Crysis
Beschreibung des Spiels:
Du bist Jake Dunn, Codename Nomad und bist Mitglied einer amerikanischen Delta Force Spezialeinheit. Du sitzt in einem Militärtransporter auf dem Flug zu einer Insel im Pazifik um herauszufinden, welche mysteriösen Ereignisse dazu geführt haben, dass das nordkoreanische Militär diese Insel von der Außenwelt abriegelt und der Kontakt zu einer internationalen Forschungsstation abgebrochen ist. So kommt "Crysis" in einem atmosphärisch dichten Intro ohne Umwege zur Sache und entlässt den Spieler in den optisch beeindruckendsten Ego-Shooter der PC-Games Geschichte.
Nomad springt über der Insel ab und muss sich nach einer rauen Wasserlandung auf unbekanntem nächtlichem Terrain zurechtfinden. Hierbei hat er stets Funkkontakt mit der Leitstelle auf einem nahegelegenen amerikanischen Flugzeugträger und erhält ebenfalls Einsatzbefehle von seinem Gruppenanführer namens Prophet. Schnell lernt Nomad die Funktionen seines Kampfanzugs kennen, ein auf Nanotechnologie basierendens Exoskelett, das den Soldaten wahlweise schneller, stärker, geschützter und sogar unsichtbar macht. Neben den modifizierbaren Waffen, ist das eine Innovation, die im späteren Spielverlauf viele Möglichkeiten bietetund dadurch Spielverlauf eine individuelle Ausrichtung verleiht.
Der Gegner zeigt sich vielgesichtig. Es müssen nicht nur Heerscharen von nordkoreanischen Soldaten überwunden, sondern im Verlauf des Spiels auch feindselige Gebiete und Witterungsbedingungen überlebt werden. Am Ende des Spiels sieht sich der Spieler zusätzlich einer ausserirdischen Bedrohung gegenüber und muss eine Invasion von Aliens abwehren. Aber eins nach dem anderen:
Nachdem Nomad am nächtlichen Strand auf die ersten Nordkoreaner getroffen ist, führt der Weg landeinwärts in den Dschungel. Hier trifft er zwei seiner Teamkollegen, von denen einer auf schreckliche Weise ums Leben gekommen ist. Spätestens jetzt wird klar, dass außer Kim Jong-Ils Truppen noch eine zweite, unheimlichere Bedrohung auf dem Eiland ihr Unwesen treibt.
Im Anschluss an dieses Ereignis erhält Nomad über Funk einen von noch vielen verschiedenen Aufträgen. Eine jederzeit aufrufbare Missionsliste und eine Karte mit Zielmarkierungen helfen bei der Orientierung auf den riesigen Karten.
Im Licht der aufgehenden Sonne (denn in "Crysis" gibt es einen realistischen Tageszeitenwechsel) schlägt sich Nomad zu Fuß und/oder mit gekaperten Fahrzeugen entlang der Küste zum nächsten Teamtreffpunkt durch. Soldaten, die sich dem Spieler in den Weg stellen, müssen in der Regel getötet werden. Es gibt aber auch die Möglichkeit, die Gegner zu umgehen und auf diese Weise einem Gefecht aus dem Weg zu gehen.
Spätestens hier offenbart sich eine der Stärken des Spiels: Die weitläufige Begehbarkeit des Terrains und die damit einhergehenden multiplen Möglichkeiten ans Ziel zu kommen, sind beeindruckend. Im weiteren Verlauf der Handlung gilt es so z. B. eine Geisel zu befreien, nordkoreanische Panzer zu zerstören, Luftabwehrgeschütze zu sabotieren oder eine Ausgrabungsstätte zu infiltrieren. Nach einer Panzerschlacht wird der Spieler in ein riesiges tagebauartiges Camp der Nordkoreaner am Fuße eines monumentalen Felsens geleitet. Im Verlaufe der Kampfhandlungen und gewaltigen, von Steinschlägen begleiteten Eruptionen offenbaren sich die wahre Natur des Felsens und der Grund, warum die Koreaner diesen Berg für sich wollten. Er verbirgt ein gigantisches, uraltes ausserirdisches Artefakt, welches aber jetzt zu neuem Leben erwacht ist und zur Bedrohung für beide Fraktionen wird.
Der Spieler dringt in den Berg ein, findet sich plötzlich schwerelos im Inneren des Artefakts wieder und stößt auf die Außerirdischen und ihre biomechanischen Maschinen. Unter größter Not findet sich in letzter Sekunde ein Ausgang. Draußen, an der plötzlich vereisten Flanke des Berges muss der Spieler feststellen, dass die Aliens eine gewaltige Kältesphäre erschaffen haben, die sich ausdehnt und die ganze Insel einfrieren droht. Dank des Kampfanzuges schafft es Normad, dem Eisglobus und den unzähligen ausschwärmenden Aliens zu entkommen – vorerst...
"Crysis" könnte man auf den ersten Blick für die Fortsetzung des 2004 erschienenen "Far Cry" halten. Denn wieder ist die deutsche Firma "Crytek" für die Spielentwicklung verantwortlich und wieder läuft man in der Ego-Perpektive einen Grossteil der Spielzeit durch einen fast fotorealistisch gestalteten Dschungel, um gegen diverse menschliche und nichtmenschliche Gegner zu kämpfen. Doch die Inhaber von "Crytek", die türkischstämmigen Yerli Brüder, haben mit "Crysis" nicht nur den Publisher gewechselt, sie haben durch einige kleine und einige wesentliche Änderungen einen neuen Titel geschaffen, der die Messlatte im Genre der Ego-Shooter ein weiteres Mal anhebt.
So nutzt "Crysis" die neue, eigens entwickelte Game-Engine (der programmierte Kern eines Videospiels) names "Cry Engine 2". Zahlreiche hochmoderne Grafikeffekte, eine verbesserte Mimik und Animation der Spielfiguren und nicht zuletzt die Verbesserung der Spielphysik fast komplett bewegliche und zerstörbare Umgebung schaffen ein nie dagewesenes Maß an Realismus und Atmosphäre in einem Computerspiel.
Allerdings verhindert der gewaltige Hardwarehunger des Spiels, dass der durchschnittliche PC-Gamer in den vollen Genuss der visuellen Pracht von "Crysis" kommt. Für einen Ausblick auf die volle Pixelpracht sollte man schon einen Quadcore Prozessor, eine Grafikkarte aus dem oberen Preissegment, 4 GB RAM und Windows Vista installiert haben. Selbst unter diesen Voraussetzungen geht der Rechner an einigen Stellen vor "Crysis" in die Knie.
Auf einen zweiten Blick wirkt die Geschichte des Spiels etwas flach, was in erster Linie an den für Ego-Shooter typisch archetypisch gehaltenen Charakteren liegt. Dabei hat "Crysis" mit seinen gelungenen Zwischensequenzen durchaus cineastische Qualitäten.
Pädagogische Beurteilung:
Von Rainer Laws
"Crysis" ist ein Erwachsenenspiel und darf in Deutschland nicht an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren verkauft werden – und das mit gutem Grund. Hier muss der Spieler, wenn auch nur virtuell, Menschen und Wesen töten um an das Ziel des Spiels zu gelangen. Dass diese Menschen nordkoreanische Soldaten sind, die in Ausübung ihres Dienstes fallen, mildert diese Tatsache nicht im Geringsten. Denn im Gegensatz zu den unzähligen Zweiter-Weltkrieg-Shootern, die ja mehr oder weniger auf Tatsachen beruhen bzw. historische Ereignisse wiederaufleben lassen, gab es bisher noch keinen Krieg zwischen den USA und Nordkorea. Die seit Jahren anhaltenden Spannungen zwischen den beiden Staaten lassen die Kriegshandlungen im Spiel vielleicht ein wenig glaubwürdiger, aber keinesfalls besonders taktvoll erscheinen. Man fragt sich unwillkürlich, ob es nicht auch einen nordkoreanischen Markt für PC-Spiele gibt und wie dieser wohl auf "Crysis" reagieren wird.
"Crysis" möchte wie ein Actionfilm im Kino unterhalten, was z. T. sehr gewollt wirkt. Insbesondere männliche Jugendliche werden von der opulenten und realistischen Aufmachung angesprochen fühlen und sich für diesen actiongeladenen Titel interessieren. Aber genau diese Zielgruppe muss auf eben jenes verzichten, denn "Crysis" hat keine Jugendfreigabe durch die USK erhalten und ist dementsprechend erst ab 18 Jahren zu erwerben. Gerade Spiele wie Crysis werden von Jugendlichen gerne illegal aus dem Internet herunter geladen oder als Raubkopie getauscht. Eltern sollten darauf achten, dass ihre Kinder auch über diesen Weg nicht an Inhalte wie Crysis gelangen, die nicht für ihr Alter geeignet sind.
Auf der positiven Seite ist zu vermerken, dass es einen alternativen Feuermodus gibt, in dem Betäubungspfeile verschossen werden. Es ist also kein Muss, Gegner im Spiel zu töten. Man kann zudem über weite Stellen des Spiels entweder mit Fahrzeugen an überraschten Gegnern vorbeirauschen oder sich im Tarnmodus durchs Terrain schleichen, ohne dabei auch nur einen Schuss abzufeuern. Vom militaristischen Überbau von "Crysis" mal ganz abgesehen, gibt es aber auch einige "Flaschenhals-Situationen", wo man um den gewaltvollen Waffengang nicht herumkommt und keine Wahl hat, Gewalt anzuwenden oder nicht..
Der Spiegel konnte in einem Pre-Release Artikel so gar nicht nachvollziehen, warum Cevat Yerli, der Kreative unter den Crytek Inhabern, so enthusiastisch von der detaillierten Imitation der Realität in "Crysis" schwärmte, zumal das Spiel diese ausschließlich dazu zu nutzen scheint, Menschen physikalisch korrekt auf die verschiedensten Arten zu töten. Die Spielwelt ist äußerst faszinierend, dient jedoch lediglich als Verpackung für die ego-shooter typischen Inhalte. Ob ein gewaltfreies Spiel mit dieser faszinierenden Spielwelt sich ebenso gut verkaufen würde, kann leider nicht beantwortet werden.
Fazit:
"Crysis" ist ein optisch und akustisch richtungsweisend gestalteter Ego-Shooter, der im Genre als neue Referenz zu sehen ist. Wer in Zukunft ein neues Spiel entwickeln will, täte aber gut daran, die technische Umsetzung um eine interessantere Story und differenzierte Charaktere zu bereichern.
In "Crysis" geht es nur um eines, wie es der Klappentext schon sagt: "Anpassen, Kämpfen, Überleben" Wegen des politisch und moralisch völlig unreflektierten Einsatzes von Gewalt und dem militaristischen Grundtenor des Spiels erhielt "Crysis" keine Jugendfreigabe und darf Jugendlichen und Kindern in Deutschland weder verkauft noch zugängig gemacht werden. Das es sich hierbei um ein reines Erwachsenenspiel handelt ist unbedingt ernst zu nehmen, denn kein bis dato dagewesenes Spiel bietet eine realistischere Darstellung von Gewalt.