Verbraucherschutz

Das Internet hat zu tiefgreifenden Veränderungen bei der Vermarktung und dem Vertrieb von digitalen Spielen geführt. Wurden sie früher ausschließlich auf einem Datenträger (z.B. CD, DVD oder neuerdings Blu-Ray-Disk) verkauft und konnten uneingeschränkt genutzt werden, so ist es den Herstellern heute über den Online-Vertriebsweg möglich, permanent neue und häufig auch kostenpflichtige Inhalte (den sogenannte Download-Content, kurz DLC)  nachzureichen, Werbung zu schalten und/oder Daten kommerziell weiterzuverwenden. Und die Spiele-Apps für Smartphones und Tablets werden ausschließlich über die entsprechenden Stores vertrieben.

Neue Geschäftsmodelle
Spiele werden heute vermehrt online gekauft. Dies geschieht über die jeweiligen Vertriebsplattformen wie Steam, PlayStation Network, Xbox Live,Nintendo eShop iTunes oder dem Google Play Store. Im ersten Halbjahr 2021 wurden 378 Mio. Euro Gebühren für Online Dienste erzielt. (Quelle: BIU).

Die Bindung von Spielen an Online-Benutzerkonten verhindert, dass diese Spiele problemlos weiterverkauft werden können. Fraglich ist, was mit Inhalten passiert, sollte die Vertriebsplattform ihren Betrieb einstellen.
Spiele, die ausschließlich online gespielt werden können, sind hiervon natürlich besonders betroffen. Nutzer bezahlen in der Regel einen Betrag zwischen 5 Euro und 15 Euro im Monat um sich in die Spielwelt einloggen zu dürfen. Werden die Spielserver vom Anbieter wegen mangelnder Nachfrage abgeschaltet, werden das zuvor erworbene Spiel und alle erspielten Gegenstände wertlos.

Zusatzinhalte - Download Content (DLC)
Das Spielerlebnis durch den Kauf zusätzlicher Inhalte verlängern und aufwerten zu können, ist grundlegend reizvoll. So gibt es unzählige neue Lieder für Musikspiele, neue Abenteuer oder besondere Gegenstände für Action-Spiele in den verschiedenen Online-Shops. Allerdings ist momentan der Trend zu erkennen, dass Spiele unfertig zum Vollpreis erscheinen. Für das vollständige Erlebnis wird der Spieler mehrfach zur Kasse gebeten. Viele Inhalte kosten zwar lediglich einen niedrigen Euro-Betrag. Doch gerade zu Impulskäufen neigende Jugendliche, können hier schnell den Überblick über die real anfallenden Kosten verlieren.

Heißt kostenlos wirklich kostenlos?
Im Internet werden zahlreiche Gratis-Spiele angeboten. In den meisten Fällen sind jedoch lediglich die Grundfunktionen kostenlos. Beschäftigt sich der Spieler intensiver mit dem Titel, werden ihm Gegenstände, Verschönerungen und Spielvorteile für reales Geld angeboten. Dieses System nennt man Free2Play. Manche Angebote sind rein optischer Natur. So finanziert sich das bekannte Spiel League of Legends über den Verkauf von Frisuren und anderen Verschönerungen für den eigenen Helden. Dies hat keinerlei Einfluss auf dessen Fähigkeiten.
In anderen Spielen können sich Spieler hingegen ihr Glück oder den Erfolg erkaufen, was bei Multiplayer-Spielen zu einer Wettbewerbsverzerrung führen kann. So müssen z.B. Spieler mit der kostenlose Variante eines Spiels eine halbe Stunde warten, bis sie das nächste Haus bauen können. Die Zahlung von realem Geld ermöglicht es hingegen, diese Wartezeit deutlich zu verkürzen. Hinzu kommen besonders mächtige Waffen oder Spezialfähigkeiten. Kleinstbeträge zwischen 0,99 € und 4,99 € locken den Spieler und können sich schnell aufsummieren. Hier sind vor allem Eltern gefragt, ihren Kindern den bewussten Umgang mit Bezahlmethoden zu vermitteln. Denn insbesondere für jüngere, unerfahrene oder erfolgsorientierte Heranwachsende können solche Vertriebswege in einer Kostenfalle enden.
Dieses so genannte Micro-Payment hat sich mittlerweile als Geschäftsmodell auf breiter Basis bei Online-Spielen durchgesetzt und  erzielte 2014 einen Umsatz von 477 Millionen Euro (Quelle: BIU). Das sind stolze 128 Prozent mehr als noch im Jahr 2013.

Wie wird überhaupt bezahlt?
Neben Kreditkarte und Überweisung bestehen noch weitere Möglichkeiten, Spiele oder Inhalte online erwerben zu können.

Scratch-Karte (Rubbelkarte):
Die Scratch-Karte verbirgt einen nur vom Käufer zu lesenden Code, der frei gerubbelt werden muss. Die Karten können am Kiosk, im Supermarkt oder in Tankstellen erworben werden. Der Code muss im Spielsystem eingegeben werden und schaltet virtuelles Geld oder anderweitige Besiztümer bzw. Spielvorteile frei. Solche Scratch-Karten sind auch für die gängigen Smartphone-Vertriebsplattformen verfügbar. Ohne aktivierte Sicherheitseinstellungen können Minderjährige neue Spiele erwerben und auf ihr Gerät herunterladen.

Premium-Dienste:
Hier wird durch das Senden einer SMS oder durch einen Anruf bei einer kostenpflichtigen Nummer die entsprechende Zahlung getätigt, welche anschließend von der Prepaid-Karte bzw. der Telefonrechnung abgebucht wird. Bei den 0900-Rufnummern sind die Anbieter der Premium-SMS-Service verpflichtet, den Preis ihres Dienstes sichtbar anzugeben. Seriöse Anbieter halten sich hieran. Gerade die Zahlmöglichkeit per Premium-SMS oder Telefon ermöglicht es Minderjährigen durch die wiederholte Nutzung der Dienste auch große Summen für virtuelle Besitztümer oder Spielvorteile spontan und unkompliziert auszugeben.

19 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben bereits In-App-Käufe getätigt (Quelle: BIU]. Die Kosten werden per Lastschrift oder Handyrechnung abgebucht. Es ist auch möglich Prepaidkarten zu kaufen, um das digitale Spielekonto aufzufüllen. Trotz der geringen Summen kann es vorkommen, dass man den Überblick verliert und so für ein vermeintlich kostenloses Spiel mehr als für einen Vollpreis-Titel ausgibt.

Virtueller Besitz?
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wem die oftmals teuer erworbenen virtuellen Gegenstände gehören. Viele Anbieter von Online-Spielen verstehen sich als reine Dienstleiter, die ihr Angebot nach Belieben verändern können. Dies kann heißen, dass ein vormals mehrere Euro wertvoller virtueller Gegenstand nach einem Software-Update entwertet oder gar unbrauchbar ist.
Die Rechtslage ist hier nicht eindeutig. Bevor also große Mengen an realer Währung in ein Spiel investiert werden, sollte sich der Spieler erkundigen, wie dies vom Anbieter gehandhabt wird. Ein Hinweis darauf findet sich in den meisten Fällen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) der Spiele.

Aufgrund der Nachfrage nach virtuellen Gegenständen vor allem im Bereich der Online-Spiele hat sich rund um den Handel mit diesen Gegenständen ein eigenes Geschäftsfeld entwickelt. Verschiedene Händler bieten virtuelles Gold, Gegenstände oder sogar komplette Spielfiguren gegen reales Geld an. Rechnet man die Zeit in reales Geld um, die es dauert eine komplett ausgestattete Spielfigur in einem Online-Rollenspiel selber zu erspielen, kann es z.B. für berufstätige Menschen durchaus lohnenswert sein, solche Angebote wahrzunehmen, um sich in der knappen Freizeit auf die spannenden Spielinhalte zu konzentrieren. Kinder und Jugendliche können jedoch dazu verleitet werden, Spielzeiten durch den Erwerb von virtuellen Gegenständen zukürzen um die langweilige und mühevolle Passagen abzukürzen .

Was sagt das Gesetz?
Verträge mit Minderjährigen (7–17 Jahre) sind zwar grundsätzlich unwirksam, so dass Vertragspartner dementsprechend auch keinen Zahlungsanspruch haben. Ausgenommen davon sind allerdings Verträge, in denen der Minderjährige das Entgelt vollständig mit Mitteln bewirkt hat, die ihm zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung von dem Vertreter oder einem Dritten überlassen worden sind (= Taschengeld; vgl. „Taschengeldparagraph“ § 110 BGB).

 

Teile dieses Artikels entstammen der Handreichung „Elternabende Computerspiele“ von der EU-Initiative klicksafe. Die Handreichung wurde in Kooperation mit der Initiative Eltern + Medien  und dem Spieleratgeber-NRW umgesetzt.