Full Throttle Remastered

Genre
Adventure
USK
ab 16 Jahre (?)
Pädagogisch
ab 16 Jahre
Vertrieb
Double Fine Productions
Erscheinungsjahr
2017.04
Systeme
PC, Playstation 4, Playstation Vita
System im Test
PC
Homepage des Spiels
Kurzbewertung
Unterhaltsames Biker-Abenteuer mit spielerischem Frustpotenzial
Zusatzinformationen ausklappen
Interessant für
Adventure-erfahrene Spieler_innen, Fans des Originals
Sprache
amüsant geschriebene Spieltexte
Grafik
detailliert gezeichneter Comic-Look
Sound
Hardrock-Soundtrack; gute deutsche Vertonung; sehr gute englische Sprachausgabe

Steuerung
einfach
komplex
Anforderungen
einfach
schwer
Zeitaufwand
gering
hoch
Spielwelt
linear
offen

Indentifikationsfiguren
Biker Ben und seine Verbündete Maureen
Mehrspielermodus
nicht vorhanden
Spielforderungen
Spielemechanik erfordert Geduld, Action-Einlagen können Frust auslösen
Zusatzkosten
nicht vorhanden
Problematische Aspekte
gelegentliche Gewaltszenen
Autor
Ingmar Böke
Einzeltest
Screenshot 2Screenshot 3Screenshot 4

Spielbeschreibung:
Das Adventure Full Throttle von Star-Entwickler Tim Schafer wurde von Lucas Arts im Jahr 1995 veröffentlicht. Nach Neuveröffentlichungen der Lucas-Arts-Adventures Day of the Tentacle und Grim Fandango hat Schafers heutiges Studio Double Fine nun auch Full Throttle überarbeitet und neuveröffentlicht. Ähnlich wie die Mad-Max-Filme spielt der Titel in einer kargen Wüstenlandschaft, in der verschiedene Bikergangs miteinander konkurrieren. Hauptfigur ist Ben, der die Motorradgang "The Polecats" anführt und unter seiner rauen Schale einen weichen Kern verbirgt. Als die Polecats vom bösartigen Großindustriellen Ripburger in einen Komplott hineingezogen werden, liegt es an Ben, Ripburger in seine Schranken zu weisen. Unterstützung bekommt er dabei von der ebenso taffen wie cleveren Maureen.
In klassischer Point-and-Click-Manier müssen Rätsel gelöst werden, um die Handlung voranzutreiben. Hinzu kommen gelegentliche Action-Einlagen sowie vereinzelte Multiple-Choice-Dialoge. Wurde das Originalspiel noch mit dem bekannten Pixellook veröffentlicht, verfügt Full Throttle Remastered über komplett überarbeitete Grafiken. Diese sind detailreich gezeichnet und erinnern an einen interaktiven Comic. Mit circa fünf bis sieben Stunden Spielzeit fällt der Titel nicht sonderlich lang aus. Genreüblich wird den Spieler_innen Geduld abverlangt, um im Spiel voranzukommen.

Pädagogische Beurteilung:
Frustreduktion
Per Maus oder Controller wird Ben durch die zweidimensionale Umgebung dirigiert. Wird der Cursor über ein Objekt bewegt, das eine Interaktion erlaubt, verändert sich das Aussehen des Cursors. Mit einem Klick kann nun ein Interaktionsmenü geöffnet werden, mit dem Gegenstände betrachtet, manipuliert und aufgenommen werden können. Eine weitere Taste offenbart das Inventar. Inventargegenstände müssen an richtiger Stelle mit der Spielumgebung benutzt werden, um Hindernisse zu überwinden und eine gewünschte Reaktion in der Spielwelt auszulösen. Möchte Ben beispielsweise ein Objekt in der Spielwelt öffnen, könnte es sich anbieten, dieses mit der Brechstange aus dem Inventar zu kombinieren. Anders als in früheren Lucas-Arts-Adventures müssen Objekte nicht innerhalb des Inventars kombiniert werden und die Menge an Inventargegenständen bleibt stets überschaubar. Dieser Umstand macht sich auch insofern bemerkbar, dass einzelne Rätsel für gewöhnlich schnell gelöst sind.
Unnötig kompliziert wird Full Throttle Remastered durch sogenanntes Pixelhunting. Selbst wenn in etwa klar ist, wie ein Umgebungsrätsel zu lösen sein könnte, lassen sich manche Objekte schwer entdecken. Dieser Umstand kann dazu führen, dass der Cursor immer wieder haargenau über die Hintergründe bewegt werden muss, um relevante Objekte auszumachen. Glücklicherweise bietet sich in der Neuauflage die Möglichkeit, mit Betätigung einer Tastaturkombination, oder eines bestimmten Controllerbuttons, Interaktionsobjekte kurzzeitig farblich hervorzuheben. Spieler_innen, die den Komfort aktueller Adventures gewohnt sind, sollten diese Hilfe in Anspruch nehmen. So lässt sich unnötiger Frust vermeiden.

Im Kontext der Zeit
Dass es sich hierbei um die Neuauflage eines alten Spiels handelt, macht sich auch in anderer Hinsicht bemerkbar. So kann zu jedem Zeitpunkt zwischen der Grafik der Original-Version und der 2017er-Variante gewechselt werden. Nach heutigen Verhältnissen wirkt die 95er-Urversion wie ein einziger Pixelbrei. Der immense Kontrast zur aktuellen Grafik verdeutlicht aber auch, wieviel Aufwand in die 2017er-Optik gesteckt wurde. Leider ebenso suboptimal wie damals fällt die Steuerung der Action-Szenen aus. In einem Abschnitt des Spiels gilt es mehrfach Motorradkämpfe mit rivalisierenden Bikern auszutragen. Teilweise lassen Bens Gegner Objekte fallen, die für den Spielfortschritt benötigt werden. Leider erfordert die hakelige Bedienung zunächst einiges an Frusttoleranz.
Nicht wirklich besser ist die Steuerung in anderen Action-Einlagen, zum Beispiel einem „Car-Crash-Turnier". Hier sitzen Spieler_innen in einem Wagen und müssen aus der Vogelperspektive gegnerische Autos demolieren. Interessant an derlei Action-Einlagen ist, dass es sich letztlich fast immer um eine etwas andere Form von Rätsel handelt. So gilt es meistens zu verstehen, warum eine bestimmte Vorgehensweise benötigt wird, um ein gewisses Ziel zu erreichen. Sobald das jeweilige System durchschaut ist, fallen die Steuerungsmankos deutlich weniger ins Gewicht. Versagen Spieler_innen in einer zeitkritischen Sequenz, kann diese umgehend wiederholt werden.

Starke Vertonung
Der Soundtrack der Hardrockband "The Gone Jackals" fügt sich nahtlos in das humoristisch überzogene Bikerszenario ein. Die Vertonung der deutschen Version ist weitestgehend gut gelungen, als besonders stark erweist sich jedoch die englische Sprachausgabe. In dieser kommt unter anderem Mark Hamill, Darsteller von Luke Skywalker in Star Wars, als Bösewicht Ripburger zum Einsatz. Da keine komplizierte Sprache verwendet wird, sollte gutes Schulenglisch ausreichen, um den gelungenen Texten zu folgen. Schimpfwörter stellen eher die Ausnahme als die Regel dar.

Raue Sitten
Maureen und Ben leben in einer Welt, in der sich nur diejenigen behaupten, die über Durchsetzungskraft verfügen – eine Eigenschaft, die beide Charaktere teilen. Auch wenn eine raue Welt abgebildet und vereinzelt auch mal ein nachdenklicher Moment eingeschoben wird, verdeutlicht der Humor schnell, dass Full Throttle Remastered nie übermäßig ernstnimmt. Dennoch ist das Spiel nicht frei von Gewaltszenen. So ist etwa in einer Szene zu beobachten, wie einer Nebenfigur der Kopf eingeschlagen wird und der Charakter in einer Blutlache liegend stirbt. Darüber hinaus kommen diverse Figuren durch Fahrzeugexplosionen ums Leben. Waffen sind in der Spielwelt ein probates Mittel zur Durchsetzung der eigenen Absichten. Der Titel besitzt eine USK 16-Freigabe und ist somit nicht für jüngere Spieler_innen geeignet.

Fazit:
Das Adventure bietet trockenen Witz, eine recht unterhaltsame Geschichte und ein überspitztes Szenario. Durch gelegentliche Gewaltszenen ist das Spiel jedoch nicht für Spieler_innen unter 16 Jahren geeignet. Die grafische Generalüberholung ist Tim Schafers Adventure-Klassiker gut bekommen. Dank neuer Hilfefunktion können Interaktionsobjekte nun direkt als solche identifiziert werden, wodurch unnötiger Frust vermieden wird. Andere Design-Schwächen des Originals wurden eins zu eins in die Gegenwart transportiert. Adventure-Erfahrene finden in Full Throttle Remastered ein kurzweiliges Spiel. Genre-Einsteiger_innen oder Spieler_innen, die sich an den Komfort aktueller Titel gewöhnt haben, sind mit moderneren Titeln besser beraten.