Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: London 2012



Spielbeschreibung:
Vor rund 20 Jahren wäre es wahrscheinlich selbst kühnsten Visionären schwergefallen, an eine Zusammenarbeit der beiden Erzrivalen SEGA und Nintendo zu glauben. Dass dabei dann auch noch eine Zusammenführung der beiden stilprägenden Ikonen Sonic und Mario herausspringen sollte, erschien zu diesem Zeitpunkt noch unwahrscheinlicher, aber das Rad der Zeit drehte sich weiter. Die einstigen Konkurrenten ließen, begünstigt durch die eine oder andere Krise in beiden Lagern, ihre Vergangenheit hinter sich und arbeiten nun seit einigen Jahren bei einigen Projekten Seite an Seite. Mit „Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: London 2012" - einem der wohl längsten Titel der Videospielgeschichte - präsentiert SEGA die nunmehr dritte olympische Zusammenführung von Mario, Sonic und deren Freunden.
Wenig überraschend durften Fans der Reihe erneut zwei Jahre auf eine weitere sportliche Herausforderung warten. Dieser Rhythmus, jeweils ein knappes Jahr vor dem ‚echten' Olympia, scheint sich mittlerweile eingespielt zu haben, wurde doch Teil Eins 2007, Teil Zwei 2009 und nun Teil Drei 2011 veröffentlicht. SEGA wendet sich mit „London 2012" demnach auch folgerichtig wieder den olympischen Sommerspielen zu.
Wer nun jedoch Originalschauplätze und -wettkämpfe, bekannte Sportler oder gar ein realistisches Gameplay erwartet, kann sich getrost einem anderen Spiel seiner Wahl widmen. „Mario und Sonic" will zu keinem Zeitpunkt eine Sportsimulation sein, vielmehr handelt es sich um eine recht abwechslungsreiche Mini- bzw. Partyspielsammlung mit Anleihen aus dem Bereich Sport. Alle Wettkämpfe lassen sich dementsprechend entweder mit seinem im Vorfeld kreierten Mii-Charakter oder in der Gestalt von einem der angebotenen 20 Charaktere angehen. Neben Mario und Sonic, erwarten den Spieler dabei jeweils zehn bekannte Helden und Schurken aus der Videospielgeschichte beider Hauptprotagonisten, wie unter anderem Yoshi, Browser und Donkey Kong oder Dr. Eggman, Knuckles und Tails. Natürlich haben die einzelnen Spielehelden auch jeweils unterschiedliche Eigenschaften, die sich durchaus auf das Spiel auswirken können, so erscheint es beispielsweise wenig sinnvoll die ‚Rhythmische Sportgymnastik' mit dem eher schwerfälligen und robusten Bowser zu meistern.
In über 20 regulären und 10 Traum-Disziplinen, sowie einigen Bonusspielchen gilt es in zwei unterschiedlichen Spielmodi sein sportliches Können unter Beweis zu stellen. Die präsentierten reellen Sportarten halten im Vergleich zum ersten Sommerableger der Reihe wenig überraschendes parat, wenngleich das Spektrum zum Beispiel mit Badminton, Fußball, Sportschießen oder Beachvolleyball zumindest erweitert wurde. Die gebotenen Traumdisziplinen sorgen hingegen mit einer Mischung aus Sport und Anleihen aus den Mario- bzw. Sonicwelten für Abwechslung. Man sprintet und hüpft im Traum-Hürdenlauf zum Beispiel über sich drehende Plattformen, im Traum-Diskuswerfen befindet man sich gar selbst auf einem riesigen, durch die Luft fliegenden Diskus und hat die Aufgabe Ringe einzusammeln und im Traum-Weitsprung kann man durch die Zuhilfenahme von Wolken oder ähnlichen Elementen auch mal über 300 Meter weitspringen.
Im Einzelmatch-Modus ist es möglich, alleine oder mit bis zu vier Spielern jeweils miteinander oder gegeneinander, auf die einzelnen Disziplinen zugreifen. Zu einem Turnier lassen sich diese zwar nicht kombinieren, aber immerhin sind sie allesamt a priori freigeschaltet. Bei der London-Party-Variante handelt es sich ebenfalls nur bedingt um einen Turniermodus. Vielmehr wird hier im Stile von „Mario Party" (Test: Mario Party) eine Art spielerischer Karrieremodus präsentiert. Auch dieser lässt sich alleine oder mit mehreren Spielen angehen. In einem Miniaturmodell Londons gilt es hier sein imaginäres Panini-Album mit neuen Stickern zu füttern. Dazu nimmt man regelmäßig an Wettkämpfen teil und durchstreift London auf der Suche nach den begehrten Aufklebern. Die Streifzüge durch die Stadt werden dabei immer wieder mit teilweise netten Bonusspielen serviert. So muss man beispielsweise bei einem dieser Spiele ganz im Sinne Pac-Mans (Test: Ms. Pac-Man Maze Madness) eine bestimmte Anzahl von in diesem Fall Ringen fressen. Je nach Erfolg, erhält man eine bestimmte Anzahl von Stickern, mit denen sich diverse Extras wie unter anderem neue Spielfiguren freischalten lassen. Beide Spielmodi lassen sich leider lediglich offline angehen. Immerhin lassen sich die eigenen Rekorde jeweils online vergleichen, so dass man sein Können auch als Solospieler etwas besser einordnen kann.
Pädagogische Beurteilung:
Zweckmäßige Steuerung
Wie bei Minispielsammlungen üblich, entpuppt sich auch die Steuerung von Mario und Sonics London-Aufenthalt als leicht zugänglich und somit spielerisch erlernt. Vor bzw. auch während jeder Disziplin kann man sich die jeweilige Steuerungsmechanik in Schrift- oder in animierter Form, wobei hier wirklich nur die Grundzüge der Bewegungen animiert sind, zu Gemüte führen. Sollte man nicht die Geduld aufbringen, sich die Erklärungen durchzulesen, kommt man bei einigen Disziplinen auch ohne diese recht intuitiv zurecht. Dass man beispielsweise den Wii-Remotecontroller beim Tischtennis ähnlich wie einen Schläger schwingen muss, sollte auch ohne akuten Erklärungsbedarf klar werden. Andere Disziplinen, wie etwa Fußball oder Sportschießen, verlangen wiederum durchaus einen prüfenden Blick auf die Steuerungserklärungen, so dass Lesekenntnisse für eine komplette Erschließung des Spiels empfehlenswert sind. Nahezu alle Disziplinen lassen sich dabei alleine mit der Wii-Fernbedienung angehen, wobei dem Spieler jederzeit, sprich auch während des Spiels, und fast bei jeder Sportart die Option geboten wird, die Steuerung mittels Nunchuk zu erweitern. Ob man nun per Tastendruck einen Ball pritscht, per Schwingbewegung einen Ball über das Netz schlägt oder per Auf-und-Ab-Bewegung einen Sprung ansetzt, verzögerte Befehlsumsetzungen, sprich verzögerte Erfassung der einzelnen Bewegungen oder Tastendrücke, sind, anders als bei vielen anderen artverwandten (Test: Sports Island 2)Wii-Minispielsammlungen, kaum existent.
Einziges Manko der Steuerung bleibt seine ‚Eingeschränktheit'. Zwar ist sie, wie erwähnt, schnell erlernt und „voll leicht", aber „der Wii isses egal, wie Du deinen Arm bewegst". Leider spielt es bei „London 2012" in der Tat keinerlei Rolle, wie lange oder intensiv man einen Befehl ausführt. Wichtig ist im Grunde nur der Zeitpunkt, den Rest gibt das Spiel vor. Wenn man beispielsweise beim Beach-Volleyball einen Schmetterball durchführen will, kann man es nur, wenn es das Spiel erlaubt. Schnellere Schwingbewegungen oder etwas längeres Drücken der Tasten versprechen nicht weniger, aber eben auch nicht mehr Erfolg. Damit ist die Steuerung zwar absolut zweckmäßig und funktioniert tadellos, wiederum ist dadurch aber eine Verbesserung der eigenen Fähigkeiten auch nur bedingt möglich.
Charmante Präsentation
Grafisch präsentiert sich „Mario und Sonic" in gewohnt buntem, wie niedlichem Comic-Gewand. Überraschenderweise wird dieser Look dabei auch noch mit einigen netten Gimmicks aufgewertet, wie etwa angedeuteter Slow-Motion bei Turbo-Schüssen samt Schweif am Ball. Besonders gelungen sind die jeweiligen Traumdisziplinen, die dann auch den letzten Rest Realismus beiseite fegen. So ist der Parcours bei den „Schwebenden Barren", einer Spielevariante bei dem man im Grunde von Stange zu Stange hüpft, „ja eigentlich voll der Hammer-Spielplatz". Man bekommt zwar zu keinem Zeitpunkt Details im engeren Sinne zu Gesicht, dafür jedoch liebevolle und teilweise wirklich einfallsreiche Hintergrundanimationen. So schwebt zum Beispiel beim Beach-Volleyball ein Schiedsrichter im wahrsten Sinne des Wortes über den Dingen. Und während andere Minispielsammlungen oft auf ein waberndes Etwas als Publikum setzen, ist hier jeder einzelne im Publikum erkennbar. Mal schwenken sie dabei, unschwer erkennbar, Fahnen, mal können sie sich vor Spannung kaum auf ihren Sitzen halten. Hervorheben muss man auch die Tatsache, dass, außer für die reell bevorstehenden Olympischen Spiele, keinerlei Werbung das Auge malträtiert.
Die Musik bewegt sich wenig überraschend ebenfalls auf zu erwartenden Bahnen. Nintendotypische, fröhliche Melodien untermalen das Spielgeschehen nicht nur für Fans angenehm. Und auch die einzelnen Charaktere haben natürlich ihre typischen, wiedererkennbaren Sounds im Gepäck.
„Mario und Sonic" befindet sich technisch auf einem zu erwartenden und zweckmäßigen Niveau, wobei liebevolle Ideen der Entwickler stets dafür sorgen, dass einem die quietschbunte Atmosphäre auf Dauer nicht die Laune verhagelt, sondern stets einen gewissen Charme bewahrt.
Mehrspielerspaß
Generell muss man zunächst festhalten, dass sich der neue Ableger der „Olympischen Spielen" nur marginal von seinen Vorgängern unterscheidet und letztlich ein besseres, wenn auch durchaus gelungenes Update darstellt. Wie lange oder wie intensiv man sich mit dem Titel beschäftigen wird hängt zum einen wohl stark davon ab, wie erfahren man ist und zum anderen, ob man gerne mit mehreren Spielern zockt. Vor allem Kenner der letzten Olympiaadaptionen werden sich wohl bereits anfangs nach einem motivierenden Faktor im Einzelspielerbereich umsehen. Bereits die Tatsache, dass man sich zu keinem Zeitpunkt in einem richtigen Turnier messen kann, fungiert dabei als Haupt-Spaßbremse. Das Fehlen eines Onlinemodus' ist auch nicht eben förderlich für eine Langzeitmotivation und es ist fragwürdig, ob zum Beispiel ein simpler Vergleich der aufgestellten Rekorde wirklich ausreicht, um zu Höchstleistungen zu animieren. Einsteiger hingegen werden mit Sicherheit auch alleine einige kurzweilige Stunden im virtuellen London verbringen, denn trotz fehlender langzeitmotivierender Elemente ist der Titel einfach, bereits durch seine Zugänglichkeit und sein Spielprinzip, mit einem Wort spaßig. Zum Sport gehört jedoch natürlich immer ein ‚sich miteinander messen' und so entfaltet „Mario und Sonic" seine wahre Größe auch erst im Mehrspielerbereich. Die leicht erlernbare Steuerung und die meist wenig fordernden Disziplinen sind hier dann mehr Segen als Fluch und garantieren mehr als nur ein, zwei gelungene Spieleabende.
Fazit:
Der neueste Ableger der nunmehr seit 2007 alle zwei Jahre erscheinenden olympischen Minispielsammlung mit alten, wie aktuellen SEGA- und Nintendofiguren kommt erst im Mehrspielermodus zur vollen Entfaltung. „Mario und Sonic" wird in einem liebevollen technischen Gewand mit einer gelungenen, zeitweise allerdings auch einschränkenden Steuerung präsentiert. Zwar verbirgt sich hinter einigen Spielen wirklich überraschendes und auch die London-Party-Variante wirkt erfrischend, letztlich agieren jedoch der fehlende Turnier- und Onlinemodus mindestens für den Einzelspieler als Langzeit-Spaßbremse.
