Killzone 3

Genre
Shooter
USK
keine Jugendfreigabe (?)
Pädagogisch
ab 18 Jahre
Vertrieb
Sony
Erscheinungsjahr
2011.02
Systeme
Playstation 3
System im Test
Playstation 3
Homepage des Spiels
Hinweis(e)
Move-Steuerung wir unterstützt
Kurzbewertung
Technisch beeindruckender, aber sehr militaristischer Ego-Shooter
Autor
Kadir Yilanci
Einzeltest
Screenshot 2Screenshot 3Screenshot 4

Spielbeschreibung:
Die Killzone-Reihe startete auf der Playstation 2 im Jahre 2004 und beschreibt den fiktiven Krieg zwischen der ISA, einer intergalaktischen Föderation und den Helghast, einer menschlichen Spezies, die sich genetisch verändert haben. Im nun 3. Teil werden die kriegerischen Ereignisse weitererzählt, nachdem die ISA den Heimatplaneten der Helghast fast erobert hatten.

Pädagogische Beurteilung:
Das globalisierte Videospiel
Beim ersten Start von „Killzone 3“ hat der Spieler die Möglichkeit die Sprache des Spiels festzulegen. Auf den ersten Blick nichts außergewöhnliches, aber erstaunlicherweise werden den Spielern eine große Auswahl geboten. Neben den Weltsprachen Englisch, Spanisch, Französisch kann bspw. Niederländisch, Türkisch oder Japanisch ausgewählt werden. Sogar ist es möglich Spanisch und Portugiesisch in den südamerikanischen Varianten zu nehmen. „Nun ja“ werden sich viele Fragen, auf der Blu-Ray Disc ist halt eine Menge Platz, warum sollten Spielefirmen, die ohnehin produzierten Sprachen und Untertitel, nicht auf das Medium pressen. In letzter Zeit wurden jedoch bei zahlreichen Toptiteln wie „Uncharted 2“ (Test von Uncharted 2) oder „Call of Duty: Black Ops“ (Test von Call of Duty: Black Ops) versucht, durch das Vorenthalten von Sprachen, die Konsumenten zum Kauf des Spiels in ihrem Heimatmarkt zu bewegen. Es hat sich nämlich herumgesprochen, dass in England, aufgrund des Wechselkurses, neue Konsolen-Spiele schon ab 40 Euro zu bekommen sind. Bei der UK-Version von „Uncharted 2“ fehlten bspw. die deutschen Sprachdateien. Daher ist das Vorgehen bei „Killzone 3“, das übrigens in den Niederlanden von Guerilla Games entwickelt wurde, als sehr vorbildlich einzustufen, zumal es unüblich ist, die Sprachen von kleineren Märkten zu berücksichtigen.

Hier geht ordentlich die Luzi ab!
„Killzone 3“ hat zu Recht eine Altersfreigabe „ab 18 Jahren“ von der USK bekommen. Auch aus pädagogischer Perspektive ist die Freigabe mehr als gerechtfertigt, da zahlreiche kritische Spielinhalte geboten werden. Zunächst ist der überbordende und unreflektierte Militarismus zu nennen, der im nächsten Absatz noch ausführlicher behandelt wird. Die dargestellte Gewalt ist natürlich für Jugendliche oder gar Kinder denkbar ungeeignet. Zwar gibt es keine Splattereffekte wie bspw. in „Resistance 3“, aber Treffer werden explizit blutig visualisiert, Gegner fallen realistisch und unterschiedlich um. Daneben sind die sogenannten Instant-Kill-Animationen sehr drastisch dargestellt. In einem Nahkampf hat der Spieler die Möglichkeit mit der L1 Taste sein Messer zu zücken und dem Gegner, je nach Situation, bspw. von Hinten den Hals durchzuschneiden oder gar schlimmeres. Aus spielerischer oder genreüblicher Seite ist eine Nahkampfwaffe bei Shootern zwar Usus, allerdings ist die explizite Darstellung der Tötungsanimationen völlig überflüssig, da sie nicht in das Gesamtbild passt. Hier müssen sich die Entwickler von Guerilla Games den Vorwurf gefallen lassen, mit den Gewaltspitzen Quote machen zu wollen.

Das Spiel ist zudem (zu) rasant inszeniert, ruhige Momente sind höchstens in den Zwischensequenzen vorhanden. Ständig wird der Spieler nach vorne gepeitscht und ist einer hohen Anspannung ausgesetzt, die erst Erwachsene verarbeiten können und sollten. Selbst eine kurze Erholung nach dem Ableben der virtuellen Figur gönnt „Killzone 3“ einem nur selten. Denn falls die Figur stirbt, kann es passieren, dass ein computergesteuerter Mitstreiter einen mit einer Art Defibrillator wieder für den Kampf fit macht. Durch diese Spielmechanik verkommt das Spiel leider zu einer wüsten Ballerei. Die Level sind wieder einmal schlauchartig gestaltet, alternative Wege oder Handlungsmuster finden sich nicht und so kommt trotz Anspannung kaum Spannung oder gar Suspense in „Killzone 3“ auf. Die Hintergrundgeschichte bietet leider auch wenig dramaturgische Elemente, um den Spieler zu fesseln und kann getrost ignoriert werden.

Das Hauptaugenmerk haben die Entwickler auf brachiale Action in der Todeszone gelegt. Die Sonne verblasst in den Rauchwolken, durch die Luft flimmern Aschepartikel, die Kampfgebiete sind apokalyptisch zerstört und verströmen eine unangenehme Atmosphäre. Explosionen und Maschinengewehrgeratter überall, zwischendurch werden Befehle in Form von Funksprüchen erteilt, die aber meistens unter dem Kriegslärm untergehen (Tipp: Untertitel einschalten). Besonders die Soundkulisse ist bedrückend stimmungsvoll, denn als Spieler hat man oft das Gefühl, dass die Hölle um einen herum einbricht. All das ist technisch hervorragend umgesetzt, aber das Ensemble aus rasanter Action, zerstörter Welt und donnernder Soundkulisse dürfte sogar manchen erfahrenen erwachsenen Videospieler aufgrund der vielfältigen und intensiven Sinneswahrnehmungen überfordern. Für Kinder und Jugendliche ist das Geschehen völlig ungeeignet.

Weltraum-Nazis?
Obwohl „Killzone 3“ ein Science-Fiction-Setting hat, sind die Bezüge zum Nationalsozialismus des Deutschen Reiches von 1933 bis 1945 und teilweise zum Deutschen Kaiserreich überdeutlich. Wenn es keine Raumkreuzer oder Kampfroboter geben würde, könnte das Spiel fast als 2. Weltkriegs-Shooter durchgehen, zumal praktisch nur mit Projektil-Waffen virtuell geschossen wird. Trotz High-Tech wie interstellarer Raumflug, stehen den Kriegsparteien modernere Strahlenwaffen seltsamerweise kaum zu Verfügung. So kann das Spiel auch nicht den Eindruck eines entfernten fiktionalen Krieges aufbauen, das zu dem Gezeigten mehr Distanz aufbauen könnte.

Die Nähe zu den Weltkriegen und Nazi-Deutschland wird insbesondere durch die Zeichnung der feindlichen Helghast deutlich. Deren Gesellschaftsform ist eine Diktatur, eine militärische zudem. Ihr Führer schwingt demagogisch-patriotische Reden an Soldaten, die in Reih und Glied stehen. Das ruft Erinnerungen an die Reichsparteitage der Nazis wach, die von Leni Riefenstahl filmisch in „Triumph des Willens“ (1934) festgehalten wurde. Eine symbolische Identifikationsform der Diktatur in Form eines umgedrehten Peace-Zeichens dient den Helghast als Hakenkreuz. Die feindlichen Soldaten tragen wehrmachtsähnliche Uniforme mit Stahlhelm und Gasmaske. Und ein blonder Bösewicht, der den Namen Jorhan Stahl trägt, darf bei dieser Analogie natürlich nicht fehlen!

Nun ähnliche Referenzen sind auch in vielen Filmen von „Star Wars“ (1977) bis hin zu „Starship Troopers“ (1997) vorhanden. Während aber bspw. „Starship Troopers“ eine Satire auf Diktaturen und Militarismus ist, finden sich hinterfragende kritische Töne überhaupt nicht in dem Spiel. So ist bei genauer Betrachtung „Killzone 3“ sogar pathos-triefender und militaristischer, als so mancher aktueller Kriegsshooter und ist daher nur für ein differenzier-fähiges Erwachsenenpublikum geeignet. In diesem Zusammenhang lohnt sich übrigens ein Blick in dem von Spiegel-Online veröffentlichten Artikel zum Thema Militarismus in Videospielen. (Stand: 16. 11. 2011). Grundannahme des Artikels: Shooter verwenden ein alternatives Setting nur als Vorwand, um nicht schon wieder vergangene Weltkriege benutzen zu müssen.

Aber nicht nur die Feinde sind eindimensional gezeichnet. Die angeblichen Helden stehen dem nicht nach und sind muskelbepackte Männer, die nur für Gehorsam und Pflichterfüllung stehen. Es sind Kerle aus Stahl, mit harten Gesichtszügen und testosteron-getränkten, brunftigen Stimmen. Auch hier wieder fehlen völlig kritische oder gar satirische Anspielungen. Die völlig überzogene Darstellung von Freund und Feind, die hanebüchene Geschichte und die Nähe zum Militär ist leider ernst gemeint und lässt wenig Raum für andere Interpretationsmöglichkeiten. Dabei hätte dem Spiel eine multidimensionale Darstellung der Charaktere sowie eine halbwegs gut erzählte Hintergrundgeschichte richtig gut getan. So ist „Killzone 3“ zwar ein rasant inszenierter, aber auch belangloser Shooter geworden, der inhaltlich nicht über C-Movie-Niveau kommt.

Mit Gamepad, Move- Steuerung oder mit dem Gewehraufsatz
Bei der Steuerung von „Killzone 3“ sind die Entwickler einen anderen und nicht einfach zu lernenden Weg gegangen, das aber damit zusammenhängt, dass man als Spieler die Standardsteuerung vieler Shooter inzwischen verinnerlicht hat. Die Figur und die Waffen werden natürlich mit beiden Analogsticks gesteuert. Mit R1 wird geschossen und mit R2 werden Handgranaten geworfen. Soweit so üblich. Die linken Schultertasten sind allerdings anders belegt. Mit der L1-Taste werden die erwähnten Instant-Kills ausgeführt, mit L2 kann der Spieler in Deckung gehen, wenn er vor einer Wand oder Mauer steht. So ist es möglich, aus der Deckung heraus zu schiessen. Gewöhnlich ist es aber so, dass mit der L1 Taste die Waffe angelegt und mit R1 geschossen wird. Das Anlegen der Waffe wird bei „Killzone 3“ mit der R3, als durch drücken des rechten Analogsticks aktiviert. Es hat sehr lange gedauert, bis das gewohnte Steuerungs-Muster abgelegt werden konnte. Ungeduldige Naturen sollten die Steuerung umstellen.

Neben dem Pad stehen dem Spiel noch zwei alternative Steuerungsmöglichkeiten zur Verfügung. Mit der neuen Move-Steuerung, vergleichbar zu der Gestensteuerung der Nintendo Wii, bewegt der Spieler die Waffe und schießt, indem er mit dem Move-Motion-Controller auf dem Bildschirm zielt. Die Bewegung der Figur erfolgt über den Move-Navigations-Controller oder weniger zu empfehlen, über den linken Analog-Stick des Standard-Pads. Die Move-Steuerung funktioniert sehr gut, allerdings ist es auf Dauer anstrengend und ermüdend, den Arm immer hochzuhalten.

Aus pädagogischer Sicht ist diese Art der Steuerung zudem kritisch zu sehen. Schon seit den Anfängen des Videospiels gab es sogenannte Light-Gun-Shooter, teilweise sogar mit realistischem Rückschlag einer Kunstoffwaffe, mit der auf den Bildschirm virtuell geschossen wurde. Seltsamerweise war dieses Genre kaum Gegenstand einer Untersuchung oder Teil der Gewaltdebatte, obwohl dessen Steuerung dem realistischen Schiessen am nächsten kam, als mit Maus oder Joypad. Das mag vermutlich daran liegen, das Light-Gun-Shooter, im Gegensatz zu First-Person-Shooter, nur ein Nischengenre sind und daher wenig Öffentlichkeit erzeugt haben. Eventuell könnte aber durch die Move-Steuerung, besonders in Kombination mit dem Gewehraufsatz „Sharp Shooter“ (http://www.netzwelt.de/news/85038-sharp-shooter-schiesswuetiges-zubehoer-playstation-move.html, Stand 31. 11.2011) eine neue Diskussion ausgelöst werden. Wie auf dem Bild zu erkennen ist, werden beide Move-Controller in den Sharp-Shooter eingerastet. Der Spieler steuert die Figur und schiesst dann nicht nur mit dem gewehrähnlichen Aufsatz, es können je nach Spiel zudem zusätzliche Bewegungen ausgeführt werden. Beispielsweise wird der Nahkampf ausgelöst, indem das Gewehr nach vorne gestossen wird, oder es wird nachgeladen, in dem, wie bei einem echten Gewehr, auf den Magazinschacht gedrückt wird. Eine abschließende Bewertung dieser 3. Steuerungsvariante ist schwierig und es wäre voreilig schon jetzt von einem Schiesssimulator zu sprechen, aber es ist durchaus möglich, dass die für männliche Jugendliche ohnehin reizvollen First-Person-Shooter, durch den Aufsatz zusätzlich fasziniert sind.

Fazit:
Auf der technischen Seite brennt „Killzone 3“ ein wahres, wenn auch ein recht kurzes Feuerwerk ab. Nach der Hauptkampagne können sich Spieler auf dem umfangreichen Multiplayer austoben.
Leider haben die Entwickler fast ausschließlich nur die technische Seite des Spiels im Fokus gehabt. Auf der inhaltlichen Ebene ist „Killzone 3“ alles andere als fantasievoll und liefert dem Publikum eine völlig überzeichnete Geschichte voller stereotyper Helden und Gegner, die den Militarismus huldigt. Wenn „Killzone 3“ ein Film wäre, könnte man den Ratschlag geben, sein Gehirn an der Kinokasse abzugeben. Sobald man nämlich über das Gezeigte nachdenkt, ärgert man sich, dass das Spiel auf der dramaturgischen Seite so vernachlässigt wurde.