Call of Duty: Modern Warfare 3


Spielbeschreibung:
Mit den letzten drei "Call of Duty" Spielen hat Publisher Activison einen Goldesel erschaffen. Der letzte indirekte Teil "Call of Duty: Black Ops" (Test von Call of Duty: Black Ops) ging weg wie warme Semmeln und verkaufte sich innerhalb von 24 Stunden über fünf Millionen mal. Der aktuelle Teil „Modern Warfare 3" konnte diese unglaubliche Menge sogar noch toppen. Ist das Spiel nun aber so grundlegend anders als seine Vorgänger und hat Activision wieder mit Tabubrüchen von sich reden gemacht?
Pädagogische Beurteilung:
Was bisher geschah
Aus dem Kalten Krieg wurde doch ein heißer. Russland greift die amerikanische Ostküste an, weil angeblich die Amerikaner hinter einem verübten Massaker auf dem Moskauer Flughafen stecken. Zumindest konnte einer der Attentäter als amerikanischer Soldat identifiziert werden. Hinter all dem steckte jedoch der ausgeklügelte Plan des russischen Ultranationalisten Makarov. Von all dem wissen nur die Protagonisten Soap Mactavish und Cpt. Price, ehemalige Mitglieder des SAS (Special Air Service) im Dienste ihrer Majestät. Der begonnene Krieg geht derweil weiter und sie als Spieler schlüpfen in verschiedene Rollen und kämpfen an mehreren Fronten, um Makarov das Handwerk zu legen. Das alles klingt reichlich spannend, vorausgesetzt man lässt sich als Spieler darauf ein und verzeiht großzügig etliche Logiklöcher und erwartet keine allzu ausgeklügelten Storywendungen wie bspw. im indirekten Vorgänger „Black Ops".
Kalkulierte Massaker?
Der dritte Teil schließt sich unmittelbar an die Ereignisse von „Modern Warfare 2" (Test von Modern Warfare 2) an, der 2009 vor allem durch die drastische Flughafenszene Schlagzeilen machte. In den internationalen Fassungen war es nämlich möglich, sich virtuell an einem Attentat gegen Zivilisten zu beteiligen. Vier sich maschinenhaft bewegende Terroristen (inklusive des Spielers) schossen wahllos auf Besucher des Moskauer Flughafens und veranstalteten ein Massaker, dass vielen Spielern zu weit ging und in Foren Anlass zu kontroversen Diskussionen wurde. Kenner vermuteten hinter dieser Szene eine reine PR-Aktion, um mit Tabubrüchen Quote zu machen. In der Fortsetzung gibt es ähnliche Sequenzen, die aber durch die Beobachterperspektive anders wirken: der Spieler sieht aus den Augen des Vaters ein Autobombenanschlag, bei der seine Frau und Tochter stirbt, oder man wird Zeuge von Gräueltaten an Zivilisten. Das erzeugt beim Spielen zurecht ein unangenehmes Gefühl und bewirkt vielleicht, dass man das Gesehene als Reflexionsfläche benutzt und über die Natur eines echten Krieges nachzudenken. Weitere kriegskritische und hinterfragende Komponenten hat „Modern Warfare 3" leider nicht zu bieten und ist wieder nur ein durchgestyltes Action-Kriegsabenteuer.
Der Sechs-Stunden-Krieg
Trotz des gezeigten 3. Weltkrieges, mit Häuserkampf, Luftangriffen, Drohnen sowie dem Einsatz von Giftgas, ist „Modern Warfare 3" weit davon entfernt eine Kriegssimulation zu sein. Dafür ist die gezeigte Kriegs-Action, die über die halbe Welt verteilt ist, über alle Maßen übertrieben. Da liefern sich eine U-Bahn und ein Geländewagen eine Verfolgungsjagd durch den Londoner Untergrund, eine Spezialeinheit rast zwischen explodierenden Kriegsschiffen auf einem Boot, nachdem sie ein in der Hudson Bay vor New York liegendes russisches U-Boot gekapert haben, dass nun auf die eigenen Schiffe Raketen abfeuert. Oder russische Ultranationalisten versuchen den eigenen Präsidenten zu entführen und sie als sein Leibwächter müssen sich eine wilde Schiesserei mit den Entführern in der abstürzenden Präsidentenmaschine liefern, inklusive Parabelflug.
All das ist professionell und rasant inszeniert und wird gerne mit den Bombast-Actionfilmen von Michael Bay wie „The Rock" (1996) oder Armageddon (1998) verglichen. Aber genau genommen ist ein Vergleich mit der Echtzeit-Serie „24" (Wikipedia Artikel von 24, Stand: 21. 11. 2011), wo stündlich ein Highlight dem anderen folgt, passender. Zum Glück wurde an vielen Stellen das Tempo aus dem Spiel genommen. In einigen Schleichmissionen, besonders die in Prag angesiedelte, müssen Spieler einige Gänge runter schalten, was das Spiel viel spannender macht. Noch spannender wäre es, wenn die Gegner intelligenter agieren würden. So tauchen sie nach dem eigenen Ableben leider immer an den selben Stellen auf.
Die gezeigte Gewalt hält sich im Rahmen. Es gibt keine unnötigen Gewaltspitzen wie noch in der internationalen Version von „Black Ops". In einigen Szenen muss sogar darauf geachtet werden keine Zivilisten zu treffen, dennoch ist das Spiel aufgrund seiner Rasanz und seiner Thematik nur für ein erwachsenes Publikum bestimmt, das die Ereignisse als fiktive Unterhaltung einordnen kann. Ergänzend erwähnt sei die Tatsache, dass trotz der kriegerischen Handlungen auf Pathos weitgehend verzichtet wurde.
Kurzer Singleplayer, langer Multiplayerspaß
Die Einzelspieler Kampagne ist schnell vorbei, aber die meisten Gamer kaufen und spielen „Modern Warfare 3" vor allem wegen dem Multiplayer. Im geteilten Bildschirm können offline bis zu vier Spieler gegeneinander spielen, vorausgesetzt man nennt einen großen Fernseher oder einen Beamer sein Eigen. Schon im direkten Vorgänger sorgten die sogenannten SpecOps-Missionen für langen Spaß in der Spielergemeinde. Zu zweit am geteilten Bildschirm oder über das Internet müssen sie 20 spannende Missionen bewältigen. Bspw. muss ein Schießstand-Parcour schnell durchlaufen werden, sie müssen dem Mitspieler Feuerschutz geben oder besonders spannend, Spieler können die erwähnte Flugzeugentführung von Seiten der Terroristen spielen. Bei diesen Spielmodus ist eine erfolgreiche Zusammenarbeit nur mit Absprache des Mitspielers möglich. Daher ist diese Variante sehr kommunikativ.
Auch im gewöhnlichen Multiplayer sind sinnvolle Änderungen eingebaut worden. Neben den üblichen Spielvarianten Team Deathmatch, Ground Control (Kontrollpunkte besetzen), Capture the Flag (Fahne des Gegners in die Heimatbasis bringen) bringt vor allem der neue Modus Kill Confirmed eine neue und spannende Varianz. Nach einem Abschuss hinterlässt der Spieler seine Hundemarke, die es aufzusammeln gilt. Erst dann bekommt der Spieler und die Mannschaft einen Punkt. Das erzeugt eine zusätzliche Spannungskomponente. So wird zudem verhindert, dass sich Spieler ganz auf das Campen verlassen. Zur Info: Gamer, die nur aus dem Hinterhalt mit dem Scharfschützengewehr agieren werden verächtlich Camper genannt. Erwähnenswert und vorbildlich ist noch, dass das Onlinespiel mit einem Freund im geteilten Bildschirm gespielt werden kann.
Social-Shooter-Network
Um die prallen Kassen noch mehr zu füllen verkauft Activision alle paar Monate Kartenerweiterungen für teures Geld. Für „Black Ops" wurden nach eigenen Angaben 20 Millionen Kartenpakete zu je 15 Euro verkauft. Im neuen Teil können die kommenden Kartenpakete alle heruntergeladen werden, wenn Spieler gegen eine Gebühr von 50 Dollar im Jahr das integrierte Social-Shooter-Network 'Call of Duty Elite' auf den Premium Service erweitert. Hinter dieser neuartigen Komponente stecken neben umfangreichen Analyse- und Informationstools zum eigenen Spiel, die Möglichkeit Clans oder Gruppen zu bilden und zu verwalten. Gamer können an Turnieren teilnehmen, die prämiert werden und natürlich ist es möglich, sich mit anderen Spielern in einem Diskussionsforum auszutauschen. All das kennen viele schon aus Facebook, neu ist allerdings, dass ein Spiel diese Möglichkeiten integriert. Noch ist es zu früh, um sich ein genaues Urteil darüber zu bilden. Die zusätzlichen Karten dürften für Vielspieler interessant sein, aber ob der Rest einen wirklichen Mehrwert bietet? Hoffentlich verwandelt sich 'Call of Duty Elite' nicht zu einer Datensammellkrake, wie Facebook.
Fazit:
Spielerisch hat sich der abschließende Teil von „Modern Warfare 3" wenig verändert und setzt auf bewerte Shooterkost, der zwar Spaß macht, im Grunde genommen aber nur ein Aufguss des 2. Teils ist. Natürlich ist diese Art von Spiel nur für ein erwachsenes Publikum bestimmt.
Die Entwickler sollten mehr Energie in ausgeklügelte Geschichten und in vielschichtigere Charaktere, Freund oder Feind gleichermaßen, investieren, die auch mal ihre Taten kritisch hinterfragen und so der Eindimensionalität der kriegerischen Geschehnisse mehr Kritik verleihen. Ob sich aber bei diesen Verkaufszahlen etwas ändern wird, ist eher zu bezweifeln.