EyePet

Genre
Gesellschaftsspiele
USK
ohne Altersbeschränkung (?)
Pädagogisch
ab 4 Jahre
Vertrieb
Sony
Erscheinungsjahr
2009.11
Systeme
Playstation 2, Playstation 3, Playstation Portable
System im Test
Playstation 3
Homepage des Spiels
Hinweis(e)
PlayStation Eye Kamera erforderlich
Kurzbewertung
Knuffiges, digitales Haustier
Gruppenleiter
Benjamin Karalic
Ü12 Lise-Meitner-Gesamtschule
Screenshot 2Screenshot 3Screenshot 4

Spielbeschreibung:
Ende der 1990er Jahre: Kaum einer besaß ein Mobiltelefon und das Internet war noch immer eine fremde magische Welt, in der sich nur einige BTX-Veteranen und das amerikanische Militär zu Recht fanden. In dieser Zeit des Umbruchs nahm auch die Geschichte der digitalen Haustiere ihren Anfang. Mit dem so genannten "Tamagotchi". Das kleine Plastik-Ei sorgte damals für einen unerwarteten Aufruhr, der, mindestens für die Dauer eines Sommers, sämtliche anderen Spielkonsolen vergessen ließ. Auf einem pixeligen LCD-Bildschirm lebte ein nicht näher bestimmbares Phantasiewesen, das es groß zu ziehen galt. Als Spieler bzw. Besitzer eines Tamagotchi sah man sich plötzlich mit völlig neuartigen Verantwortungen konfrontiert. Um dem vorzeitigen Ableben des rätselhaften Wesens entgegen zu wirken, musste man es nämlich nicht durch tödliche Parcours lotsen oder mit ihm gegen außerirdische Heerscharen antreten. Es reichte schon aus, es regelmäßig zu füttern, mit ihm zu spielen und für eine entsprechende Hygiene zu sorgen. Dieser simple Appell an die ureigenen Versorgerinstinkte war einfach und neu genug, um alters- und geschlechtsübergreifend so ziemlich jeden zu begeistern. In den folgenden Jahren wurde das Prinzip des virtuellen Haustiers deshalb immer wieder aufgegriffen und in zahlreichen Videospielen verarbeitet. (Nintendogs auf Spielbar.de / Petz - Website von UBISoft) Sonys "EyePet" stellt nun die jüngste Adaption des Tamagotchi-Prinzips dar und schickt sich an, mit zeitgemäßer Technik die gleiche Faszination auch auf der PlayStation 3 zu erzeugen.

Doch die Entwickler von "EyePet" setzen noch auf ein zweites marktträchtiges Zugpferd und implementieren die von der Nintendo Wii und dem kommenden Microsoft Kinect bekannte Bewegungsteuerung. Doch da Sonys Konsole von Hause aus nicht mit Bewegungscontrollern ausgerüstet ist, kommt man um den Kauf zusätzlicher Hardware nicht herum. Erst durch Anschluss der PlayStation Eye-Kamera wird das gewünschte Ziel erreicht: eine Interaktion mit dem Videospiel, die über das einfache Knöpfe drücken hinausgeht. Doch die kleine Kamera ist natürlich viel mehr als nur ein Bewegungssensor. Sie fängt sowohl Bild als auch Ton des Spielraumes ein und integriert ihn in die Welt von "Eyepet". Oder eben umgekehrt. Blicken die Spielenden nämlich auf den Bildschirm, auf das realistische Abbild ihres Wohnzimmers, so finden sie dort etwas, das es in ihrer Realität nicht gibt: Ein kleines affenähnliches Wesen, das obwohl es nachweislich nicht im Raum ist, auf all ihre Bewegungen und Geräusche reagiert. Und ohne, dass man sich groß bemüht hätte, befindet man sich schon im dritten großen Hype unserer Tage: der "Augmented Reality".

In "Eyepet" wird der eigene Bildschirm zum Spiegel dieser neuen Realität. Er zeigt in einer technisch beeindruckenden Illusion, wie ein Wesen, das äußerlich am ehesten an das aus den 80ern bekannte Monchichi erinnert, um die eigenen Füße herumtapst. Vom Verhalten her gleicht dieses Geschöpf einem jungen Hund oder einer jungen Katze. Neugierig jagt es jedem äußeren Reiz hinterher. So springt es z.B. nach den Fingern des Spielers und will mit ihnen Fangen spielen. Auf der anderen Seite kann man aber auch selbst zum Jäger werden und den kleinen Racker über den Bildschirm scheuchen. Dazu ist kein Touchscreen vonnöten, man interagiert stets mit der Luft bzw. seinem eigenen abgefilmten Spiegelbild. Die Bewegungserkennung arbeitet dabei aber so präzise, dass virtuelle Berührungen möglich werden. Ahmt der Spieler z.B. Streichelbewegungen nach, so schnurrt das "Eyepet" zufrieden, dreht sich nach kurzer Zeit auf den Rücken und verlangt schließlich sogar, dass man ihm den Bauch krault.

Neben den zahllosen Varianten des Herumtollens gibt es im Spielverlauf viele weitere Möglichkeiten sich spielerisch mit dem neuen Haustier auseinander zu setzen. In 15 Stufen, die in Spieltage unterteilt wurden, lernen die Spielenden nach und nach die kunterbunte Welt des Eyepets kennen. Diese lässt sich grob in zwei Bereiche einteilen: Pflege (Waschen, Füttern, Styling) und Spielen. Letztere nutzt die Fähigkeiten der Kamera im Bereich Bild- und Tonaufnahme, um ein völlig neuartiges Spielgefühl zu erzeugen. Bei einem Minispiel gilt es z.B. mit Papier und Stift ein Auto zu zeichnen, es dem Eyepet zu zeigen, worauf dieses es dann nachzeichnet, sich hineinsetzt und gesteuert vom Spieler einen Hindernisparcours überwinden muss. Diese Interaktion zwischen virtueller und echter Welt spielt bei sämtlichen Aktivitäten eine entscheidende Rolle: Dazu gehören Fotoshootings, diverse Gesellschaftsspiele, Sport (z.B. Tennis, Bowling, Lauftraining), Gartenarbeit und sogar Singspiele, in denen das Eyepet die Töne von Herrchen und Frauchen nachahmt. Bei jeder dieser Herausforderungen werden Erfolge mit Medaillen und/oder neuen Accessoires belohnt. Auf diese Weise wächst die Spielwelt von "EyePet" stetig heran und bietet besonders jüngeren Spielerinnen und Spielern viele Stunden abwechslungsreicher Unterhaltung.

Pädagogische Beurteilung:

Aller Anfang ist schwer – Die Technik
Obwohl "EyePet" als Kinderspiel gedacht ist, sollten gerade zu Beginn Erwachsene anwesend sein, um die korrekte Funktionsweise des Spiels zu garantieren und die Kinder vor unnötigen Frusterlebnissen zu bewahren. Grund dafür ist die kritische Aufbauphase, in der die Kamera eingerichtet und die Beleuchtung im Zimmer angepasst werden muss. Dies wird zwar kleinschrittig und ausführlich in spielerischen Videoszenen erklärt, dürfte aber für Kinder unter 8 Jahren trotzdem zu kompliziert sein. Zu abstrakt ist die Anweisung, es dürfe "nicht zu dunkel, aber auch nicht zu hell" sein. Hinzu kommt, dass sich in unserer Testergruppe ein alternativer Aufbau bewährt hat. Im Folgenden Absatz wird deshalb kurz beschrieben, wie man erreicht, dass die Kamera nicht nur den Fußraum, sondern auch die Gesichter der Spielenden abbildet.

Alternativer Aufbau
Wer die Möglichkeit hat, sollte seinen Wohnzimmertisch vor den Fernseher rücken und ein weißes Tuch darüber legen (zur Steigerung des Kontrasts). Dann wird die Kamera in ca. 30cm Höhe (von der Tischplatte aus gemessen) entweder auf dem TV selbst oder einem Bücherturm eingerichtet. Nun kann man wieder dem spieleigenen Aufbaututorial folgen und die Kamera so einstellen, dass die magische Karte auf dem Bildschirm von einem blauen Kreis umgeben ist. Befolgt man diese Schritte, ermöglicht man den Spielenden ein weitaus intensiveres Erlebnis, da nun sowohl die eigene Mimik, als auch die der anderen Mitspieler zu sehen ist. In unserer Gruppe konnten beide Einrichtungsarten getestet werden. Mit dem Resultat, dass der alternative Aufbau klar bevorzugt wurde.

Zahlreiche Möglichkeiten der Individualisierung
Ein wichtiger Spielaspekt, neben Pflege und Bespaßung des Eyepets, ist vor allen Dingen das Tuning seiner äußeren Erscheinung. Unsere Tester (12-13, männlich) verbrachten mindestens genauso viel Zeit mit der Auswahl von Kleidungsstücken und Accessories, wie mit den zahlreichen Minispielen. Für sie waren das Stylen und Frisieren, das Kreieren eines unverwechselbaren Looks, von großer Wichtigkeit. Im Zuge dessen waren sie nicht nur von der tollen grafischen Präsentation des virtuellen Haustiers beeindruckt, sondern auch von den vielfältigen Einstellungsmöglichkeiten, die bis zur Bestimmung der Haarlänge reichten. Motivierend war in dieser Hinsicht ebenfalls, dass im Laufe des Spiels stetig neue Kleidungsstücke frei geschaltet werden konnten. "Krass, mit der Lederjacke sieht er aus, wie Michael Jackson!", kommentierte ein Tester freudig die neueste Errungenschaft und spornte seine Mitspieler im weiteren Verlauf umso energischer an, sich bei den Herausforderungen um die heiß begehrten Goldmedaillen zu bemühen.

Magische Momente
Dass ein Kinderspiel wie "Eyepet" auch unsere 12 und 13jährigen Spieler dermaßen fesseln konnte, liegt vor allen Dingen an der innovativen Technik, die immer wieder für Aha-Erlebnisse sorgte. Gerade das zu Beginn genannte Beispiel der Zeichnung, die von der Kamera erkannt und dann im Spiel zum Leben erweckt wurde, führte zu regelrechten Begeisterungsstürmen. Hier gelang es einem Videospiel, die künstlerische Leistung des Spielers nicht nur zu würdigen, sondern auch in die Spielmechanik zu integrieren. Der entscheidende Unterschied zur kreativen Beteiligung, wie z.B. dem Erstellen von eigenen Spielfiguren oder Levels, wie sie auch in anderen Spielen und Genres geboten wird, liegt hier im haptischen Ursprung der eigenen Schöpfung. Bei "Eyepet" wird etwas mit den eigenen Händen, also in der Realität gezeichnet und dann in die virtuelle Welt überführt. Ein medialer Brückenschlag, der innerhalb der Gruppe für Faszination und Interesse sorgte. "Wie geht denn das?", fragte ein Tester, der sich bislang eher weniger für die technische Seite des Spielens interessiert hatte und damit eine rege Diskussion innerhalb seiner Mitstreiter in Gang setzte. In Zeiten von Smartphones und deren Nutzung von augmented reality werden Erfahrungen wie bei "Eyepet" zwar immer alltäglicher, doch für einen kurzen Augenblick konnte eine Videospielkonsole wieder etwas hervorrufen, das seit den 80ern immer seltener geworden ist, nämlich das Gefühl vor einem unglaublichen Zauberkasten zu sitzen.

Spielzeug oder Haustier
Im Falle des "Tamagotchi" waren die Pflege, das Füttern und das Spielen wichtige Aktionen um das virtuelle Haustier am Leben zu erhalten. Regelmäßigkeit war unabdingbar, sonst drohte ein unwiderrufliches, tränenreiches "Game Over". Doch wie sieht das beim "Eyepet" aus? Kann es sterben? Oder zumindest verwahrlosen, wenn die nötige Pflege ausbleibt? Kann es zunehmen? Muss ich seine Exkremente wegräumen? Wird es älter? Hat es eine Charakterentwicklung? All diese Fragen können mit einem klaren "Nein" beantwortet werden. Eine Tatsache, die innerhalb der Gruppe zu spannenden Diskussionen führte. Manch einer hatte sich gewünscht, dass das Haustiererlebnis authentischer gewesen wäre. Also zum einen ein "Eyepet", das versorgt werden muss, um zu überleben, zum anderen aber auch ein Wesen mit einer sich entwickelnden künstlichen Intelligenz, dessen Charakter sich je nach Art der Behandlung zum Guten oder Bösen (aggressiven) wandelt (vgl. unser Test zu Black and White, Link). In Bezug auf die realistische Simulation eines Haustieres kamen aber auch direkt Einwände: "Mein kleiner Bruder würde dann den ganzen Tag vor der PS3 hängen. Außerdem würde er total ausrasten, wenn wir in den Urlaub fahren und sein Eyepet stirbt." Anhand dieses Beispiels lässt sich schnell erkennen, warum die Entwickler des "Eyepets" es bei einem Casual Game belassen haben. Man wollte wohl vermeiden, dass die für Kinderaugen nahezu fotorealistische Illusion, die das "Eyepet" liefert, gepaart mit alltäglicher Pflege-Routine zu einer allzu starken emotionalen Bindung führt. Diskussionen à la "Ich muss aber jetzt spielen, sonst stirbt es" wären dann nicht auszuschließen gewesen. Auch die Idee eines Testers, dass man auf diese Weise Verantwortung für ein "echtes" Haustier lernen könnte, stieß auf wenig Zuspruch. Dann solle man sich doch gleich für die "echte" Variante entscheiden. Nur einer der Tester fand schließlich eine in seinen Augen sinnvolle Verwendungsmöglichkeit für ein sterbliches "Eyepet": "Das ist doch was für krasse Allergiker."  

Langzeitmotivation
Unsere Tester haben nicht lange gebraucht, um sämtliche Spielmodi von "Eyepet" kennen zu lernen. Und auch der gewöhnliche Spieler wird damit nicht länger als eine Woche beschäftigt sein. Danach besteht die einzige Herausforderung darin, sich ein weiteres Mal an die ca. 60 Missionen zu wagen, um dort die fehlenden Goldmedaillen zu erspielen und auch die letzten Kostüme frei zu schalten. Das erschien unseren Testern als etwas wenig, zumal es weder online noch offline die Möglichkeit gab, sein Können in motivierenden Mehrspielerpartien zu messen. Einer unserer Spieler wies allerdings auf einen alternativen bzw. erweiterten Verwendungszweck hin: "Ich muss das an Weihnachten unbedingt meiner Oma zeigen." Was bleibt, ist also der immense Schauwert des knuffigen Haustiers, der dazu führt, dass man "Eyepet" in größerem Kreise und besonders in Anwesenheit von Kindern immer wieder hervorholen wird. Fast wie ein echtes Haustier.

Fazit:
"Eyepet" ist eine grafisch beeindruckende Haustiersimulation, die dank der innovativen Technik ein absolut frisches Spielerlebnis liefert. Kreativität und räumliche Orientierung werden in vielen abwechslungsreichen Minispielen gefordert. Dabei ist der Titel selbst für ganz junge Spieler geeignet und kann in Begleitung von Erwachsenen schon ab 4 Jahren, ansonsten (je nach Lesefähigkeit der Spielenden) ab 7 bzw. 8 Jahren gespielt werden.
Anmerkung: Mittlerweile ist auch eine Version des Spiels erhältlich, die die Bewegungssteuerung der PlayStation 3 (PlayStation Move) unterstützt. Spielerisch hat sich dort nichts Grundsätzliches verändert, lediglich die Bewegungserkennung ist präziser geworden. Besitzer von "EyePet" müssen das Spiel nicht erneut kaufen, sondern können sich das Move-Update kostenlos aus dem PlayStation Store herunterladen.

Beurteilung der Spieletester zuklappen
Spieletester
Ü12 Lise-Meitner-Gesamtschule
Köln
Bewertung Spielspass