Tom Clancy's EndWar
Spielbeschreibung:
Der Name Tom Clancy dürfte wohl vielen Menschen ein Begriff sein. Der US-amerikanische Schriftsteller hat zahlreiche Polit-Thriller geschrieben, von denen vier als aufwendig produzierte Kinofilme auch den Weg in die Kinos fanden, darunter die Blockbuster "Jagd auf Roter Oktober" mit Sean Connery oder "Die Stunde der Patrioten" mit Harrison Ford.
Die Werke Clancys vertreten stets einen pro-amerikanischen Standpunkt und glorifizieren in aller Regel auf die eine oder andere Weise das amerikanische Militär, zu dem Clancy zahlreiche Kontakte unterhält. Einige seiner Bücher sind auch stark politisiert; so herrscht in seinem bisher letzten Werk "Im Auge des Tigers" eine gewisse antieuropäische Grundstimmung vor, die Kritiker mit der Ablehnung des Irak-Konflikts in weiten Teilen Europas in Verbindung bringen.
Des weiteren sind mit dem Zusatz "Tom Clancy`s" im Titel auch bereits zahlreiche Computer- und Videospiele erschienen, darunter die sehr erfolgreichen Spiele der "Splinter Cell"-Reihe (z.B. Splinter Cell: Chaos Theory) oder die Games der "Ghost Recon"-Serie. Auch diese Spiele vertreten in der Regel einen aus amerikanischer Sicht patriotischen Standpunkt und stellen das Militär in sehr positivem Licht dar.
Insofern stellt "EndWar" eine Besonderheit dar. Die Handlung des Spiels ist schnell erzählt: Im Jahr 2014 fordert ein Atomkrieg in Saudi-Arabien 20 Millionen Menschenleben; der Ölpreis steigt auf 800 Dollar pro Barrel. Um solche Kriege in Zukunft zu verhindern, errichten die USA und Europa im folgenden Jahr ein orbitales Raketenabwehrsystem, außerdem vereinigt sich in diesem Jahr Europa zur Europäischen Föderation. Russland besitzt weltweit die größten Öl- und Erdgasvorräte; es betreibt die größte Aufrüstung seit dem Kalten Krieg. Im Jahr 2020 planen die USA den Bau einer militärischen Raumstation, woraufhin die Europäische Föderation aus Protest aus der NATO austritt. Es kommt zu weiteren Spannungen zwischen Russland, den USA und Europa, die schließlich zum Dritten Weltkrieg zwischen diesen drei Supermächten führen.
Pädagogische Beurteilung:
Besonders im Sinne der sonstigen Clancy-Titel ist "EndWar" insofern, als dass der Spieler nicht gezwungen ist, die amerikanische Seite zu spielen; er kann sich auch entscheiden, die Truppen Russlands oder Europas in den Krieg zu führen. Allerdings unterscheiden sich die Parteien nur marginal; die verfügbaren Einheiten sind bei allen Parteien im Grunde genommen dieselben. Während Russlands Truppen dabei die größte Schlagkraft aufweisen, sind die europäischen Einheiten schneller und die USA bilden den Mittelweg.
Egal, welche Fraktion man nun tatsächlich wählt, es kommen grundsätzlich vier Einsatztypen auf den Spieler zu: Eroberung (es muss die Hälfte der auf der Karte vorhandenen Radarstationen erobert werden), Sturmangriff (alle Feinde müssen vernichtet werden), Sabotage (mindestens die Hälfte der feindlichen Gebäude muss zerstört werden) und Belagerung (eine Radarstation muss eingenommen und dann gegen den feindlichen Ansturm gehalten werden). "EndWar" präsentiert sich auf den ersten Blick wie ein klassisches Echtzeitstrategiespiel a la "Command & Conquer: Alarmstufe Rot 3" oder "Warcraft 3 – Frozen Throne". Auf einer Karte des aktuellen Gebiets sind die eigenen Einheiten verteilt und können vom Spieler befehligt werden. Die Art der Kommandierung ist es jedoch, was "EndWar" zu etwas besonderem macht: Während man in den anderen Echtzeitstrategiespielen die eigenen Kräfte mit dem Verschieben eines Cursors befehligt, tut man dies in "EndWar" per Sprachsteuerung. Ein vernünftiges Headset vorausgesetzt, funktioniert dies auch ausgesprochen gut: Nach dem Drücken muss man nur einen Befehl ins Mikrofon sprechen, schon führt die entsprechende diesen auch aus. Sagt man beispielsweise "Einheit 1, vorrücken, Whiskey", so bewegt sich die benannte Einheit 1 zu dem "Whiskey" genannten Wegpunkt; ein Befehl wie "Einheit 3, Angriff, Feind 2" bringt Einheit 3 dazu, Feind 2 anzugreifen. Die Spracherkennung funktioniert bemerkenswert gut, nur selten ist man gezwungen, einen Befehl zu wiederholen.
Die Gefechte selbst finden nach einem simplen Schere-Stein-Papier-Prinzip statt, so schlagen Helikopter in der Regel Panzer, diese wiederum sind normalerweise siegreich gegen Transporter und diese lassen Helikoptern keine Chance. Man sollte also stets darauf achten, die richtigen Einheiten gegen die richtigen Feinde einzusetzen. Dies gewinnt besonders an Bedeutung, wenn die eigenen Truppen mehrere Gefechte überstehen und Erfahrung sammeln, denn dann ist es möglich, sie zwischen einzelnen Schlachten zu befördern und aufzuwerten; sie sind auch in zukünftigen Missionen verfügbar. So lassen sich eigene Veteranen-Helikopter beispielsweise mit Raketen nachrüsten, was sie deutlich schlagkräftiger macht. Verliert man diese Einheiten später, so ist dies doppelt bitter.
So gut die Sprachsteuerung auch ist, sobald man sein Kommandofahrzeug erhält, wird die verbale Befehlsgabe schnell unwichtig. Denn nun ist es möglich, alle Truppen auch ganz bequem über eine immer aufrufbare Übersichtskarte zu steuern, was deutlich übersichtlicher und damit strategisch wirksamer vonstatten geht. Auf einen Blick sieht man alle eigenen Bewegungen und Aktionen und alle momentan sichtbaren des Feindes. Man kann das Spiel nun komplett aus dieser Perspektive spielen und hat dabei durch die bessere Übersicht auch deutlich bessere Chancen – nur wird das innovative Sprachsteuerungssystem damit ad absurdum geführt. "EndWar" wird so zu einem weiteren unter vielen ähnlichen Strategiespielen.
Das Szenario, in dem sich das Spiel zuträgt, ist recht fragwürdig. Einen Dritten Weltkrieg als Aufhänger für ein Spiel zu nutzen erscheint zynisch; insbesondere die Vorgeschichte mitsamt ihrem Atomkrieg zeichnet ein düsteres Bild. Positiv fällt auf, dass "EndWar" keine Partei ergreift; jede der drei Fraktionen ist spielbar. Zumindest ein aufgezwungenes politisches Weltbild entfällt; alle drei Fraktionen erscheinen in diesem Konflikt gleich schuldig – vielleicht sind es hier sogar die USA, die mit ihrer geplanten Raumstation und der daraus resultierenden Provokation den Krieg erst auslösen. Schaut man sich das heutige politische Tagesgeschehen an, so kann man vielleicht sogar Parallelen zu dem geplanten Raketenabwehrschild der USA in Osteuropa ziehen.
In der Darstellung ist "EndWar" gemäßigt. Es wird viel geschossen und Explosionen überziehen das Schlachtfeld, auf explizite Darstellungen wie Blut oder ähnliches wurde jedoch verzichtet. Dennoch ist das Spiel aufgrund seiner Thematik für Jugendliche unter 16 Jahren nicht geeignet.
Fazit:
"EndWar" ist ein Spiel, das das Genre der Echtzeit-Strategie durch seine innovative Steuerung revolutionieren wollte. Dies gelingt jedoch nur zum Teil; obwohl die Sprachsteuerung gut funktioniert, ist die klassische Steuerung ihr überlegen. Dadurch wird das Spiel zu einem unter vielen; das Spielprinzip funktioniert zwar dennoch, ist aber nicht besonders spektakulär. Der zynische Hintergrund und die generelle Kriegsthematik machen es zudem für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren ungeeignet; ältere sollten jedoch in der Lage sein, die gezeigten Inhalte zu differenzieren und entsprechend einzuordnen.