They Are Billions

Genre
Strategie
USK
nicht USK geprüft (?)
Pädagogisch
ab 14 Jahre
Vertrieb
Numantian Games
Erscheinungsjahr
2017.12
Systeme
PC
System im Test
PC
Homepage des Spiels
Hinweis(e)
via Steam
Kurzbewertung
Mix aus Aufbaustrategie und Tower-Defense
Zusatzinformationen ausklappen
Interessant für
Strategie- und Zombiefans
Sprache
Texte auf Deutsch, Sprachausgabe nur auf Englisch
Grafik
isometrische 3D-Optik, Steampunk-Setting
Sound
situationsbedingte, stilistische Kompositionen

Steuerung
einfach
komplex
Anforderungen
einfach
schwer
Zeitaufwand
gering
hoch
Spielwelt
linear
offen

Indentifikationsfiguren
Die Kolonie und ihre Bewohner
Mehrspielermodus
nur Online-Ranglisten
Spielforderungen
Planungsgeschick und Geduld
Zusatzkosten
nicht vorhanden
Problematische Aspekte
Blutdarstellung, Gewalt zum Sieg erforderlich
Gruppenleiter
Koray Çoban
Ü8 Elsa-Brandström-Schule Düsseldorf | Spieletester an der HHU
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Spielbeschreibung:
In They Are Billions verschlägt es die Spielenden in eine post-apokalyptische Welt. In dieser haben Zombies die Menschheit an den Rand der Existenz verdrängt. Den Spieler_innen obliegt die Aufgabe, eine der wenigen verbliebenen Enklaven der Menschheit gegen Horden von Zombies zu verteidigen. Hierfür stehen verschiedenste Mittel und Erfindungen einer Steampunk-Zivilisation zur Verfügung.

Text von Hauke Hülsmann

Pädagogische Beurteilung:
"The Colony Has Fallen!"
Wer ungern verliert, sollte seine Zeit nicht mit They Are Billions vertreiben, denn verlieren ist hier, vor allem zu Anfang, nahezu unvermeidlich. Was jedoch nach viel Frust klingt, stellt sich schnell als äußerst motivierend heraus. "Mist, beim nächsten Mal doch besser anders", so oder so ähnlich lautet das Fazit nach jeder misslungenen Partie. Einmal noch probieren, nochmal eine neue Kolonie aufbauen, diesmal aber mit doppelter Mauer und vielleicht ein oder zwei Türmen mehr pro Abschnitt, das treibt an und befeuert die grauen Zellen. Engstellen müssen auf der zufallsgenerierten Karte gefunden und in die Verteidigung integriert werden. Zwischen Gewässern, Wäldern und Bergen entscheiden sich die großen Schlachten. Doch für eine standhafte Verteidigung braucht es vor allem eins: Rohstoffe. Wer früh sparsam ist, wird später mehr haben, das gilt für alle sieben Rohstoffe, die zu Verfügung stehen. Gold, Holz, Stein, Eisen oder Öl werden zwingend gebraucht, um Gebäude und Bollwerke zu errichten. Arbeiter sind wichtig, um diese Rohstoffe zu erzeugen sowie Nahrung und Strom, um die Arbeiter und die Maschinen unserer Steampunkzivilisation am Laufen zu halten. In den ersten Spielstunden ist alles noch ein großes Ausprobieren, ein Austüfteln und ein Verstehen. Frei nach dem Motto: "Versuch macht klug."
Ein genauer Blick ist wichtig. So kann manchmal eine kleine Jagdhütte wesentlich effektiver sein als eine große Farm. Letztere muss erst einmal erforscht werden und das kostet Rohstoffe, Zeit und vor allem auch Arbeiter. Eine effektive Farm ist nicht zu unterschätzen, produziert hier ein Arbeiter doch bis zu 5 oder 6 Einheiten Nahrung. Zum Vergleich: eine gut platzierte Jagdhütte schafft oft nur 2-3 Einheiten. Doch gerade hier wird es knifflig. Ist Farmland rar, so sinkt die Produktion der Farm und plötzlich ist es profitabler, mehrere Jagdhütten zu verteilen als seine kostbaren Arbeiter an ein Gebäude mit wenig Output zu binden.

Alles für die Kolonie
Und schon zeigt sich das wohl wichtigste strategische Element von They Are Billions. Das Spiel zwingt dazu abzuwägen. Wenig Farmland macht vorhandene Grünflächen umso wertvoller. Doch kann man diese überhaupt verteidigen? Eine Mauer ist ein kleiner Schutz, eine Wachmannschaft auf Patrouille tut Abhilfe gegen kleine Angriffe, ein Wachturm schützt ein Gebiet dauerhaft, muss jedoch mit Einheiten besetzt werden und verringert so die Flexibilität. So ist es manchmal auf lange Sicht von Vorteil, weniger wichtige Gebäude nicht zwangsweise zu schützen. Sollte die nächste Zombiehorde die Farmen zerstören, bauen wir diese wieder auf. Sind jedoch die Mauern des Koloniekerns erst einmal durchbrochen, ist das Spiel meist verloren. Der Clou: Zombies, die ein Gebäude zerstören, infizieren dessen Bewohner und erzeugen so mitten in der Invasion weitere Ärgernisse, um die sich gekümmert werden muss. Man kann sich vorstellen was passiert, wenn sich auch nur ein Zombie durch die Sicherheitsanlagen schleicht und in die dicht bebauten Wohngebiete der Kolonie eindringt. Sofort wird die Kolonie überrannt und die Ausbreitung der Zombies ist kaum noch unter Kontrolle zu bringen. Das macht das Spiel spannend.
Wichtige Rohstoffe, die beim Spielstart zwingend erforderlich sind, binden Arbeiter und Strom, werden jedoch mit der Erforschung des Marktes erschwinglicher. Spätestens dann stellt sich die Frage: Lieber die Arbeiter für andere Tätigkeiten nutzen und die benötigten Rohstoffe mit Gold einkaufen oder doch zumindest den Grundbedarf selbst herstellen? Umgekehrt gilt: Überproduktion bringt dank des Marktes zusätzliches Gold - und das sogar automatisch!

Söldner vs. Zombies
Zur Verteidigung der Kolonie stehen unterschiedliche Einheitentypen zur Verfügung. Zu Spielbeginn sind das die Rangerin und der Soldat. Erstere erkundet und tötet lautlos mit ihrem Bogen. Der Soldat hingegen ist zwar gut gepanzert und teilt mit seiner Flinte ordentlich aus, macht jedoch mit selbiger Krach, der Zombies in der Nähe anlockt. Später stehen einem weitere Einheitentypen zur Verfügung, diese wollen jedoch, ebenfalls wie zusätzliche Verteidigungseinrichtungen, Fallen, Abwehrtürme und Wirtschaftsgebäude, erst einmal erforscht werden. Hier stehen die Spielenden wieder vor der Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis. "Brauche ich wirklich bereits früh im Spiel einen doch recht teuren Scharfschützen? Sollte ich das Gold für dessen Erforschung nicht doch besser in ein Upgrade für meine Wohnhäuser investieren?" Dies werden sich Spieler_innen zwangsläufig fragen müssen, spätestens jedoch nach den ersten paar Fehlversuchen. Später, vor allem im "Endgame", stehen, nach Abschluss der entsprechenden Erforschung, mechanische Einheiten zur Verfügung: Flammenwerfer, Nahkämpfer und der mächtige Titan, der mit seinen zwei Gatling-Guns Reihe um Reihe an Zombies niedermäht und damit kostbare Zeit gewinnt. Demgegenüber stehen unterschiedliche Arten an Zombies. Diese fangen bei den Standard-Zombies an, deren Laufgeschwindigkeit von ihrem Infektionsgrad abhängt: "alte" Zombies schlurfen, "junge" Zombies laufen. Hinzu kommen für das Zombie-Genre typische Archetypen: Unter anderem ein dicker Zombie der viel aushält, dafür jedoch langsamer ist, ein schlanker Zombie der rennt und über Mauern springt und fiese giftige Zombies, die aus der Entfernung grüne Schleimfontänen auf unsere Kolonie spucken. Wie unhöflich!
Alle Mühen der Spielenden fiebern letztlich auf den letzten Tag hin, denn kein Spiel dauert ewig. Entsprechend des gewählten Schwierigkeitsgrades, haben Spielende 80, 100, 120 oder 150 Tage Zeit, um sich auf diesen letzten Tag vorzubereiten. Die Tage laufen in Echtzeit ab. 100 Tage entsprechen etwa 2 Stunden Spielzeit. Je mehr Zeit die Spieler_innen haben, desto geringer der Schwierigkeitsgrad, welcher durch weitere Einstellung wie Zombiepopulation und Variationen der Spielwelt zusätzlich individualisiert werden kann. Der Schwierigkeitsgrad bestimmt letztlich die Punktzahl am Ende, mit welcher neue Karten freigespielt werden können. Dies motiviert zusätzlich und bringt nach einer gewonnenen Partie neue Herausforderungen mit sich.

Hübsch ist es und das hört man auch!
They Are Billions präsentiert sich in einem hübschen Comiclook. Dieser ist sehr passend, die Gebäude sind detailliert und schön animiert, jedoch nur pseudo 3D. So lassen sich weder Gebäude rotieren noch die Kameraperspektive ändern. Die Welt wirkt schmutzig und verleiht der Apokalypse ihren Charme. Arbeiter und Bewohner sorgen für einen gewissen Wuselfaktor á la Siedler. So bestellen beispielsweise Bauern das Farmland und bringen die Ernte zum Lager. Generell sind die Laufwege zwischen den Gebäuden gerade in engeren Kolonien oft mit Figuren gefüllt. Diese laufen bei genauerer Betrachtung jedoch meist eher ziellos umher, was die Spielwelt dennoch mit Leben füllt. Begegnen Zivilisten einem Zombie, so werfen sie die Arme in die Luft und laufen schreiend davon. Die Zombies hingegen verharren meist in bester Zombiemanier dort, wo sie eben stehen - wenn sie nicht gerade durch ihre Nachbarn aufgescheucht werden.
Passend zur Grafik wurde das Spiel mit einer atmosphärischen Musik- und Soundkulisse ausgestattet. Die Apokalypse wirkt nicht nur trostlos, sie klingt auch so! Der Wind heult, einzelne Krähen sind zu hören und doch, hinter den Mauern der Kolonie hört man ihre Bewohner. Besonders gelungen ist die Vertonung der Einheiten. Diese ist zwar vollständig auf Englisch - anders als die Texte, welche auch auf Deutsch verfügbar sind - punktet aber mit liebevollen Onelinern. Der Soldat entschuldigt sich beispielsweise beim Auswählen, weil er gerade seine Waffe gereinigt hatte oder die Rangerin kommentiert das erneute Herumkommandieren mit "Gibt es keine andere Einheit, die du nerven kannst?" Diese Aspekte verleihen dem Titel einen ganz besonderen Charme.
Was jedoch besonders ins Auge sticht ist die schiere Masse an Gegnern. Wo bei anderen Spielen mit 100 oder 200 Gegner gleichzeitig das dargestellte Maximum erreicht ist, bleibt They Are Billions nah am Namen - zumindest gefühlt. So versprechen die Entwickler tausende Zombies gleichzeitig auf der Spielkarte und das ist nicht übertrieben.

Early Access, das heißt Bugs. Mitnichten!
They Are Billions ist ein Early Access Spiel, das heißt, das Spiel befindet sich noch in der Entwicklung und die Entwickler gewähren den Fans die Möglichkeit, bereits vorab eine Art Testversion zu spielen. Doch wo andere Early Access Spiele oft eine Aneinanderreihung von Spielfehlern sind, besteht They Are Billions überwiegend aus einem - oberflächlich betrachtet - fertigen Spiel. Der ein oder andere Spielfehler ist zwar noch auffindbar, fällt jedoch im Vergleich zum Rest nicht zu sehr ins Gewicht. Inhalte, die noch fehlen, wie beispielsweise die bereits angekündigte nicht lineare Einzelspielerkampange, werden allmählich in einem steten Fluss nachgereicht, der alle paar Wochen ein größeres Update mit sich bringt.

Fazit:
Alles in allem wirkt They Are Billions bereits jetzt wie ein rundes Spiel - die kleineren Fehler sind verzeihbar und werden im Laufe des Early Access Prozesses zweifelsfrei ausgebessert. Was besonders interessant werden dürfte ist die vom Entwickler Numantian Games versprochene Einzelspielerkampange, die eine mehrere Kapitel umfassende Geschichte erzählen soll.
Eine Alterseinstufung steht bisher aus, betrachtet man die Gewaltdarstellung im Spiel, so scheint eine Einstufung ab 14 Jahren gerechtfertigt, gerade wenn man vergleichbare Spiele betrachtet. Zwar sind die Kämpfe teils blutig, Körper verschwinden jedoch bereits nach sehr kurzer Zeit und alles in allem sorgt der Comiclook für eine Entschärfung der Szenerie. Die Anwendung von Gewalt ist zwar zwingend erforderlich um zu gewinnen, doch letztlich sind Planung, vorrausschauendes Denken und Strategie die Hauptaspekte von They Are Billions.

Diese Kritik ist von Studierenden der Philosophischen Fakultät an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf verfasst. Die unter der Leitung von Koray Çoban durchgeführte und von Daniel Heinz und Dirk Poerschke unterstützte Übung 'Spieletester' präsentiert sich unter spieletester.phil.hhu.de.