Die Gilde 2

Genre
Simulation
USK
ohne Altersbeschränkung (?)
Pädagogisch
ab 12 Jahre
Vertrieb
JoWooD
Erscheinungsjahr
2006.09
Systeme
PC
System im Test
PC
Kurzbewertung
Sehr komplexes Wirtschaftssimulationsspiel
Screenshot 2Screenshot 3Screenshot 4

Beschreibung:
Das Spiel "Die Gilde 2" ist eine in der Zeit um 1400 spielende Simulation mit dem Schwerpunkt Wirtschaft. Wie bereits im ersten Teil des Spiels ist es jedoch nicht nur Aufgabe des Spielers, zunächst einen (später weitere) eigenen Betrieb aufzubauen, um so der eigenen Dynastie zu Ansehen, Macht und Reichtum zu verhelfen. Er muss sich auch um Privatangelegenheiten und die Politik von bis zu drei gleichzeitig spielbaren Figuren seiner Familie kümmern. Dazu gehört das Verdienen von Ämtern im Rathaus genauso wie das Werben um einen Ehepartner. Nur wer gut ausgebildeten Nachwuchs hat, kann langfristig die Existenz seiner Dynastie sichern. Gegenüber dem ersten Teil von "Die Gilde" haben die nicht wirtschaftlichen Elemente im nun aktuellen zweiten Teil so sehr an Bedeutung gewonnen, dass man eher von einer Lebenssimulation als von einer reinen Wirtschaftssimulation sprechen kann. Daher wohl auch das Motto auf der Packung: "Lebe das Mittelalter".

Pädagogische Bewertung:
Bereits die Installation des Spiels ist nicht völlig frei von Hindernissen. Während der Installation läuft die Fortschrittsanzeige der Installation nicht weiter, so dass die jugendlichen Spieletester bei der Installationen auf langsameren Rechnern mehrmals der Meinung waren, die Installation sei abgestürzt. Nach der Installation fielen auf einigen Rechnern trotz aktueller Grafikkartentreiber schwere Fehler auf. So startete das Intro des Spiels im Fenstermodus und nicht im Vollbildmodus. Teilweise war dieses gar nicht zu sehen, allerdings zu hören. Auf wieder anderen Rechnern mit älteren ATI Grafikkarten lief das Spiel völlig problemlos. Nach diesem denkbar ungünstigen Einstieg konnte es dann endlich losgehen, oder besser: Es hätte losgehen können, wenn nicht schon im Anfangsmenü die nächsten Fehler gewartet hätten, auf die an dieser Stelle auf Grund ihrer Vielzahl und ihres Umfangs nicht näher eingegangen werden soll. Erst nach einigen Stunden war das Spiel nach der Installation eines Patches und langer Fehlersuche im Internet zumindest spielbar. Besonders negativ viel auf, dass das erste Update bereits zum Releasedatum des Spiels erschienen ist. Dies legt die Vermutung nahe, dass das Spiel unfertig veröffentlicht wurde.

Das Tutorial von Gilde 2 schneidet mit Wirtschaft, Politik und Privatleben der zu steuernden Figuren alle relevanten Aspekte des Spiels an und gibt somit eine gute und sinnvolle Einleitung in das Spiel. Eine gedruckte Anleitung ersetzt es jedoch nicht. Viele der zahlreichen Feinheiten des Spiels muss der Spieler für sich selber herausfinden, was aber auch einen Teil des Reizes ausmacht.

Der Spieler hat die Möglichkeit, seine Karriere in einer der vier Klassen, Handwerker, Gelehrter, Patron oder Gauner, zu beginnen. Dort kann er sich wiederum auf ein oder mehrere Unterkategorien oder Berufe spezialisieren. Anders als in anderen wirtschaftslastigen Strategiespielen dient das verdiente Geld in "Die Gilde 2" nicht einfach nur dazu, in Optionen mit noch höheren Gewinnchancen investieren zu können. Viel mehr dient es als Mittel zum Zweck: Über gezielte Spenden, Schmiergelder und andere legale und illegale Investitionen lässt sich das eigene Leben und der Aufstieg auf der Karriereleiter erheblich vereinfachen. Es können auch Attacken auf die konkurrierenden Dynastien geführt werden. Die Möglichkeiten reichen hierbei von wirtschaftlichen Interventionen, bis hin zu Stinkbombenangriffen auf gegnerische Betriebe. Methoden wie Brandstiftung, Entführung und Erpressung stehen ebenfalls zur Auswahl. Lässt sich der Spieler bei solch illegalen Machenschaften erwischen, landet seine Figur im Kerker. Je nach Härte der Rechtsprechung, die sich durch Spieler mit entsprechenden politischen Ämtern beeinflussen lässt, kann auch schlimmeres drohen. Neben all der Wirtschaft, Politik und Intrigen muss der Spieler jedoch auch auf das Privatleben seiner Figuren achten. Sterben diese, ohne dass zuvor Nachwuchs geboren wurde, so stirbt die entsprechende Dynastie aus.

"Die Gilde 2" ist aufgrund der Komplexität der ineinander verquickten Netze aus Politik, Wirtschaft und Privatleben nicht nebenher spielbar, sondern verlangt dem Spieler viel Zeit und Aufmerksamkeit ab. Zum Glück lässt sich die Spielgeschwindigkeit in jeder Situation variabel einstellen, so dass für die Einstellungen der komplexen Vorgänge viel Zeit bleibt. Dem Spieler wird über die gesamte Spielzeit hinweg planerisches und vielseitiges Vorgehen abverlangt. Die hohe Komplexität wirkte auf die jugendlichen Spieletester der Testgruppe jedoch keineswegs abschreckend, sondern motivierte zusätzlich. Die zahlreichen, in der Anleitung jedoch nicht erklärten, Details des Spiels wurden offensichtlich als Herausforderung gesehen. Besonders jüngere Spieler wurden von der Komplexität des Spiels regelrecht erschlagen, und wussten ohne Hilfe nicht, wie sie ihre Planungen im Spiel umsetzen sollten. Die Gilde 2 eignet sich daher auch bei einer Altersfreigabe ohne Beschränkung und einer Pegi-Empfehlung von 7+ wohl kaum für Spieler unter 12 Jahren. Trotz der drei unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade ändert sich nichts am eigentlichen Spielprinzip, welches schließlich die Ursache für die Überforderung der jüngeren Spieler ist. Unter den Spieletestern befindliche Liebhaber von Actionspielen mussten sich zunächst mit dem Spielprinzip von "Die Gilde 2" anfreunden. Aus dem anfänglichen "Was ist das denn für ein langweiliges Spiel?" wurde gegen Ende der Testphase jedoch ein bettelndes "Bringst du das Spiel nächste Woche wieder mit?".

Im Mehrspielermodus bleibt das Spielprinzip vollständig erhalten. Der Unterschied zum Singleplayermodus besteht darin, dass computergesteuerte Dynastien teilweise durch von Spielern gesteuerte Familien ersetzt werden. Leider ermöglicht das Spiel es nicht, im laufenden Handel den Preis der Ware zu bestimmen, die an Mitspieler geliefert werden sollen. Der Preis für eine Ware wird immer durch den Markt bestimmt. So kann einem momentan schwachen Spieler nur bedingt von seinen Mitspielern unter die Arme gegriffen werden. Viel schlimmer als die kleineren inhaltlichen Defizite wiegen auch im Mehrspielermodus die zahlreichen technischen Fehler. Neben den aus dem Einzelspielermodus bekannten Fehlern kommt das Problem hinzu, dass Netzwerkspiele nach einiger Zeit nicht mehr synchron laufen, was zur Folge hat, dass das Spiel ein vorzeitiges Ende findet. Auch häufiges Abspeichern des Spielstandes hilft hier nur wenig, da beim laden der Savegames ebenfalls häufig Fehler auftreten. Dieses Problem wurde auch mit dem bereits erschienen Patch auf Version 1.15 zwar verbessert, aber nicht behoben. Auf die Spieletester wirkten diese Fehler so demotivierend, dass sie nach einigen Versuchen Abstand vom Mehrspielermodus nahmen.

Die Anwendung von Gewalt im Spiel ist auf vielfältige Weise zwar möglich und reicht vom Verprügeln von Mitgliedern gegnerischer Dynastien bis hin zu Anschlägen auf deren Häuser. Der Einsatz von Gewalt ist jedoch nur eine von vielen möglichen Optionen und führt keineswegs schneller oder besser zum Erfolg als friedliche oder rechtschaffene Handlungen.

Die Grafik des Spiels ist sehr gut gelungen. Damit alle grafischen Möglichkeiten genutzt werden können, werden allerdings aktuelle Grafikkartenmodelle benötigt. Der Sound wurde von den jugendlichen Spieletestern ebenfalls als gut bewertet. Die Qualität der Steuerung ist stark von der Auslastung des Rechners abhängig.

Fazit:
Insgesamt kann "Die Gilde 2" inhaltlich durchaus empfohlen werden. Leider trübt der Blick der massiven technischen Mängel den Spielspaß drastisch. Auch der aktuelle Patch auf Version 1.15 schafft hier nur bedingt Abhilfe (Stand 09.2006).