Global Conflicts - Palestine

Genre
Adventure
USK
ab 12 Jahre (?)
Pädagogisch
ab 12 Jahre
Vertrieb
dtp Entertainment
Erscheinungsjahr
2007.10
Systeme
PC
System im Test
PC
Kurzbewertung
Ein interessantes Spiel, jedoch nur für politisch Interessierte
Gruppenleiter
Marco Fileccia
Elsa-Brändström-Gymnasium Oberhausen
Screenshot 2Screenshot 3Screenshot 4

Spielbeschreibung:
Als Reporter in Jerusalem, inmitten des Nahostkonflikts und ständig in Gefahr für die Interessen der einen oder der anderen Seite missbraucht zu werden, keine unabhängigen Quellen zur Verfügung und misstrauische Gesprächspartner – das erscheint nicht unbedingt als ein Traum für Nachwuchsjournalisten. Aber vielleicht reizt sie ja auch gerade diese Herausforderung? Denn in diese Rolle schlüpft die Spielerin / der Spieler in "Global Conflicts – Palestine" des dänischen Spieleentwicklers "Serious Games Interactive" aus Kopenhagen, erschienen im Oktober 2007. 
Immerhin darf die Spielerin / der Spieler sich zu Beginn ein wenig parteiisch zeigen und aus einer von drei Zeitungen wählen, für die man arbeitet. Eine israelische, "Israeli Post", eine palästinensische, "Palestine Today" oder eine neutrale, "Global News" genannt. Und auch seiner Herkunft kann man eine Schlagseite geben und aus zwei Rollen wählen, einer amerikanisch-israelischen Journalistin namens Hannah Weissmann oder die des amerikanisch-palästinensischen Journalisten Diwan Massoud.
In einer kniffligen und teilweise etwas langatmigen Suche nach Informationen wird die Spielfigur durch Szenarien im Krisengebiet geführt und besucht Informanten und Schauplätze in Jerusalem, die anschaulich, aber leider etwas leblos als 3-D-Umgebung dargestellt wird. Oder der Spieler wird Augenzeuge von Überfällen, die laut Entwickler alle auf tatsächlichen Ereignissen beruhen sollen. Dabei führt die Journalistin / der Journalist in fünf Missionen Gespräche und sammelt Notizen, Fotos oder Zitate, die später in eine eigene Zeitungsmeldung eingebaut werden können. Die Dialoge sind sehr textlastig und werden nicht gesprochen. Und es kann passieren, dass sich ein Gesprächspartner bei einer heiklen Frage plötzlich bockig zeigt oder zunächst Vertrauensbeweise geliefert werden müssen. Klar, dass man als Diwan Massoud weniger Zugang zu Israelis hat und als Hannah Weissman sich die Palästinenser wenig offen zeigen. Spieletesterin Hanna (15) dazu: "Dabei muss man darauf achten, dass man sich als Journalist nicht zu sehr auf die Seite der Palästinenser oder der Israelis stellt, sondern neutral bleibt, damit man auch von beiden Seiten Informationen bekommt".
Nach eigenen Aussagen haben die Spieleentwickler fünf Jahre Fakten über den Nahostkonflikt gesammelt und in der Tat sind die Haltungen der Protagonisten erstaunlich differenziert, z.B. bezeichnet bezeichnet ein Palästinenser die Selbstmordattentate als feigen Mord.

Pädagogische Beurteilung:
Global Conflicts – Palestine hebt sich wohltuend von anderen Spielen ab, in denen allzuoft die Story vernachlässigt wird, zugunsten von grafischen Effekten. Und die Spieleentwickler aus dem fernen Dänemark erlagen auch nicht der Versuchung Partei zu ergreifen (erinnert sei an "Under Ash" oder "Special Force", Shootern aus Sicht der Palästinenser) oder eine Gutmensch-Position des "Alle-sollten-sich-liebhaben" (wie im Spiel "Peacemaker") einzunehmen, sondern zeigten die Fakten des Konflikts, in dem es schon lange keine Sieger mehr geben kann. So ist das Ziel des Spiels auch nicht zu gewinnen, sondern Erkenntnisse zu sammeln. Dies in bester journalistischer Manier, sehr mühselig, von Interessengruppen gefärbt, inmitten von Not und Elend. Bis dahin gebührt den Dänen ein wirklich großes Lob für ihren Mut und für ihre Idee, das Spiel so realistisch mit den "echten" Akteuren Israelis und Palästinenser zu schaffen.
Wobei wir von der Spielidee zur Umsetzung kommen. Das Intro des Spiels ist wenig aufschlussreich. Dort wird nur das Szenario und die Person dargestellt, die Spielsteuerung muss der Spieler sich selbst aneignen. Verschiedene Schwierigkeitsgrade lassen sich nicht einstellen, doch alle Tester waren der Meinung, dass das Spiel nicht sehr kompliziert zu bedienen ist. Es wird nur mit der Maus gespielt, wodurch sich die Bewegung der Figur etwas schwieriger gestaltet.
Das Spiel ist eher ernst und düster aufgebaut und wahrscheinlich realistisch, denkt man an den realen Hintergrund eines jahrzehntelangen Krieges. Somit ist die Stimmung sehr passend, gibt es doch auch ein wenig die Seelenlage in diesem Land wieder. Zerstörte Häuser, trostlose Straßen, Armut allerorten. Dies alles wird in ordentlicher Grafikqualität dargestellt, dabei jedoch trotz Verwendung einer modernen Grafikengine nicht gerade im Spitzenbereich des heute Machbaren.
Die Handlung wird schnell eintönig (die Figur bewegen auf der Suche nach Informationen, nach Gesprächspartnern, lange Dialoge als Texte) und wiederholt sich permanent, wodurch das Spiel nach Aussage der Jugendlichen im Test schnell langweilig wird . Der Spielinhalt wird gut wieder gegeben, ohne viele "Schnörkel". Um dieses Spiel zu spielen wird vor allem etwas vorausschauendes Denken und Ausdauer benötigt, denn man muss auf der einen Seite überlegen, welche Fragen einem Gegenüber verärgern könnten und auf der anderen Seite auch hartnäckig nachfragen können.
Leider ist es nicht möglich ist, inmitten des Spiels zu speichern und auch die Möglichkeiten sich Notizen zu machen ist auf 15 beschränkt, reichlich wenig für einen guten Artikel zu so einem komplexen Thema. Man kann lernen, wie unterschiedlich einzelne Menschen reagieren und somit "vielleicht auch ein wenig lernen mit Höflichkeitsformen umzugehen", sagte Hanna. Durch dieses Spiel kann man durchaus einen ersten Einblick in die politischen Hintergründe der Kriege im Nahen Osten gewinnen und natürlich die Gefahren kennen lernen, die solche Situationen mit sich bringen.
Am Ende einer Mission steht die fertige Zeitung, die zuvor aus Bausteinen der eigenen Notizen sehr einfach wie ein Puzzle zusammengesetzt werden kann. Niemand muss in dem Spiel einen Zeitungsartikel tatsächlich schreiben.
Das Spiel kann nur alleine gespielt werden. Und es ist ein sehr politisches Spiel und eigentlich nur für politisch-Interessierte reizvoll. Diese aber erhalten ein differenziertes Bild und können sich im Perspektivwechsel üben. Es ist sowohl für Jungen als auch für Mädchen geeignet, vielleicht ab 12 Jahren oder ein wenig älter, da es mit diesem Alter erst möglich ist die Hintergründe zu verstehen. 
Ein kleiner Service für die Politik-Lehrerinnen und –Lehrer aus NRW. Mit diesem Spiel könnten, sinnvoll in den Unterricht integriert, folgende Kompetenzen des neuen Kernlehrplans angestoßen werden (ab 12 Jahre, d.h. ab Klasse 8):

  • Sachkompetenz, Inhaltsfeld Internationale Politik im Zeitalter der Globalisierung: Die Schülerinnen und Schüler erläutern am Beispiel eines Konfliktes die Grundlagen der Friedens- und Sicherheitspolitik.
  • Methodenkompetenz, die Schülerinnen und Schüler nutzen verschiedene Visualisierungs- und Präsentationstechniken - auch unter Zuhilfenahme neuer Medien – sinnvoll.
  • Urteilskompetenz, die Schülerinnen und Schüler formulieren angemessene und konstruktive Kritik sowie Alternativen, zeigen multiperspektivische Zugänge auf und entwickeln für überschaubare und begrenzte Problemkonstellationen und Konflikte Lösungsoptionen.
  • Handlungskompetenz, die Schülerinnen und Schüler erkennen andere Positionen, die mit ihrer eigenen oder einer angenommenen Position konkurrieren, und bilden diese - ggf. probeweise - ab (Perspektivwechsel).

Für das Zentralabitur in Sozialwissenschaften sei auf das Thema "Globale politische Strukturen und Prozesse: Ziele und Aufgaben internationaler Politik: Menschenrechte, Friedenssicherung, Demokratiesicherung, Bedeutung der UNO" hingewiesen.
Zum Schluss noch der Hinweis für den schulischen Einsatz: Das Spiel kostet 10 Euro.

Fazit:
Im besten Sinne ist dieses Spiel ein "Serious Game" und für den politisch interessierten Lehrer ist es ein wenig enttäuschend, dass die Jugendlichen das Spiel als schnell langweilig empfanden. Denn es bietet optisch aufbereitet einen schönen Einblick in einen Konflikt, den wir Europäer trotz unser über tausendjährigen blutigen Geschichte von Kriegen nicht mehr wirklich in allen Details verstehen können. Auch die Idee eines eigentlich neutralen Journalisten, der aber dann doch nicht ganz neutral sein kann oder darf (mit seiner Herkunft, mit seinem Arbeitgeber), ist stimmig und reizvoll. Aber das ist eine Erwachsenenperspektive. Die Spieletesterinnen und –tester konnten Global Conflicts – Palestine wenig abgewinnen und empfanden die vielen Texte, die Spielsteuerung und auch das Spielziel (ohne eigentlichen Sieger) als wenig interessant.

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Spieletester
Elsa-Brändström-Gymnasium Oberhausen
Oberhausen
Bewertung Spielspass