Company of Heroes 2


Spielbeschreibung:
Company of Heroes 2 ist ein Strategiespiel, das thematisch im Zweiten Weltkrieg angesiedelt ist und hier im Bereich der Ostfront. Es behandelt also den verlustreichen Konflikt zwischen der Deutschen Wehrmacht und der Roten Armee in den Jahren von 1941 bis 1945 aus der Sicht der russischen Verteidiger. In 14 Missionen kann der Spieler dabei im Einzelspielermodus die Stationen vom Beginn des deutschen Überfalls bis hin zur Eroberung Berlins durch die Russen nachspielen. Aus der isometrischen Perspektive steuert er hierzu verschiedene Einheiten von der Infanteriekompanie bis hin zum Kampfpanzer und muss diese in den einzelnen Missionen auf der Karte strategisch sinnvoll verschieben. Die Kämpfe gegen feindliche Einheiten werden von den eigenen Kräften automatisch aufgenommen, Spezialfertigkeiten wie besonders effektive Schüsse müssen jedoch vom Spieler separat ausgelöst werden. Inhaltlich orientieren sich die Einsätze am historischen Kontext wenn z.B. in Stalingrad Scharfschützen ausgeschaltet, ein kleiner Bahnhof gehalten oder zum Abschluss der Reichstag in Berlin eingenommen werden muss. Innerhalb dieser Missionen werden auch die tragischen Vorkommnisse in diesen Jahren behandelt wie das Opfern kompletter und schlecht ausgerüsteter Einheiten oder die Erschießung des eigenen Soldaten durch die Kommissare der roten Armee.
Im Multiplayermodus treffen die Einheiten der Russen und der Deutschen ohne einen nachvollziehbaren realen historischen Hintergrund oder eine erzählte Geschichte aufeinander und liefern sich z.B. Schlachten um Kontrollpunkte.
Pädagogische Beurteilung:
Krieg im historische Kontext
Der erste Teil der „Company of Heroes"-Reihe spielte an der Westfront und erzählt die Eroberung Westeuropas durch die Alliierten in einer hollywoodartigen Inszenierung mit viel Pathos und markigen Sprüchen durch die amerikanischen Soldaten. Der zweite Teil geht hier einen anderen Weg und versucht von Anfang an das Grauen des Krieges an der Ostfront im Spiel zu thematisieren. Sowohl in den Zwischensequenzen als auch im Spiel selbst wird die Kriegsführung durch die schiere Überlegenheit an Soldaten immer wieder angeschnitten und stellt vor allem in den ersten Missionen einen wichtigen Baustein der russischen Taktik dar. Ist man es aus anderen Strategiespielen gewohnt, die eigenen Einheiten zu pflegen und zu beschützen, passiert es dem Spieler schnell, dass er die russische Taktik verinnerlicht und Rekruten opfert um einen strategischen Punkt zu sichern oder ein MG zu erobern. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass alle Spieler die geschichtliche Bildung haben, ihre virtuellen Taten in einen größeren Kontext einzuordnen und das Unrecht das den Russen hier von zwei Seiten, nämlich durch die eigene Führung und die deutsche Wehrmacht wiederfahren, ist, durch die Spielinhalte entsprechend einzuornen. Die Tester wussten z.B. über die Kriegsgeschehnisse und die politische Situation in der Sowjetunion zum damaligen Zeitpunkt zu wenig, um das Geschehen adäquat zu reflektieren und das Gesehene und Gespielte einzuordnen.
Besonders in Russland wurde der Spielinhalt und die Darstellung der Roten Armee und Sowjetarmee stark kritisiert und das Spiel daraufhin vom lokalen Vertrieb aus dem Handel genommen.
Krieg ist brutal
Im Gegensatz zu vielen anderen Strategiespielen spielt Company of Heroes 2 in einem realen historischen Kontext und stellt diesen auch mit realistischen Grafiken dar. Trotz der Darstellung von Infanterieschlachten bleibt das Spielgeschehen dabei weitestgehend blutarm, da man auf die Darstellung von Wunden und abgetrennten Körperteilen verzichtet wurde. Trotzdem geht das Spielgeschehen über eine rein symbolische Darstellung der Gewalt weit hinaus und stellt die Kämpfe zwischen den Einheiten detailliert dar. Einheiten, egal ob Infanterie oder Fahrzeuge, verlieren bei Beschuss Energie. Das Leid verletzter Einheiten wird weder auf der grafischen noch auf der akustischen Ebene dargestellt, besiegte Einheiten verschwinden schlichtweg. Letztlich wird innerhalb der Missionen auch keine ganze Schlacht dargestellt, sondern eher der Kampf um ein Dorf oder eine Brücke innerhalb einer Schlacht. Die einzelnen Soldaten einer Kompanie werden durch das Spiel dargestellt und nehmen auch selbstständig Deckung, können jedoch nur im Verbund gesteuert werden. Der Spieler kann sehr nah ins Kampfgeschehen zoomen, dies ist jedoch im Spielgeschehen eher nachteilig.
Der Verzicht auf die Darstellung von Kriegsgräuel ist so aus pädagogischer Sicht ein zweischneidiges Schwert: Einerseits bekommen Jugendliche keine visuellen Darstellungen präsentiert, die sie beeinträchtigen könnten, andererseits wird durch den Verzicht auf Schreckensbilder ein Zerrbild von den Auswirkungen des Kriegs gezeichnet.
Krieg als Spiel
Jahrzehnte alt ist die Frage, ob Kinder und Jugendliche Kriegsinhalte konsumieren oder sogar selbst spielen dürfen. Und wenn ja, ab welchem Alter. Natürlich wurde diese Frage in Bezug auf das Medium Fernsehen geführt, aber auch in Bezug auf exotischere Dinge wie Miniatursoldaten. Durch unsere Geschichte sensibilisiert, haben wir in Deutschland zu diesem Thema im pädagogischen Kontext eher eine angespannte Sicht, betrachtet man dagegen Kinderspielzeug in den Läden der südlichen europäischen Mitgliedsstaaten, herrscht dort eine viel lockerer Umgangsweise mit diesem Thema. Videospiele treiben dieses Thema dann jedoch auf die Spitze. Ist der Film Stalingrad beklemmend und fast unerträglich für den Zuschauer, kann der Spieler in Computerspielen das Geschehen beeinflussen und virtuell handelnd miterleben. Doch bleibt das virtuelle Geschehen auch in „Company of Heroes 2" erstaunlich distanziert und wenig erschreckend. Selbst ein Szenario wie Stalingrad wird hier zu einer Theaterbühne auf der lediglich Missionen absolviert werden müssen („finde die deutsche Artillerie"). Das ganze wird dabei vom Feldherrenhügel aus wahrgenommen, das mit den Kämpfen und dem Umfeld verbundene Leid (Soldaten können z.B. erfrieren) ist auf ein Hindernis bei der Erfüllung der Missionen. 16 jährige dürfte das Geschehen auf dem Bildschirm nicht mehr verunsichern oder gar beeinträchtigen, jedoch bleibt die Frage, inwiefern gerade Jugendliche in ihrer Sicht auf Krieg beeinflusst werden, wenn dieser im spielerischen Gewand daherkommt und die Gräuel größtenteils ausblendet.
Miteinander Krieg spielen
Wie fast jedes Strategiespiel bietet auch „Company of Heroes 2" die Möglichkeit, militärische Konflikte ohne eine Hintergrundgeschichte miteinander (Koop) oder gegeneinander auszutragen. Die Schlachten werden hier ohne Berücksichtigung der historischen Gegebenheiten gespielt und beide Fraktionen sind deshalb gleich stark. Der erste Teil der der Reihe war gerade wegen seiner Ausgewogenheit bei Strategiespielern sehr beliebt und konnte durch die Erweiterungen die Spieler jahrelang binden. Auch „Company of Heroes 2" wird versuchen, die Spieler auf ähnliche Art und Weise langfristig zu begeistern.
Ingame-Shop
„Company of Heroes 2" geht für einen Vollpreistitel den ungewöhnlichen Weg eines integrierten Ingame-Shops. Hier können z.B. Hauptmänner hinzugekauft werden, die im Mehrspielermodus Vorteile wie Spezialangriffe bieten. Bisher ist das Angebot gering und die Inhalte animieren nicht unbedingt zum Kauf.
Fazit:
„Company of Heroes 2" bietet Echtzeitstrategie in einem historischen Kontext. Die Kriegsthematik wird stellenweise kritisch beleuchtet und verdichtet, durch die spielerischen Inhalte jedoch sofort wieder aufgebrochen und die Gräuel des Krieges nicht ausreichend abgebildet, wodurch der Zweite Weltkrieg hier ein Feld für Abenteuerphantasien bleibt. Jugendliche ab 16 Jahren werden durch das virtuelle Geschehen wahrscheinlich nicht beeinträchtigt, letztlich fehlt den meisten wahrscheinlich die Reflexionsfähigkeit, um das Geschehen korrekt einzuordnen. Für Jugendliche bieten sich daher eher fiktive Szenarien wie die Starcraft-Reihe an.
