Treasure Island
Spielbeschreibung:
"Treasure Island" (zu Deutsch "Schatzinsel") ist nicht nur eine künstliche Insel vor San Franzisko (auf der übrigens niemals ein nennswerter Schatz gefunden wurde, sondern die im Gegenteil nach jahrzehntelanger Nutzung als Marinehafen mit Asbest, Radium und sogar Plutonium belastet sein soll), sondern der Titel eines Romans von Louis Stevenson aus dem Jahre 1883 (übrigens im Original zu lesen im Gutenbergprojekt, www.gutenberg.org/etext/120). Die Geschichte des Buches ist schnell erzählt, die Idee dazu hunderte Male verfilmt und wohl schuld an dem Mythos "Piraten", den wir zuletzt im "Fluch der Karibik" sehen durften und – wie sollte es anders sein bei Abenteuerromanen gar nichts mit der Realität zu tun hat und es wohl auch nie tat. Genauso wenig wie Winnetou oder Robin Hood, aber das soll den Genuss dieses Unterhaltungsstoffes nicht mindern.
Das Spiel aus dem Jahre 2008 ist eines von mehreren Adventure-Spielen, so "Geheimakte Tunguska", "Ankh", "Perry Rhodan" oder "So Blonde", die im vergangenen Jahr auf den Markt kamen, nachdem dieses Genre schon 1990 mit "Monkey Island" einen Höhepunkt der Popularität erreicht hatte. Es wurde entwickelt von dem Berliner Studio "Radon Labs", das bislang Titel wie "Genius" oder "Pferd und Pony" veröffentlichte.
Der Spieler schlüpft in die Rolle des jungen Jim Hawkins, der eine Schatzkarte des Kapitän Flint von einem alten Seemann namens Bill Bones findet und sich auf die Suche nach den Reichtümern macht. Das Spiel "Treasure Island" ist als "Point & Click-Adventure" angelegt, dies bedeutet, dass der Spieler ohne Zeitdruck Dinge im Spiel finden muss ("Point") und mit einem Mausklick ("Click") aktivieren, erforschen und einsammeln kann. Wie in einem riesigen Rätsel setzen sich nach und nach die einzelnen Teile zur Lösung zusammen. Das Spiel ist erfreulicherweise sehr eng an den Roman angelehnt, mit kleinen Änderungen, so z.B. einer Frauenfigur, der blonden Antoinette. Damit zollt die Spieleindustrie wohl der Tatsache Tribut, dass es viele weibliche Fans des Films "Fluchs der Karibik" gibt. Orlando Bloom und Johnny Depp, aber auch Keira Knightly sei Dank.
In sechs Kapiteln begibt sich Jim Hawkins auf die Suche, an den Schauplätzen des Buches, so der Taverne "Admiral Benbow" oder dem Schiff "Hispaniola" bis – natürlich – zur sagenumwobenen Insel.
Pädagogische Beurteilung:
Der Einstieg in das Spiel ist einfach und während des Spiels gibt es für erfahrene Adventure-Spieler keine Überraschungen, es setzt hier auf bewährte Abläufe: Dinge suchen und untersuchen, in der Szenerie herumlaufen, Objekte kombinieren, Gespräche führen. Sehr anschaulich ist aber die Möglichkeit, die Fundstücke auch in einer 3-D-Ansicht zu drehen.
Die Spieletester empfanden das Szenario als sehr vertraut, wenn man zum Beispiel den Film "Fluch der Karibik" kennt, andernfalls könnte es Schwierigkeiten beim Einstieg geben. Hanna (15): "Es ist eben eine typische Piratengeschichte, und ich denke, dass es Personen, die an diesem Thema interessiert sind, leichter fallen wird das Spiel zu spielen und die Interaktionen zu verstehen". Die Rätsel sind immer logisch und eigentlich einfach, was dazu führt, dass erfahrene Spieler dieses Spiel schnell (in 6-8 Stunden) bis zum Ende durchspielen können.
Der Spieler kann gut in die Geschichte eintauchen und für Fans von Piratengeschichten, die ja auf Schatzsuche auch immer Rätselgeschichten sind, ist dies ein Heidenspaß, der interaktiv in diese Welt versinken lässt. Die gute Grafik (s.u.) tut ein Übriges dazu.
Sehr hilfreich für weniger geübte oder rätselstarke Spielerinnen und Spieler ist eine Funktion, dessen Namen die Spielentwickler der Biologie entnommen haben: "Hotspot" bezeichnet die Möglichkeit jederzeit Hilfe zur erhalten. So werden z.B. mit der Leertaste alle interaktiven Elemente im Bild angezeigt. Dadurch wird verhindert, dass der Spieler zu sehr frustriert wird. Er kann mit Unterstützung des Spiels selbstständig zum Ziel kommen, dies ist eine hohe Motivation zum Weiterspielen.
Die Steuerung der Spielfigur ist gewöhnungsbedürftig und wurde von allen Spieletestern als schwierig bezeichnet, weil zum einen die Kameraführung ("dynamische Kamera") manchmal für Sekunden kein genaues Zielen der Maus zulässt und zum anderen mit der Maus die Bewegungen vorgegeben werden müssen, eine typische Meinung: "Ich bin mit der Steuerung nur einigermaßen gut zu Recht gekommen. Selbst das Laufen der Personen im Spiel muss durch ständiges Klicken gesteuert werden, was die Steuerung leider unnötig kompliziert macht. Es wäre besser gewesen, die Spielfiguren durch die Tastatur zu steuern, und nur solche Aktionen, wie das Aufgreifen oder Kombinieren der Gegenstände über die Maus laufen zu lassen."
Die Grafik kann durchweg mit sehr schön gestalteten Schauplätzen überzeugen, die die Spieler bspw. ein karibisches Idyll oder ein altes Segelschiff erleben lassen. Die Gesichter der Spielfiguren sind mitunter etwas eckig und die Lippensynchronisation lässt auch ein wenig zu wünschen übrig, aber insgesamt ist das Szenario überzeugend umgesetzt worden. Etwas störend fanden die Jugendlichen auch, dass die Texte in langen Sequenzen gezeigt und! gesprochen wurden und diese Funktion nicht abzuschalten war. Dies brachte Längen in das Spiel, für einen geübten Leser wäre es sinnvoll, die gesprochenen Sequenzen unterbrechen zu können. Dennoch ist die Software eine Einladung in ein Abenteuerspiel, die von den Jugendlichen gerne angenommen wurde. Dazu gestalten sich sämtliche Darstellungen innerhalb des Spiels sehr harmlos und zurückhaltend sind, so dass ohne Sorgen auch die Jüngeren mit den Eltern zusammen auf Schatzsuche gehen können.
Der Sound im Spiel ist stimmig und die Musik ist nicht immer im Hintergrund zu hören, sondern es gibt auch Passagen in denen es ruhig ist und bspw. nur die Schritte der Figuren zu hören sind. Dies steigere das Empfinden während des Spiels, gaben die Testerinnen und Tester an.
Dazu gehört auch die Stimmung des Spiels, die von Jugendlichen als geheimnisvoll-düster, spannend, aber nicht gruselig beschrieben wurde. So wie in einer guten Piratengeschichte eben. Aber ... es fehlt ein wenig der Witz, den eine Verfilmung wie "Fluch der Karibik" (die schon mal eine "selbstparodierende Geschichte" genannt wurde) oder andere Spiele, wie "Monkey Island" (voller witziger Details und Dialoge), ausmacht.
Die Hauptfigur im Spiel ist natürlich die eines männlichen Helden, Jim. Dieser aber – noch entgegen so manchem Rollenklischee in klassischen Piratenfilmen – erhält eine starke weibliche Figur an seiner Seite, Antoinette. Die Steuerung des Spiels funktioniert nur über die männliche Figur und vielleicht hätte eine Wahl zu Beginn des Spiels noch mehr weibliche Spielerinnen motiviert. Trotzdem ... die Piratenwelt ist hier keine Männerdomäne mehr, nicht mal an Bord der "Hispaniola".
Leider gibt es in dem Spiel keinen Mehrspielermodus (,was auch technisch schwierig umzusetzen ist in einem "Point & Click-Adventure") und auch keine Möglichkeiten den Schwierigkeitsgrad einzustellen (,was aber nicht sonderlich problematisch war, da das Spiel insgesamt sehr logisch aufgebaut ist, nicht schwierig und die ständige "Hotspot"-Hilfe verfügbar war).
Fazit:
Ein schönes Spiel für die Fans klassischer Piratengeschichten. Eine Abenteuergeschichte auf der Suche nach einem Schatz, der durch das Lösen von Rätseln gefunden werden muss. Das Spiel ist auch für Jüngere zu spielen, sinnvollerweise vielleicht wenn man das Buch "Die Schatzinsel" oder den Film "Fluch der Karibik" (der seinerseits erst ab 12 Jahren freigegeben ist) kennt. In diesem Sinne: "Fünfzehn Mann auf des toten Manns Kist, jahoo - und ne Buddel voll Rum! Sauft, und der Teufel besorgt den Rest, johoo - und ne Buddel voll Rum!"