Let's Tap
Spielbeschreibung:
"Let's Tap" ist eines der Spiele, die man im Regal achtlos übersieht, weil bei diesem Titel keine gewaltige Werbemaschinerie dahinter steckt und dadurch die notwendige Aufmerksamkeit fehlt. Zudem wird durch den recht günstigen Preis von derzeit 15 Euro dem Konsument ein Billigprodukt und damit eine geringe spielerische Qualität suggeriert. Der geringe Umfang und der programmiertechnische Aufwand des Trommelspiel "Let's Tap" rechtfertigen diesen Preis. Aber das Spiel ist weit davon entfernt ein weiteres Beispiel für Spiele auf der Wii zu sein, die das Steuerungskonzept der Wii mehr schlecht als recht umgesetzt haben. Ganz im Gegenteil: Sega ergänzt die Wiimote um eine weitere fantasievolle Möglichkeit ein Spiel zu steuern und das mit leichten Trommelbewegungen auf einen Schuhkarton!!! (keine Sorge, die Steuerung erkläre ich gleich noch genauer).
Trommelspiele sind eine Spielgenre, das sich vor allem in Japan größter Beliebtheit erfreut. Das mag damit zusammen hängen, das Trommeln, so genannte Taiko's, in der japanischen Kultur einen besonderen Stellenwert haben. So wie die Osmanen Marschmusik als Unterstützung der eigenen Armee und zur Zermürbung des Gegners benutzt haben, so wurden im Alten Japan große Trommeln von den Samurai zur psychologischen Kriegsführung verwendet. Diese besondere Art der Trommeln und des Trommelns wurde dem europäischen Publikum durch die bekannte Musik-Gruppe Yamato zu Teil. Aus dieser kulturellen Verwurzelung haben sich in Japan auch die ersten Trommelspiele entwickelt. Die bekanntesten sind das in Japan und USA erschienene "Taiko No Tatsujin" für die PlayStation 2 und "Donkey Konga" für den GameCube. Im Genre der Musikspiele angesiedelt, müssen eine oder mehrere Spieler mit speziellen Eingabegeräten, die einer Trommel nachempfunden sind, im richtigen Takt trommeln, um Punkte zu sammeln. Unschwer erkennen sie hier, dass Titel wie Guitar Hero oder Singstar im Grunde dem selben Spielprinzip unterliegen. Es kommt auf das Taktgefühl an.
Eine ungewöhnliche Ausnahme bei Trommelspielen machte Nintendo mit dem grandiosen und fantasievollen Jump 'n' Run "Donkey Kong Jungle Beat" für den GameCube, in dem der Bongo Controller dazu verwendet wurde, den Affen Donkey Kong mit Trommelbewegungen zum laufen und springen zu bewegen. Das Spiel wurde von uns unter der Adresse: http://spieleratgeber-nrw.de/?siteid=818 getestet. Falls Sie das Spiel noch nicht kennen, versuchen sie es auf dem Gebrauchtmarkt mit den Bongo Controllern zu erwerben, die auch an der Wii angeschlossen werden können. Es lohnt sich! Inzwischen ist zwar eine spezielle Wii Version auf dem Markt, das mit Wiimote und Nunchuck gesteuert wird. Da aber der Titel seinen Charme und den Spaß durch die Bongo-Controller erhielt, achten sie lieber auf die GameCube Fassung.
Nun zu Let's Tap. In einer Sammlung von 5 verschiedenen Minispielen, steuern sie Figuren und Gegenstände mit mal langsamen, mal mit schnellen Trommelbewegungen. Dazu wird die Wiimote auf einen Karton gelegt und der Spieler trommelt mit den Handflächen oder den Fingern auf den Karton. Klingt ungewöhnlich? Ist es auch, besonders weil die Wiimote mit seinem Beschleunigungssensor nur als Medium für die Trommelbewegungen dient. In dem ersten, aber auch zugleich besten Spiel "Trommelrennen" der Sammlung veranstalten sie ein Wettrennen mit bis zu vier Leuten, bei dem eine stilisierte Figur durch ihr Trommeln über ein Parkour ans Ziel gebracht werden muss. Dabei überspringen sie Hindernisse, in dem Sie feste auf den Karton trommeln, oder müssen mal einen Ballon mit schnellen Trommelbewegungen aufpusten, um durch das Platzen des Ballons zur nächsten Ebene geschleudert zu werden. Nach und nach werden die Strecken schwieriger und anspruchsvoller, machen aber jederzeit richtig viel Spaß.
Das nächste Spiel "Immer im Takt" kommt der Grundidee der Trommel- oder Musikspiele schon näher. Rhythmische Trommel-Vorgaben auf dem Bildschirm müssen mit den Fingern so exakt wie möglich nachgetrommelt werden. Das Mini-Spiel "Stabile Böcke" ist eine digitale Jenga-Variante, in der verschieden farbige Blöcke mit leichten Trommelbewegungen aus dem Stapel gedrückt werden. Hier ist Konzentration, Geduld und Timing gefragt. Um eine Art Asteroids, einem bekannten Raumschiff Arcade-Shooter handelt es sich bei dem Minispiel Sphäriker. Mit Fingerbewegungen werden Flugrichtung und Waffen gesteuert, um die Mitspieler abzuschiessen. Das letzte Spiel Ilustrator der Sammlung ist eher eine Sammlung von visuellen Effekten als ein Spiel, die durch Trommelbewegungen aktiviert werden.
Pädagogische Beurteilung:
"Let's Tap" wurde von der Testgruppe (aber auch von mir) anfangs mit einem gewissen Argwohn betrachtet, da niemand so recht wusste, was das für eine Art Spiel ist, das neben dem Spielmedium auch zwei leere Kartons in der so genannten Special Edition mitliefert. Doch als das Spielprinzip verstanden wurde, hat der Titel ungemein viel Spaß in der Gruppe gemacht. Und das ist aber auch die Achillesferse des Spiels: was in der Gruppe Spannung und Spaß bereitet, so ist "Let's Tap" im Einzelspieler-Modus eher ein Langweiler, weil der sportliche Ansporn gegen bis zu vier Mitspieler völlig fehlt. "Let's Tap" ist durch und durch ein Party-Spiel, das seinen Reiz, wie viel andere Spiele des gleichen Genres auch, in der Gruppe im Mit- oder Gegeneinander entfaltet. Besonders das beste und umfangreichste Spiel der Sammlung, das Trommelrennen macht richtig viel Laune, wenn gegen menschliche Mitstreiter getrommelt wird. Wenn die fehlen, gilt es nur emotionslose Computergegner zu besiegen.
Die einzelnen Spiele werden durch leichte und schnelle Trommelbewegungen gesteuert. Die Wiimote wird dazu mit der A-Taste auf einen Karton gelegt. Der in dem Controller eingebaute Beschleunigungssensor überträgt dann die durch Trommelbewegungen erzeugten Vibrationen zur Wii-Konsole, was ziemlich gut funktioniert. Bspw. läuft beim Mini-Spiel "Trommelrennen" die Spielfigur durch leichtes trommeln und springt bei einem festen Trommelschlag. Schnelles trommeln resultiert in einem schnellerem Laufen. Gelegentlich muss auch langsam getrommelt werden, wenn die Spielfigur über ein Seil "gehen" muss. Es bringt übrigens wenig, wie wild und feste zu trommeln, sondern hier ist richtiges Timing gefragt. Nicht nur zeigt das Spiel an, wenn zu feste getrommelt wird, sondern es besteht auch die Gefahr, dass die Wiimote vom Karton fällt, das Spiel dadurch unterbrochen wird und wieder erst startet, wenn alle Wiimotes auf dem Bauch liegen.
Wie schon erwähnt macht das "Trommelrennen" am meisten Spaß und ist auch das umfangreichste Spiel der Sammlung. Leider hat das Spiel einen spielerischen Nachteil: Die Kamera zoomt vom Geschehen heraus, wenn die Abstände zwischen den Spielern zu groß werden, um natürlich alle Figuren im Bildschirm zu lassen. Manchmal kommt es aber vor, dass die Abstände so groß werden und dabei die Spielfiguren so klein werden, dass man nicht genau erkennt, was genau nun gefordert ist. Wir hatten zwar einen Beamer mit einem großen Bild zur Verfügung, aber mit einem kleinen Fernseher dürfte es noch schwieriger sein, bei einem rausgezoomten Bild die Figuren zu erkennen, obwohl über den kleinen Figuren, eine größere Figur "schwebt". Dieser Nachteil ist allerdings auch technisch kaum zu lösen.
Der Schwierigkeitsgrad der 16 Strecken steigt dabei nach und nach an. Später kommen noch Hindernisse wie Stromdrähte und Sprungfedern hinzu, was die Rennen anspruchsvoller, aber auch fordernder macht. Frustpotential kam dabei selten auf und hat die Testgruppe prächtig unterhalten. Das Spiel hat von der USK keine Altersbeschränkung bekommen. Zum Einstieg sollten aber Lesekenntnisse vorhanden sein. Wir haben allerdings die Erfahrung gemacht, dass auch jüngere Kinder es spielen können. Die vierjährige Schwester eines Testers hat ein paar Runden mitgespielt. Nach einer kurzen Erklärung der Steuerung trommelte sie munter mit und hatte sichtlich viel Spaß dabei.
Die ungewöhnliche Steuerung wird beim Start des Spiels grafisch und textuell in einem Tutorial erklärt. Leider hat sich Sega nicht die Mühe gemacht, die Steuerung auch von einem Sprecher vorlesen zu lassen, so dass wieder jemand anwesend sein muss, der lesen kann. Außerdem bezieht sich die Erklärung nur auf die Navigation der Menüs und das Spiel "Trommelrennen". Leider werden die anderen Minispiele nicht erklärt, was anfangs zu einem Trial and Error ausartet, vor allem, wenn man die Spiele Jenga oder Asteroids nicht kennt. Das Handbuch ist dabei auch keine Hilfe, da unverständlicherweise nur der englische Teil der Anleitung mit den Spielen genauer erklärt wird. Die anderen Sprachen beschränken sich nur auf die grundlegende Steuerung. An dieser Stelle merkt man dem Spiel an, dass es für wenig Geld programmiert wurde. Ebenso ist die Spielsammlung auch nicht besonders umfangreich, die Spiele sind relativ schnell durchgespielt und bieten kaum Motivation, sich länger damit zu beschäftigen. "Let's Tap" ist eher kurzes, aber sehr kurzweiliges Spiel für zwischendurch, den Kindergeburtstag oder die Party.
Fazit:
Sega ist es mit "Let's Tap" gelungen, die Steuerung eines Videospiels von dem Eingabegerät zu trennen und ein neues Steuerungskonzept, durch trommeln auf einem Karton, umzusetzen. Die Trommelsteuerung ist schnell erlernt und geht sofort ins Fleisch über, so dass auch jeder ab 8 Jahren mitspielen kann, der sich wenigstens ein bisschen dem Medium Videospiel öffnet. Das Spiel bietet sich praktisch dazu an, von Menschen gespielt zu werden, die eine Scheu gegenüber Controllern haben. Bei jüngeren Kinder sollte jemand dabei sein, der das Spiel erklären kann. Die Minispielsammlung ist ein richtiger Spaßgarant für eine Mehrspielerrunde, genügend Wiimotes vorausgesetzt. Zum spielen alleine ist "Let's Tap" jedoch weniger zu empfehlen.