The Chronicles of Shakespeare - Romeo & Julia 1


Spielbeschreibung:
"The Chronicles of Shakespeare" ist als literarische Spiele-Reihe gedacht, die sich dem Schaffen von William Shakespeare widmet. Mit "Romeo & Julia", einem der berühmtesten Liebespaare der Literaturgeschichte, beginnt die Reihe.
Das Spiel startet in einem kleinen Zimmer in London, im Jahre 1590. William Shakespeare ist noch ein unbekannter Autor und gerade dabei, für seinen Gönner, den Adligen Stanley, eine der großen Liebestragödien der Weltliteratur zu schreiben. Sein großes Ziel ist die Aufnahme in die Theatergruppe "Lord Strange's Men", um endlich seine Geschichten auf der Bühne zu sehen. Stanley stellt ihm seine kleine Tochter Anne zur Seite, die den Dichter inspirieren und die Fertigstellung des Stücks vorantreiben soll. In dieser Rahmenhandlung werden historisch belegte Fakten aus Shakespeares Privatleben eingeflochten.
"Romeo & Julia" erzählt die dramatische Geschichte der jüngsten Nachfahren der rivalisierenden Familien Montague und Capulet. Beide verlieben sich unsterblich ineinander und versprechen sich ewige Liebe. Nachdem jedoch auf Seiten beider Parteien Anhänger ermordert wurden, versuchen die Eltern die Liebe zu unterbinden. Als Julia einen reichen Grafen heiraten soll, nimmt sie einen Trank, der sie in einen todesähnlichen Schlaf versetzt, um anschließend mit Romeo zu fliehen. Doch Romeo erhält die Nachricht nicht und nimmt sich an der Seite der scheintoten Julia das Leben. Zu spät erwacht Julia und nimmt sich ebenfalls das Leben. Als alle von den tragischen Zusammenhängen dieser Tragödie erfahren, versöhnen sich die zerstrittenen Familien - leider zu spät.
Das Spiel ist hierbei in die fünf Akte des klassischen Dramas unterteilt. Der Spieler muss Wimmelbilder (Suchbilder) und kleine Rätsel lösen, um die Geschichte vornzutreiben.
Pädagogische Beurteilung:
Shakespeare bleibt modern
Die lebendige Wirkung großer Werke der Vergangenheit lässt sich durch die Jahrhunderte immer noch spüren. "The Chronicles of Shakespeare - Romeo & Julia" sind ein weiterer Versuch, diese geheimnisvolle Erneuerungsfähigkeit und Unausschöpflichkeit großer Werke auch digital zu erfassen. Es ist nicht der erste Versuch. Erst 2010 entwickelte die Royal Shakespeare Company aus London eine Twitter-basierte Fassung von Romeo & Julia mit dem Namen "Such Tweet Sorrow". Twitter- Nutzer konnten den Verlauf der Handlung folgen, indem sie die Tweets der Darsteller abonnierten.
"The Chronicles of Shakespeare - Romeo & Julia" zeigte sich uns als Spiel ähnlich verkürzt. Der Spieler versucht innerhalb der Rahmenhandlung, in detailliert gestalteten, unbewegten oder sehr wenig animierten Bildern, verschiedene Gegenstände zu finden, um die Geschichte weiterzuführen. Eingebunden sind zudem noch kleinere Rätsel. Der Zugang zum Spiel ist fast selbsterklärend und kann auch ohne Vorkenntnisse schnell erfasst werden. Da meine Tester-Gruppe Wimmelbild-Spiele sehr gut kennt, kamen sie in der Spielhandlung wirklich schnell voran. "Das ist ziemlich leicht … zu leicht" – (Tester 11 Jahre). Das hat allerdings auch den Charme, dass die eigentliche Geschichte nicht unnötig in die Länge gezogen wird und sich ein angenehmer Erzählfluss einstellt. Dieser wird in kurzen Videosequenzen zwischen den Suchbildern fortgeführt - leider jedoch sehr statisch. Nacheinander werden gezeichnete Bilder eingeblendet. Position, Mimik und Gestik der Charaktere ändern sich erst im Übergang und sind manchmal schwer zu erfassen. Kleinere Animationen in den gezeichneten Bildern wie Lippenbewegungen, Kamerafahrten oder Kerzenflackern machen das Bild auch nicht wirklich lebendiger. "The Chronicles of Shakespeare - Romeo & Julia" hätte auch ein wenig mehr Inhalt in der Umsetzung vertragen, da die kurzen Textnachrichten nicht genügen, um große Geschichten zu erzählen.
Der Ton macht die Musik
Die musikalische Untermalung der Spielszenen ist nach einem atmosphärisch passenden und eingängigen Starttitel ruhiger Natur, fast unauffällig, oder fehlt einfach. Auch hier wäre mehr besser gewesen. Dramatische oder romantische Szenen hätten durch die Musik stärker getragen werden müssen.
Schlimm ist die Umsetzung der Lippensynchronität der animierten Zeichnungen zu den Sprechern der Zwischensequenzen. Da hört die Lippenbewegung mitten im Satz auf oder beginnt, ohne dass etwas zu sagen ist. "Wieso hat Julia keine eigene Sprecherin?" (Testerin 10 Jahre) "Romeo hat doch auch keinen!" (Tester 11 Jahre). Was uns allerdings sehr positiv auffiel, war der Sprecher der eigentlichen Rahmenhandlung, Stephan Schwartz. Als professioneller, deutscher Synchronsprecher z.B. für Tom Cruise, Tim Robbins oder Andy Garcia verleiht er dem Spiel mit seiner markanten und warmen Stimme Glanz. Zumal die Texte für die Rahmenhandlung altertümlich wirken sowie gereimt und an Shakespeares Schreibweise angelehnt sind. Das ist wirklich gelungen umgesetzt und verleiht dem ganzen Spiel noch etwas Größe.
Fazit:
„The Chronicles of Shakespeare: Romeo & Julia" ist der Start der literarischen Spiele-Reihe rund um Shakespeare und hat in der Umsetzung wirklich noch Luft nach oben. Dass es ein Wimmelbild-Spiel geworden ist, kann angesichts des Fokus auf die zu erzählende Geschichte von Vorteil sein, da es zügig und schnell voran geht. Wer allerdings Wert auf knifflige Rätsel, wirklich opulente Suchbilder und animierte Charaktere legt, wird hier eher enttäuscht.
Erstaunlich war, dass trotz der oben beschriebenen Mängel die Tester einen weiteren Versuch mit Shakespeare machen möchten und sehr gespannt auf Neues vom Meister sind. Shakespeare fasziniert also auch unter diesen abgespeckten Umständen - ein angenehmer Aspekt, um Jugendlichen Werke der Weltliteratur ein wenig näher zu bringen. Hier sehe ich noch viel Potenzial.
Im Epilog zu "Romeo & Julia" wird schon der nächste Teil, die Komödie "Ein Sommernachtstraum" angekündigt. Den werden wir unbedingt spielen.
