Populous DS
Spielbeschreibung:
Elf Jahre nach dem dritten und bislang letzten Teil, "Populous – The Beginning", kehrt die berühmte Göttersimulation in ihrer ursprünglichen Form zurück – und zwar auf das portable Nintendo DS. Dabei ist das bahnbrechende Spiel des Stardesigners Peter Molyneux ("Black & White", "Fable") einer ganzen Generation von Spielern vorenthalten geblieben. Während Amiga und Atari User der ersten Stunde bei Erwähnung des Spiels in der Regel feuchte Augen bekommen, hatte unsere Testergruppe (12) noch nie etwas von "Populous" gehört. Eigentlich die besten Vorraussetzungen, um zu überprüfen, ob das Spielprinzip tatsächlich so zeitlos ist, wie immer behauptet wird.
"Am Anfang gab es nichts, als Leere". Mit klassischen Worten führt das Intro per Lauftext in den ewigen Kampf zwischen Göttern und Dämonen ein. Letztere können auf Erden nur Fuß fassen, da sich die göttliche Schöpfung, der Mensch, in Egoismus und Dekadenz verloren hat. So kommt es zu einer erbitterten Auseinandersetzung, bei dem der Mensch letztendlich zum Spielball verkommt und in einem bunten Reigen aus Erdbeben, Stürmen und Flutkatastrophen einer größeren Sache geopfert wird. Der Spieler schlüpft dabei in die Rolle eines Gottes und muss versuchen, möglichst viele Gläubige um sich zu scharen. Nur mit Hilfe der geballten Willenskraft bzw. dem Mana seiner Anhänger kann er die Naturgewalten beeinflussen und das Volk seiner dämonischen Gegner in die Knie zwingen. Doch dazu muss er zunächst einmal Lebensraum schaffen. Mit dem DS-Stylus lassen sich die vorhandenen Gebirgszüge einebnen, so dass auf den freien Flächen kurz darauf Häuser und auf größeren Ebenen sogar Burgen entstehen. Auf diese Weise schafft man sich mit der Zeit ein stattliches Heer, da in "Populous" jeder Bürger auch als Soldat missbraucht werden kann. Diese mehr oder minder schlagkräftige Truppe kann nun in Kombination mit diversen magischen Events auf den Gegner gehetzt werden. Der wiederum ist nicht träge und versucht seinerseits, soviel Land zu besetzen, wie möglich. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis es zum Unvermeidlichen kommt…
Nach diesem Spielprinzip gilt es, im "Herausforderungsmodus" über acht Welten von den Dämonen zu befreien. Im Laufe des Spiels werden dabei die magischen Fähigkeiten ständig ausgebaut. So arbeitet sich der Spieler nicht nur durch die verschiedenen Themengebiete (z.B. Schneelandschaft, altes Japan, Horror, Weltall, etc), sondern kann auch auf ein breit gefächertes, den Elementen zugeordnetes Arsenal von Zaubersprüchen zurückgreifen. Wer die umfangreiche Kampagne beendet hat oder einfach nur mal ein Match für zwischendurch sucht, kann auf den "Freies Spiel" Modus zurückgreifen und in bereits frei geschalteten Welten sein Können erneut unter Beweis stellen. Doch nicht nur Solospieler kommen bei "Populous" zum Zuge. Auch hier zeigt sich die Nintendo Produktschiene von ihrer geselligen Seite: Vorausgesetzt, dass jeder eine Spielkarte besitzt, können bis zu vier menschliche Strategen gegeneinander antreten. Zu guter Letzt gibt es noch das Minispiel "Kriegerjagd". Hier gilt es, auf der Karte versteckte Ziele, wie z.B. die titelgebenden Krieger, ausfindig zu machen. Spielerisch weniger anspruchsvoll lassen sich jedoch auch hier weitere Bonuslevel freischalten.
Pädagogische Beurteilung:
Wie es für ein Strategiespiel üblich ist, beginnt auch "Populous" mit einem ausführlichen Tutorial. Dieses lässt sich nicht überspringen, sondern muss Schritt für Schritt abgearbeitet werden. Zwar ist der Spieleinstieg ohne diese Einführung für jüngere Spieler und Neulinge aufgrund der ungewöhnlichen Spielmechanik kaum möglich. Trotzdem wäre es wünschenswert gewesen, eine Hintertür für erfahrene bzw. ungeduldige Spieler offen zu halten. Zudem ist unseren Testern (12) aufgefallen, dass die Einführungsaufgaben, unnötig in die Länge gezogen wurden. Was man in dem vierstufigen Tutorial kleinschrittigst lernt, hätte auch z.B. per Texteinblendung in den ersten Level integriert werden können. So beginnt das Spiel leider mit einem nicht unerheblichen Motivationsdämpfer.
Ungewöhnliche Steuerung
Im Vergleich zu gewöhnlichen Aufbaustrategiespielen setzt "Populous" auf eine indirekte Steuerung. Das bedeutet, dass der Spieler den einzelnen Figuren keine konkreten Befehle geben kann, sondern versucht, ihr Verhalten über bestimmte Ereignisse oder gruppenrelevante Handlungen (z.B. Definition eines Bet- und Versammlungsortes) zu beeinflussen. Dieses Zusammenspiel von Ursache und Wirkung kann jüngere Spieler überfordern. Da die Figuren in "Populous" oft erst ziemlich spät auf die Aktionen ihres Gottes reagieren, waren sich unsere Tester (12) oft nicht sicher, ob ihr Befehl auch wirklich angekommen ist oder ob es sich um einen Fehler im Spiel handelt. Das führte oft zu Frustration und Unverständnis.
Übersichtsprobleme trotz Dual Screen
Ein weiteres Problem des Spiels stellte die Übersicht dar. "Populous" bespielt natürlich beide Schirme des Nintendo DS. Doch während der obere Bildschirm die Spielwelt darstellt, zeigt der untere eine exakte Replik, allerdings nur als abstraktes Drahtgittermodell. Doch gerade dort muss der Spieler alle relevanten Befehle und Aktionen auslösen. In der Praxis bedeutet das, dass der Spieler die meiste Zeit mit einer sehr spartanischen Spielgrafik konfrontiert wird, die weit hinter den Möglichkeiten des Nintendo DS zurückbleibt. "Ich würde lieber oben spielen", so der Kommentar eines unserer Tester. Zudem wird aufgrund der Doppelung des Spielbildschirms wertvoller Platz verschenkt. Der Bildausschnitt, auf dem der Spieler navigieren muss, ist extrem klein. Aus diesem Grund ist die Nutzung der Übersichtskarte unvermeidlich. Doch diese ist leider auch so winzig geraten, dass unsere Tester sich vehement über die "Fummeligkeit" der Stylussteuerung beschwerten.
Faszination der Götterwelt
Nach einer gewissen Eingewöhnungsphase hatte sich die Gruppe schließlich mit den Eigenheiten von "Populous" arrangiert. Und dann war zu beobachten, wie viel Spaß es machen konnte, Gott zu spielen. Besonders die Veränderung der Landschaft schien sie zu faszinieren. Binnen Sekunden wurde ein Gebirge in eine Seenplatte verwandelt und umgekehrt. Als dann nach einiger Zeit die ersten Schlösser standen, das Mana in Strömen floss und der erste Erdkrieger in die Schlacht ziehen konnte, war die Begeisterung groß. War das Spielprinzip von "Populous" tatsächlich so genial und zeitlos, dass es unsere Tester über die schwache Grafik, den verrauschten Ton und die Steuerungsprobleme dieser Umsetzung für Nintendos Handheldkonsole hinwegtrösten konnte?
Wenig Abwechslung
Nach den ersten versöhnlichen Leveln, machte sich jedoch Ernüchterung breit. Die verschiedenen Magieklassen und die bunten Spielwelten, konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Spielablauf stets der gleiche blieb. Bauen, Mana sammeln, angreifen. "Das sind überhaupt keine richtigen Missionen", beschwerte sich der Strategiespielexperte unserer Gruppe. Die Kritik ist verständlich, da die Spieler aus ähnlichen Spielen für das DS wie z.B. "Age of Empires: Age of Kings" eindeutig mehr Abwechslung gewöhnt sind. Gestufte Aufträge oder wechselnde Missionsziele sucht man bei "Populous" vergeblich. Hinzu kommt, dass die Hintergrundgeschichte aus dem Intro im Spielverlauf nicht mehr aufgegriffen wird, so dass auch auf erzählerischer Ebene keine motivationsfördernde Spannung erzeugt werden kann.
Digitale Geschichtsstunde
Strategiespielen mit historischem oder – wie im Falle von "Populous" – mythologischem Hintergrund, gelingt es nicht selten, ihre Spieler für das behandelte Themengebiet zu interessieren. Manchmal ist es reines Interesse, zuweilen auch die Ambition, durch Recherche bessere Ergebnisse im Spiel zu erzielen. Auch das Populous-Universum hätte dafür Raum geboten. Im zweiten Teil aus dem Jahre 1991 "Populous II – Trials of the Olympian Gods" wurde zum Beispiel die griechische Mythologie thematisiert. Im vorliegenden Spiel griffen die Entwickler allerdings auf eine selbst erfundene und vergleichsweise oberflächliche Götterwelt zurück. In dieser Hinsicht enttäuscht "Populous", da es für die Kinder keine direkten Anknüpfungspunkte für eine Beschäftigung mit dem Thema bietet. Dabei waren gerade in der Altersklasse unserer Gruppe sowohl Grundkenntnisse, als auch ein gesteigertes Interesse zu beobachten. Als eine Göttersimulation angekündigt wurde, kam es sofort zu Spekulationen, ob man denn vielleicht "Zeus" oder "Herkules" steuern dürfte.
Spielen mit Köpfchen
Aus pädagogischer Sicht muss man "Populous" zu Gute halten, dass es als Strategiespiel natürlich eine willkommene Abwechslung zu den vorherrschenden Action- und Geschicklichkeitsspielen ist, die gerade bei den männlichen Spielern dieser Altersklasse (12-14) vorrangig gespielt werden. In kaum einem anderen Genre werden vorausschauendes Planen und das Entwickeln von einfachen Strategien so unterhaltsam geübt, wie hier. Außerdem kam es oft zu Situationen, in denen ein erfahrener Spieler den Neuling in die Spielregeln und bereits bewährte Schachzüge einweisen konnte. Der Erfahrungsaustausch und das Kommunizieren von abstrakten Sachverhalten geschehen hier im Vergleich zu ähnlichen Schulsituationen vollkommen zwang- und mühelos. Doch leider kann "Populous" sein Potential nicht ausschöpfen. Aufgrund der mangelnden Abwechslung und der problematischen Motivationskurve wollte sich unsere Gruppe nach einiger Zeit nicht mehr mit dem Spielsystem auseinander setzen.
Fazit:
"Populous" ist ein Strategiespielklassiker, der allerdings in seiner Version für das Nintendo DS unter erheblichen Problemen zu kämpfen hat. Grafik, Sound und Steuerung sind unterdurchschnittlich. Hinzu kommt, dass der abwechslungsarme Missionsaufbau und die fehlende Geschichte eine Langzeitmotivation nahezu unmöglich machen. Aufgrund des durch spielerische Mängel relativ hohen Anspruchs ist "Populous" nur für geduldige Spieler ab 12 Jahren und unverbesserliche Amiga-Nostalgiker zu empfehlen.