Bladestorm Nightmare


Spielbeschreibung:
Bei Bladestorm Nightmare handelt es um eine spielerische Umsetzung des Hundertjährigen Kriegs. Ebenfalls verrät das Cover, dass epische Schlachten und hitzige Scharmützel nicht lange auf sich warten lassen werden. Im Story-Modus starten wir im 14. Jahrhundert. England und Frankreich liegen im Streit um die Thronfolge. Ein Konflikt, der später als der Hundertjährige Krieg in die Geschichtsbücher eingehen soll. Schlechte Zeiten für die Bevölkerungen beider Reiche, lukrative für Abenteurer und Söldnergruppen, die gleichermaßen auf Ruhm und Beute aus sind. Soweit wirkt das Spiel auf den ersten Blick historisch korrekt. Was aber macht dieser geschmackvoll entworfene, aber völlig unpassende Drache auf dem Cover? Dieser und vieler weiterer Fragen stellte sich die Testergruppe der Stadtteilbibliothek Köln Kalk.
Pädagogische Beurteilung:
Atemberaubende Gestaltungsmöglichkeiten
Die Spieletester schlüpfen diesmal in die Rolle eines Söldners, der anhand des facettenreichen Charaktereditors sehr detailliert entworfen werden kann: „Die Gestaltungsmöglichkeiten sind atemberaubend! So viel konnte ich noch nie an meinem Char basteln!“ (Felix, 14 Jahre)
Auf diese Weise lässt sich nicht nur der Wunsch-Charakter entwerfen, vielmehr lassen sich auch völlig abstruse Spielfiguren designen, die innerhalb der Gruppe für allerlei Spaß (und Spott) sorgten. Ist die Gestaltung abgeschlossen, finden wir uns in einer einfachen Söldner-Spelunke wieder. Diese Lokalität stellt einen wesentlichen Treffpunkt innerhalb des Spiels dar. Hier lassen wir uns für neue Gefechte und Abenteuer rekrutieren, feilschen mit den anderen Gästen um Waffen und Ausrüstungsgegenstände, heuern weitere Söldner für Scharmützel an und verbessern unsere Fähigkeiten. Nebenbei stehen wir in Austausch mit weiteren Gästen und erfahren nach und nach die notwendigen Informationen, um uns in der Welt von Bladestorm Nightmare zurechtzufinden.
Enttäuschende Erkenntnis
Leider ist bereits verhältnismäßig früh zu merken, dass der Verlauf des Spiels ein linearer ist und auch bleibt. Dafür kann aber die Seite des Gefechts frei gewählt werden. Erstaunlicherweise gingen hier die Meinungen auseinander und so mussten die Sympathien und Loyalitätsbekundungen von den Spieletestern erst einmal ausdiskutiert werden. Wie es sich allerdings für einen richtigen Söldner gehört, entschied hier oftmals die Höhe des Soldes. Leider haben die getroffenen Entscheidungen und die daraus resultierenden Kämpfe jedoch keine weiteren Auswirkungen. Denn was zu Anfang noch für einen wesentlichen Spaßanteil sorgt, kann im weiteren Verlauf des Spiels als „Story-Killer“ bezeichnet werden: die ständigen Gefechte und Scharmützel sind amüsant, verdrängen aber die eigentliche Spielgeschichte. Diese ist, abgesehen von einzelnen bekannten Namen, recht dünn und nicht durchsetzungsfähig. Dies wird noch einmal dadurch unterstützt, dass der eigentliche Kriegsverlauf von unseren Taten nicht beeinflusst werden kann. Ebenfalls ist es nicht möglich, sich konsequent einer Seite zu verschreiben. Hier hätten sich die Spielester eine zeitgemäße KI gewünscht. Schließlich stellt es heutzutage keine Schwierigkeit mehr dar, im Spiel getroffene Entscheidungen in die Gesamtgeschichte einfließen zu lassen und somit beispielsweise das Ende der Story beeinflussen zu können.
Ein weiteres Problem ist, dass die von uns angeheuerten Truppen weder frei, noch beliebig oft einsetzbar sind. Während der Gefechte werden vom Spiel verschiedene Gruppen vorgeschrieben, derer man sich bedienen darf. Zu allem Überfluss müssen die Truppen aber auch bezahlt werden, von uns! Welche Truppe befehligt wird hängt von der Anzahl an sogenannten „Truppenbüchern“ ab, die wir im Laufe des Spiels finden und zum Befehligen benötigen. Anhand dieser Bücher erfolgt auch die Aufwertung und Ausbildung der bestellten Truppen.
Push the Button!
Der Kampfstil gestaltet sich recht eindimensional. Das Gedrückt-Halten der Angriffstaste stellt im Wesentlichen die einzige Aufgabe dar. Bündnispartner sowie gekaufte Söldnergruppen kämpfen automatisch, sodass eine Überwachung der Aktivitäten erspart bleibt - irgendein Feind steht schon im Weg. Einzig die Unteroffiziere lassen sich taktisch klug positionieren, um eventuelle Rückzüge oder Ausfälle durchführen zu können. Dies stellt tatsächlich ein Problem dar, handelt es sich bei diesen Szenarien doch tatsächlich um die wesentlichen Spielinhalte. Dennoch gibt es spezielle Aktionen, über die die Söldnergruppen verfügen und die direkt per Knopfdruck abrufbar sind. Nach der Anwendung brauchen diese allerdings etwas Zeit, um sich wieder aufzuladen. Solche Spezialattacken können das Blatt durchaus noch einmal wenden, scheint der Ausgang einer Schlacht aussichtlos oder bedroht. Daher empfiehlt es sich diese Aktionen mit Bedacht einzusetzen. Vor allem die Bogenschützen schaffen es, die Distanz zum Gegner aufrecht zu erhalten, sollte der Rückzug für die unterlegenen Streitkräfte unvermeidlich sein.
So gilt es stets die Festungen der Gegner einzunehmen, die eigenen Regionen zu schützen, Figuren zu eskortieren oder Rückzüge zu sichern. Ein ewiges „Capture the Flag“, nur als strategisches Hack’n‘Slay in historischem Gewand. Die Gefechte stellen ebenfalls lukrative Raubzüge dar, denn neben Gold kann auch Ausrüstung erbeutet werden. Zusätzliche Herausforderungen und Mini-Quests sorgen zudem für Abwechslung und zusätzliche Spielzeit. „Zum Glück gibt es genügend Rollenspielelemente im Spiel, sonst hätte ich den Fragebogen schon letzte Woche ausfüllen können!“ (Damian, 13 Jahre)
Von Kobolden, Untoten und weiteren Absurditäten
Zu den einzelnen Rollenspielelementen gibt es dann doch noch eine kleine Portion Fantasy obendrauf. Die Nightmare-Kampagne besteht vor allem aus Untoten, Kobolden und weiteren Fantasy-Wesen und zwingt die verfeindeten Mächte zur Zusammenarbeit. Das wirkte auf alle Anwesenden zwar absurd, schaffte aber zum ansonsten linearen Spielverlauf eine Form der Abwechslung.
„Können sie mich verstehen?!“
Was die Sounds betrifft, so schaffen es diese eine authentische Atmosphäre entstehen zu lassen. Gepaart mit den schmetternden Orchesterklängen im Hintergrund entsteht zwischenzeitig das Gefühl einer epischen Schlacht auf der Kinoleinwand, wären da nicht die zahlreichen und sich ständig wiederholenden Samples. Hinzu kommt die vollständig fehlende Sprachausgabe in deutscher Sprache beziehungsweise der entsprechenden Untertitel. Als Sprachen stehen lediglich die englische und japanische Variante zur Verfügung.
Fazit:
Bladestorm Nightmare schaffte es leider nicht, die Spieletester der Stadtbibliothek Köln Kalk zu überzeugen. Zwar verfügt das Spiel über einen allumfassenden Charakter-Editor und eine ästhetisch ansprechende Grafik, die inhaltliche Umsetzung aber weist immer wieder Schwachstellen und Irritationen auf. Den Hundertjährigen Krieg als geschichtliche Grundlage zu nutzen stellt eine super Idee dar, die tatsächliche Umsetzung und Erweiterung durch die Fantasy-Kampagne ging dann aber doch nur bedingt auf. Der völlig lineare Spielverlauf trägt sein Übriges dazu bei, auch wenn der Einkauf neuer Söldnertruppen den strategischen Anteil noch einmal erweitert und zusätzliche Herausforderungen bietet. Die Steuerung stellt ebenfalls eine Unterforderung dar, muss während des Kampfes doch lediglich ein Knopf gedrückt werden. Vielleicht wäre eine Trennung beider Genres von Vorteil gewesen, die Mischung aus Action und Strategie trug hier für die Tester leider nicht zum Spielvergnügen bei: „Wir würden das Spiel nicht empfehlen.“ Wer dennoch Interesse hat, Teile der europäischen Geschichte mit strategischem Schwerpunkt nachzuspielen, der wird mit der „Total War-Empire“-Serie gut bedient sein. Diese spielt im 18. Jahrhundert und ist ebenfalls für Kinder ab zwölf Jahren freigegeben.
