Call of Duty: Finest Hour
Beschreibung des Spiels:
Im Jahre 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, steigt der Spieler auf Seiten der Aliierten in das Geschehen ein. Die Ost- und Westfront sowie Nordafrika sind die Hauptspielorte. Die jeweiligen Untermissionen führen zum Beispiel nach Stalingrad, in die Normandie oder nach Deutschland. Die Helden der einzelnen Episoden variieren. In der jeweiligen Introanimation wird der Spielcharakter entwickelt. Illustriert durch Schnappschüsse aus dem Familienalbum und Animationen erfährt der Spieler etwas über das Privatleben, Heldentaten und die Motive der Spielfigur, dem Krieg beizutreten. In einem kommentierten kurzen Videoclip im Stil der "Wochenschau" werden grob politische und strategische Hintergründe der anstehenden Schlacht präsentiert. Ein kurzes Briefing informiert über das Spielziel der ersten Mission, dann kann sich der Spieler mit seiner Figur ins Geschehen stürzen.
Ziel ist es, strategisch bedeutsame Ziele zu erobern, Personen sicher durch Gefahrenzonen zu leiten, Transportwege zu sabotieren oder für den Ausgang der Schlacht bedeutsame Gerätschaften rechtzeitig an den richtigen Ort zu bringen. Natürlich ist dies nicht im Sinne der gegnerischen deutschen Soldaten, und so gilt es auf dem Weg dahin, diese mittels Waffengewalt zu eliminieren, bevor die Spielfigur selbst verwundet oder getötet wird.
Unterwegs findet man Waffen, Munition und Medipaks, zum Teil als Hinterlassenschaft getöteter Gegner, zum Teil versteckt in der Spiellandschaft.
Es gibt eine Vielzahl von Waffenarten, die über unterschiedliche Eigenschaften verfügen. Diese entsprechen den historischen Vorbildern und werden im Handbuch zum Spiel mit ihren Wirkungsmöglichkeiten ausführlich vorgestellt. Der Spieler muss diese Eigenschaften kennen, um sie taktisch zu seinem Vorteil nutzen zu können. So kann er u. a. lernen, dass z. B. eine Ladehemmung durch heißlaufende Bauteile in einer entscheidenden Kampfphase zum eigenen Nachteil geraten kann; dass ein Zielfernrohr bei weit entfernten Zielen sich als hilfreicher erweist, als im Nahkampf; dass ein Maschinengewehr, welches durch eine zusätzliche Bodenstütze genauer gehandhabt werden kann, im Kampf gegen eine große Gegnerschar eher von Vorteil ist; dass eine Granate, die nicht weit genug geworfen wird, die eigene Mannschaft in Lebensgefahr bringt oder dass eine Panzerfaust zwar eine mächtige Wirkung hat, aber recht schwer zu handhaben ist und eine lange Nachladezeit benötigt. Diese Kenntnisse sind umso wichtiger, je höher der Schwierigkeitsgrad ist, den der Spieler zu Beginn des Spiels auswählt. Mit dem Schwierigkeitsgrad steigt die Treffergenauigkeit der Gegner und damit die Anforderung an Reaktionsschnelligkeit, Präzision und das taktische Kalkül des Spielers. Um Gelegenheit zum Verschnaufen und Beobachten der Umgebung zu haben, kann die Spielfigur hinter Mauern, Trümmern oder in Bodendellen Deckung suchen. Da sollte man allerdings nicht zu lange verweilen, denn der Gegner schläft nicht. An vorgegebenen Stellen im Spiel ist es zusätzlich möglich Panzer zu besteigen und mit diesen die militärischen Auseinandersetzungen fortzuführen.
Pädagogische Beurteilung:
"Einfach losballern ist nicht." Schon im einfachen Schwierigkeitsgrad ist das Spiel nicht einfach zu meistern. Wer sich nicht schnell einen Überblick über die Spiellandschaft, die Stellung und das Vorgehen der gegnerischen Figuren und die in die Kampfhandlungen verstrickten Waffen verschafft, hat kaum eine Chance. Eine zentrale Faszinationskraft der "Call of Duty"-Reihe ist neben den kniffligen strategischen Herausforderungen die von den Fans als realistisch geschätzte Simulation der Waffen und ihrer Wirkung. Dazu zählt weniger die Trefferdarstellung, als das physikalische Verhalten der Körper getroffener Gegner. Einschüsse werden durch eine kurze Rotfärbung symbolisiert, der Getroffene zuckt unter der Wirkung der Kugeln zusammen. Schreie und Sterbelaute untermalen das Geschehen. Gerät die eigene Spielfigur unter Beschuss, werden die Flugbahn der Kugel und die Richtung, aus der der Angriff erfolgt, eingeblendet. Dies simuliert eine Ebene der Wahrnehmung, die vor dem Bildschirm sonst nicht möglich wäre. Der Einsatz einer Granate in unmittelbarer Umgebung führt zu kurzzeitiger Beeinträchtigung des Seh- und Hörvermögens. Die Geräuschkulisse aus Todesschreien, Befehlen und Waffengeräuschen erzeugt eine dichte Atmosphäre beständiger Bedrohung. Hinter Trümmern, in Häusern oder im Schatten, überall kann der Feind lauern. Eine plötzlich geworfene Granate oder ein blendender Sonnenstrahl können die Spielfigur in eine ausweglose Situation bringen.
Die Tatsache, dass der Spieler das Geschehen genretypisch aus der Ego-Perspektive verfolgt, ist ein wesentlicher Bestandteil der dichten Spielatmosphäre. Der primäre Reiz des Spieles ist die Balance zwischen ruhiger Überlegung und schnellem Handeln. Wer "cool" bleibt und schneller handelt, ist siegreich im Spiel. Der "realistisch" erscheinende sterbende Gegner ist die Inszenierung der Handlungsmacht des Spielers und deshalb für männliche Spieler besonders faszinierend. In einer Galerie können diese Inszenierungen nach dem Freispielen zusätzlich separat betrachtet werden. Neben der Inszenierung von omnipotenten Machtgefühlen wird den Spielern auf eine makabre Art und Weise eine Ästhetisierung von Gewalt- und Tötungshandlungen präsentiert, von der anzunehmen ist, dass sie in ihrer Wirkung besonders jugendliche Spieler negativ beeinträchtigen kann.
Der militärisch ausgerichtete Ego-Shooter "Call of Duty" steht in der Tradition der Abenteuerkriegsromane und beansprucht dementsprechend auch keine Dokumentation historischer Ereignisse und Fakten. Das 2. Weltkrieg-Szenario bietet lediglich die Folie, vor der diese Inszenierung stattfindet. Die Spieler nehmen diese als stimmungsvolles, ausschmückendes "Beiwerk" und nicht als historischen Fakt wahr. Das Spiel bedient sie vielmehr in ihrem Interesse, sich in kriegsähnlichen Szenarien mannhaft zu bewähren. Die Frage um Sieg oder Niederlage wird vornehmlich von der Überlegenheit der eingesetzten Waffen und dem "persönlichen" Einsatz beantwortet. Im Handbuch werden dementsprechend ausführlich die Eigenheiten und Vorteile der einzelnen Waffen in einer Art "Werkzeugkunde" für das Kriegshandwerk beschrieben.
Fazit:
Ob ein solches Spielprinzip und derartige Inszenierungen und Ausmalungen überhaupt in Computerspiele gehören, ist eine Frage, die man sicherlich intensiv und konstruktiv mit den Spielern erörtern kann. Denn laut Aussage der Spiele-Fans ist die "Call of Duty"-Reihe an sich und ihrer Meinung nach ein spannendes Ego-Shooter-Angebot mit taktischen Herausforderungen, die viel Geschick und Überlegungen benötigen. In der Folge "Finest Hour" treten im Spielkonzept und in den Spielforderungen diese Aspekte der strategischen Herausforderung an den Spieler deutlich zurück. Im Vordergrund des Geschehens stehen vielmehr die Shooter-Elemente in Verbindung mit einer als äußerst problematisch anzusehenden militärischen Waffenkunde. Damit verliert es sogar nach Meinung erfahrener Spieler einen wichtigen Spielreiz und reiht sich eher in die Reihe fragwürdiger Shooter-Produkte ein. Als Angebot für Kinder und Jugendliche ist es jedenfalls abzulehnen.