Batman: The Telltale Series



Spielbeschreibung:
Bereits seit seinem ersten Comic-Auftritt im Jahr 1939 sorgt Batman auf den Straßen von Gotham City für Recht und Ordnung. Auch aus der heutigen Popkultur sind Bruce Wayne und sein Alter Ego Batman nicht wegzudenken. Dank der Arkham-Trilogie des Entwicklerstudios Rocksteady (sowie der Serienableger von Warner), die auf ein Spielprinzip aus Kämpfen und Schleichelementen setzt, erfreut sich die Marke im Videospielsegment ebenfalls großer Popularität. Mit Telltale Games hat sich nun ein anderer Hersteller der Batman-Lizenz angenommen und sich insbesondere auf narrative Elemente konzentriert. So erinnert Batman: The Telltale Series wie schon frühere Titel des Studios (u.a. The Walking Dead oder Game of Thrones) stark an einen Film zum Mitspielen.
In düsterer Comic-Grafik wird eine wendungsreiche Geschichte erzählt, die allerlei Figuren aus dem bekannten Universum vereint. Ähnlich wie Christopher Nolans Dark Knight Filme verfügt auch Batman: The Telltale Series über einen sehr ernsten Erzählstil. Inhaltlich von großer Bedeutung ist das Innenleben der Hauptfigur. Wichtiger Bestandteil der Spielmechanik sind moralische Entscheidungen, die meistens während Dialogen zu treffen sind. Zudem müssen regelmäßig Tatorte auf Hinweise untersucht sowie kurze Action-Passagen absolviert werden. Sämtliche Spielelemente sind leicht zu meistern, da wesentlich mehr Wert auf Handlungsfluss als auf spielerische Herausforderung gelegt wird.
Pädagogische Beurteilung:
Hoffnung für die Zukunft, traumatische Vergangenheit
Die Metropole Gotham City ist durch und durch von Korruption zersetzt, Mord ist an der Tagesordnung. Der Einfluss der Mafia reicht von der Wirtschaft, über große Teile der Polizei, bis zum Bürgermeister. Mit dem charismatischen Staatsanwalt Harvey Dent kandidiert nun jedoch ein Mann für das Bürgermeisteramt, der womöglich die kriminelle Struktur Gothams zerschlagen könnte. Als Geldgeber und Fürsprecher unterstützt auch Milliardär Bruce Wayne den Hoffnungsträger. Was Harvey Dent nicht weiß: Unter der Maske von Batman, welcher mit High-Tech-Equipment ausgerüstet auf Verbrecherjagd geht, steckt niemand geringerer als Bruce Wayne. Die Ereignisse überschlagen sich, als der Wahlkampf in die heiße Phase geht. Eine Welle an Terrorakten erfasst Gotham, während sich Wayne einer Diffamierungskampagne ausgesetzt sieht. Um selbige zu entkräften, muss sich der/die Protagonist_in auch dem Kindheitsereignis stellen, das ihn Jahre später zu Batman werden ließ: Dem gewaltsamen Tod seiner Eltern.
Eingeschränkte Interaktion
In einer Art Detektiv-Modus kann Batman durch Umgebungen gesteuert werden, um sie zu inspizieren. Meistens handelt es sich um Verbrechensschauplätze, an denen Hinweise auf den jeweiligen Tathergang zu entdecken sind. Um eine Tat möglichst exakt zu rekonstruieren, müssen einzelne Hinweise miteinander kombiniert werden. Batmans mobile Daten-Analyse-Technologie wertet dann mögliche Kombinationen aus und versucht, einen Zusammenhang herzustellen. Erst wenn alle richtigen Verbindungen hergestellt sind, kann der Schauplatz verlassen werden. Da sowohl die Umgebungen als auch die Interaktionspunkte überschaubar sind, sollte dieser Vorgang immer nur wenige Minuten in Anspruch nehmen.
Ein ähnliches Kombinationsprinzip kommt zum Einsatz, wenn geplant werden muss, wie mehrere Feinde unmittelbar nacheinander auszuschalten sind. Aus der Ferne kann an entsprechende Personen herangezoomt werden, um diese gedanklich mit Objekten zu verbinden. Wurden alle Feinde mit Interaktionspunkten verknüpft, etwa Tischen oder Wänden, startet eine selbstablaufende Sequenz, in der Batman die gewählten Objekte nutzt, um Widersacher nacheinander auszuschalten. Spielende können den Protagonisten in solchen Szenen nicht direkt kontrollieren. Stattdessen müssen sie lediglich im richtigen Moment vorgegebene Tasten drücken. Selbiges gilt für weitere Action-Szenen. Kampfsituationen sind spielerisch banal, können dank filmreifer Choreographie aber dennoch für Spannung sorgen. Stirbt der Spielcharakter, kann die jeweilige Stelle umgehend wiederholt werden.
Vereinzelt kann vor einem Dialog gewählt werden, ob dieser als Batman oder Bruce geführt werden soll. Im Normallfall ist jedoch Bruce Wayne für die interaktive Gesprächsführung zuständig. Innerhalb von Dialogen bestimmen Spieler_innen, wie sich Bruce anderen Figuren gegenüber positioniert. In diesem Zusammenhang wird auch seine moralische Ausrichtung beeinflusst. Gelegentlich treten vermeintliche Schlüsselentscheidungen auf, die ein Gefühl von Handlungsfreiheit suggerieren sollen. Leider stellt sich spätestens bei einem zweiten Spieldurchgang heraus: Der eigentliche Storyverlauf lässt sich nur selten entscheidend verändern.
Moralische Ambivalenz als Leitmotiv
Batmans Kodex innerhalb des Spiels besagt, prinzipiell keine Feinde zu töten. Den Protagonisten in einen Killer zu verwandeln, ist dementsprechend nicht möglich. Mehrfach werden Spielende jedoch vor die Wahl gestellt, ob sie Gewalt anwenden wollen, um Gangstern Informationen zu entlocken. Bei Verbündeten wie Butler Alfred oder Polizist Jim Gordon stößt das Mittel der Gewalt allerdings auf wenig Gegenliebe. Beide appellieren regelmäßig an das Gewissen der Hauptfigur und versinnbildlichen, dass nicht alles an Gotham City schlecht und verdorben ist. Einer anderen Figur ist wiederum jedes Mittel Recht, um den verheerenden Zuständen in der Metropole ein Ende zu setzen – auch die Errichtung eines Polizeistaates oder die Inkaufnahme ziviler Opfer. Anhand selbigem Charakter wird das Motiv „inwiefern heiligt der Zweck die Mittel?“ bis zu dem Punkt auf die Spitze getrieben, dass die Figur nicht weniger grausam agiert, als diejenigen, die sie bekämpft.
Der Antrieb der Haupt-Antagonisten ist in der Regel mit traumatischen Erlebnissen aus der Vergangenheit verknüpft und zunächst leicht nachzuvollziehen. Deutlich wird hier die Parallele zu Bruce Wayne und der entgegengesetzten Reaktion auf sein eigenes Trauma. Selbst wenn sich die Spieler_innen verhältnismäßig rüde verhalten, bleibt Batman eine Figur, die nicht mal ansatzweise so menschenverachtend agiert wie die Antagonisten. So nachvollziehbar deren Motive auch sein mögen, das Spiel rechtfertigt ihre Gewalttaten zu keinem Zeitpunkt.
Detaillierte Comic-Gewalt
Für Spieler unter 16 Jahren ist der aktuelle Batman-Titel grundsätzlich nicht geeignet. Die Gewaltdarstellung kann von sehr sensiblen Spieler_innen als emotional belastend empfunden werden. Besonders dramatische Situationen finden unter Zeitdruck statt, was zusätzlichen Stress auslösen könnte. Gerade beim Untersuchen von Tatorten spart das Spiel nicht mit blutigen Details. Hier handelt es sich beispielsweise um eine Leiche ohne Augen, zerfetzte Körper oder die Suche nach einer Kugel im Kopf eines Toten. Selbst wenn der Comic-Look die Darstellung drastischer Gewalt etwas abschwächt und der/die Spieler_in nicht das ausübende Organ darstellt, könnten einige unangenehme Bilder haften bleiben.
Auch mit dem Tod von Batmans Eltern geht das Spiel recht unverblümt um. In einem Abschnitt kehrt der erwachsene Bruce Wayne in die Gasse zurück, in der seine Eltern getötet wurden. Ziel ist es, bestimmte Bereiche anzuklicken, um Flashbacks auszulösen. So werden die Spielenden zu Zeug_innen, wie der neunjährige Bruce machtlos dem Mord an Martha und Thomas Wayne zusehen muss. Dieses Erlebnis und der Tathergang sind inhaltlich allerdings hochrelevant, sodass hier keine Gewalt zum Selbstzweck gezeigt wird. Darüber hinaus existieren weitere Szenen, die als beängstigend empfunden werden könnten; unter anderem ein potenziell verstörender Abschnitt, der in einer Psychiatrie stattfindet.
Stark vertonter Episodentitel
Der düstere Comic-Look spielt technisch nicht in der allerersten Liga, erzeugt aber ein stimmungsvolles Bild von Gotham City. Emotionale, wie spannungsgeladene Szenen werden perfekt von einem Soundtrack unterstützt, der an die Musik der Dark Knight Filme erinnert. Ebenfalls hervorzuheben sind die Sprecherleistungen, die den gut geschriebenen Figuren vollends gerecht werden. Eine deutsche Sprachausgabe ist im Übrigen nicht vorhanden, die englische Sprache kann jedoch mit deutschsprachigen Untertiteln kombiniert werden.
Batman: The Telltale Series wurde in fünf zusammenhängenden Episoden veröffentlicht, die jeweils im Abstand von wenigen Monate erschienen sind. Mittlerweile sind sämtliche Kapitel verfügbar. Pro Episode können circa 90 Minuten Spielzeit eingeplant werden. Episode 1 steht kostenlos zur Verfügung, die weiteren Episoden können lediglich als Paket bezogen werden. Ist die Auftaktepisode bereits installiert, werden die Episoden 2-5 bei einem Kauf automatisch zugefügt, weitere Kosten entstehen nicht. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen, baut am Ende aber auch eine Brücke zu einer möglichen Staffel 2.
Fazit:
Typisch für Spiele, die sich am interaktiven Film orientieren, gehen Handlung und Interaktion auch in Batman: The Telltale Series nahtlos ineinander über. Dank kinoreifer Inszenierung und starker Charakterausarbeitung wird ein hochintensives Spielerlebnis geboten. Dieses ist jedoch nicht für Jugendliche unter 16 Jahren geeignet. Besonders sensible Spieler_innen sollten grundsätzlich eher zu anderen Titeln greifen. Von einem zweiten Spieldurchlauf ist generell abzuraten: Oftmals erweisen sich moralische Entscheidungen als Trickserei – der Handlungsverlauf ändert sich somit nur geringfügig.