Galactic Assault - Prisoner of Power
Spielbeschreibung:
Es gab eine Zeit in der Kindheit der heutigen Vätergeneration da blühte eine Literaturform auf, deren spielerische Umsetzung noch heute fasziniert: Es war die große Zeit der Science-Fiction-Romane. Und neben vielen amerikanischen und übrigens auch deutschen Autoren gab es eine starke Gruppe damals sowjetischer Autoren, die tolle Geschichten rund um Raumfahrt, fremde Welten und unbekannte Galaxien erzählen konnten. Zu diesen Autoren gehörten die Brüder Arkadi und Boris Strugazki, die 1969 den Roman "Die bewohnte Insel" (russisch Обитаемый остров) veröffentlichten. Dieser Roman bildet die Rahmenhandlung des Spiels "Galactic Assault - Prisoner of Power", das wiederum als die Einzelspiel-Version des Spiels "Massive Assault" bezeichnet werden könnte.
Der Spieler übernimmt die Rolle des Romanheldens Maxim Kammerer, der (wie im Roman) auf einem fremden Planeten abstürzt und sich plötzlich inmitten eines Endzeitkrieges einer zerstörten Umwelt wiederfindet. Der Planet heißt Saraksh und die Anspielungen auf die Erde, die man Ende der 60er-Jahre vor einem Atomkrieg sah, sind unübersehbar.
Der Held schließt sich zunächst der "Legion" an, wechselt dann aber als Regimegegner auf die Seite der Guten und kämpft weiterhin als General in diesem Krieg. Damit enden aber auch die Gemeinsamkeiten mit dem Buch, denn der Held Maxim ist danach nur einer von vielen Spielfiguren, dessen Charakter und Vorgeschichte keine Rolle mehr spielt.
"Galactic Assault - Prisoner of Power" ist ein rundenbasiertes Strategiespiel, das bedeutet, dass der Spieler Zeit für taktische Entscheidungen hat, anders als bei einem Echtzeit-Strategiespiel, bei dem die Handlung weiterläuft, während der Spieler agiert und nicht nach durch Runden gestoppt wird. Diese Zeit ermöglicht wie bei einem Schachspiel (auch hier sind Parallelen erlaubt, Schach hat in Russland eine lange Tradition), dass man die Entscheidungen in Ruhe fällen kann, was auch die Spieletesterin Swenty (14) als sehr angenehm empfand: "Keine Hektik in dem Spiel, ich konnte in Ruhe entscheiden, genau planen."
Das Szenario ist (wie übrigens auch beim Schach) ein kriegerisches. Im Spiel soll der Feind in wenigen Zügen vernichtet werden, dazu muss man Stellungen oder die Basis erobern. Jeder Zug besteht aus einer Kampf- und einer Nachschubphase, die Reaktion des Gegners erfolgt sofort nach dem eigenen Feuern, das Spiel ist also sehr dynamisch. Wie bei einem Spielbrett ist das Szenario in Felder (Sechsecke) unterteilt, die bestimmtes Gelände simulieren, die Vor- oder Nachteile für Soldaten bieten und natürlich kommt eine Kanone langsamer voran als ein leichtes Fahrzeug, die Zerstörungskraft ist aber unweit größer.
Pädagogische Beurteilung:
Spielbar sind vier Völker (Land der Vorväter, Khonties, Südbarbaren und Inselreich), die sich aber, so die Meinung der Spieletestergruppe, zu sehr ähneln, um echte Strategie-Unterschiede möglich zu machen. Das Spiel lässt drei Schwierigkeitsstufen zu, so dass sowohl Anfänger als auch Veteranen des galaktischen Krieges spielen können. Zu Beginn sind die Missionen mit den Gefechten recht harmlos und gut zu meistern, steigern sich aber schnell. So muss der Spieler spätestens ab der fünften Mission genau überlegen, wie er vorgehen möchte, um die befestigten Anlagen des Gegners zu überwinden. Die über fünfzig Waffen sind zeitlich nicht zuzuordnen (irgendwas zwischen Zweitem Weltkrieg und 2150), aber so manches Mal erschrickt der Spieler über "Hypno-Transmitter" oder "Bergadler-Bomber", aber ein Blick in das Buch von Strugazki & Strugazki klärt auf, dass es sich um Erfindungen von ihnen handelt.
Die verschiedenen Szenarien / Kriegsparteien können schnell ausprobiert werden (außerhalb des "Feldzugs") und die von Spielern "Deathmatches" genannten Spiele (wo so lange gespielt wird, bis es einen eindeutigen Sieger gibt) sind für den einzelnen Spieler ("Singleplayer") konzipiert. Wie auch insgesamt das Spiel zwar Multiplayer-Optionen besitzt, aber von der Konzeption – anders als Massive Assault – für die einsamen Stunden am Computer gedacht ist. Die Gegner werden vom Computer gesteuert und sind sehr anspruchsvoll programmiert und keinesfalls leicht zu besiegen. "Mitunter", so der Spieletester Till (15), "hat man den Eindruck gegen einen Menschen zu kämpfen, so verbissen und hartnäckig kämpft die KI" (KI = Künstliche Intelligenz). In "Kampagnen" muss man bekanntermaßen bestimmte Ziel erreichen.
Darin liegt eine der Stärken und die Motivation zum Spiel: Es gibt einen sanften Einstieg zum Lernen, doch schnell stellt das Spiel hohe Anforderungen an Taktik und Überblick, die aber zu meistern sind und einen Spielerfolg versprechen. Und dies alles auch für langsamere Lerner, deren Stärken in tiefem Durchdenken von Situationen liegen und nicht in spontaner Reaktion.
Wie sorglos Spielehersteller mit dem Begriff "Moral" umgehen, zeigt sich in der Wertung der Truppen, die eine Anzeige für "Moral" haben, womit die "Kampfmoral" o.ä. gemeint ist. Ist sie im grünen Bereich, sind sie gut, bei gelb oder gar rot sind sie eine leichte Beute. Selbstredend können die Einheiten in einer Station ihre "Moral" wieder verbessern, um erneut in das Spielgeschehen eingreifen zu können.
Oben steht, dass der Roman nur die Rahmenhandlung bietet. Und so ist auch in der Optik des Spiels wenig von dem verstrahlten Planeten in Schutt und Asche sichtbar, wenig von den deformierten Mutanten. Dem Spiel fehlt es an der einnehmenden und warnenden Trostlosigkeit und ist in dieser Hinsicht eher harmlos, wenn auch so manche Effekte, wie zum Beispiel Explosionen, sehr filmisch inszeniert erscheinen. Die aufgedruckte Werbung auf der Spielhülle aber schießt weit über das Ziel hinaus, indem sie verkündet: "In dieser schicksalhaften Auseinandersetzung steht die Existenz der gesamten Rasse im Land der Väter auf dem Spiel." (Quelle: "Produktbeschreibung des Herstellers" auf http://www.amazon.de/Galactic-Assault-Prisoner-of-Power/dp/B000VF2ZPW).
Fazit:
"Galactic Assault" ist eine echte Alternative für Freunde der gepflegten Strategie, die aber auf die Dynamik eines Echtzeit-Strategiespiels nicht gänzlich verzichten wollen. Der Spieler kann in aller Ruhe taktische Entscheidungen treffen, trotzdem gibt es nach Abschluss dieser Phase eine unmittelbare Reaktion. Das Szenario ist trotz des militaristischen Hintergrunds im Grunde harmlos, so auch die Grafikdarstellungen, bedenkt man, dass es sich nur um Pixel auf einem Monitor handelt und nicht um echte Waffen.
Warum immer wieder Kriege, Waffen und Sterben als Grundlage für Taktikspiele dienen müssen, bleibt dem verantwortlichen Leiter der Spieletestergruppe wie immer ein Rätsel, die Jugendlichen empfanden hier anders und sahen nur ein interessantes Strategiespiel, bei dem es eben Waffen gibt, nicht mehr.