gestaltung der Spielwelt sehr gut gelungen. Stellenweise vermittelt die Spielwelt eine gruselige Atmosphäre, die ein wenig an H.P. Lovecraft Romane erinnern lässt. Die Geschichte kommt dank großzügig bemessener Zwischensequenzen zügig in Fahrt. Dank der realistischen Gebäude und der umfangreich ausgestatteten Innenräume bekommt man direkt Lust, einen Stadtbummel durch das alte London zu machen. Leider sind immer nur kleine Teile eines Szenarios begehbar. Schade ist ebenfalls, dass die so schön dargestellte Umwelt recht leblos bleibt. Keine Passanten kommen dem Spieler entgegen und im Pub ist neben dem Wirt nur eine weitere Person anwesend. Zwitschernden Vögel und Pferdekutschen sind zwar zu hören, jedoch nicht zu sehen – an dieser Stelle wirkt das Spiel leider etwas unfertig.
Mit einem ähnlich detailreichen Eifer werden allerdings auch z.B. blutverschmierte Wände und Leichen mitsamt ihren Verwundungen dargestellt. Kein Wunder, fordert der Fall auch an dieser Stelle intensive Untersuchungen. Angesichts solcher Bilder und der teilweise sehr düsteren Stimmung wird klar, warum der neueste Teil der Sherlock Holmes Serie nicht wie sein Vorgänger ab sechs, sondern erst ab zwölf Jahren von der USK freigegeben wurde.
Eine klare Schwäche der Grafik ist nach wie vor die Darstellung von Personen. Ein weitaus kritischerer Punkt in Bezug auf die Grafik ist, dass mehrere der jugendlichen Spieletester unabhängig voneinander berichteten, dass ihnen von dem Spiel schlecht würde. Abhilfe schafft hier ein gut beleuchteter Raum, ein nicht zu großer Bildschirm und regelmäßige Spielpausen - Hinweise, wie sie aber ohnehin in den Epilepsiewarnungen zu Beginn fast aller Spielanleitung abgedruckt sind.
Die Schwierigkeit ist etwas höher als beim Vorgängeraber angemessen. Die Art der Rätsel hat sich etwas von den tendenziell ernsthaften Krimalrätseln hin zu Rätseln á la Monkey-Island verändert. Skurrile Situationen fordern den Spieler auf, die unterschiedlichsten Gegenstände miteinander zu kombinieren, um auf diese Weise etwas Bestimmtes zu erreichen. So muss beispielsweise einem betrunkenen Matrosen mit einem Metallhaken sein lange erwartetes Paket mit einer neuen Holzhand besorgt werden, damit aus dem alten Haken und einem Seil ein Wurfhaken gebaut werden kann. Mit diesem lässt sich dann ein zuvor nicht lösbares Rätsel lösen. Diese Art humoristischer Rätsel wirkt in Kombination mit dem sonst eher englisch-aristokratischen Krimi Setting leider etwas unpassend.
Fazit:
"Sherlock Holmes – Die Spur der Erwachten" wendet sich genau wie das Vorgängerspiel an Freunde komplexer Knobeleien. Die mindestens 12 jährigen Spieler sollten viel Ausdauer und Spaß an Rätseln mitbringen. Wer das Vorgängerspiel nicht kennt, kann alternativ auch zuerst diesen Spielen. "Sherlock Holmes - Das Geheimnis des silbernen Ohrrings" ist wesentlich günstiger zu haben und wurde von den Spieletestern insgesamt gleichwertig eingestuft. Insgesamt bietet das Spiel viel Atmosphäre und trägt auf eigene Weise dazu bei, die Thematik und den Stil alter Kriminalklassiker zu einem neuen digitalen Leben zu erwecken.