Ein Blick zurück auf den Nintendo 64

Baujahr 1996 und immer noch ein Garant für großen Spielspaß: Mit einer verwunderten Testergruppe wirft Koray Çoban einen Blick auf den Nintendo 64, der seinerzeit einige Innovationen zu bieten hatte. Wie aber reagieren die jugendlichen Tester heute - und was ist aus der Konsole heute noch rauszuholen?

von Koray Çoban

Was ist das denn?“
Diese und ähnliche Fragen lagen den jugendlichen Testern auf der Zunge, als sie das Nintendo 64
sahen. Betrachtet man die 1996 als „New dimension of Fun“ (zu deutsch: die neue Spaßdimension) verkaufte Konsole im Jahr 2010, ist solch eine Reaktion keineswegs abwegig. Ein heute niedliche wirkender 64-Bit-Prozessor und ein geradezu lächerlich wirkender 4-MB-Arbeitsspeicher bilden das Herzstück der Konsole, was im Vergleich zu heute wirklich nicht der Rede wert ist. Globige Controller und Datenträgercartridges, welche beinahe die Größe eines Nintendo DS haben, runden das recht komisch anmutende Gesamtbild ab.

Wie sieht das denn aus?“
Kaum ist die Konsole eingeschaltet, wird das erste Bild von der Konsole bestätigt: Figuren, die aussehen, als wären sie im wahrsten Sinne des Wortes zurechtgeschnitten worden, Landschaften, die in einem Malblock eines Kindes im zarten Kindergartenalter aufzufinden sein sollten - schlicht grausige Grafik, sofern man das was man sieht, als Grafik bezeichnen will. Was man als Tester nicht so alles mitmachen muss.

Ein Blick in die Geschichte
Was genau ist das Nintendo 64
(kurz: N64) eigentlich? Neben der gefloppten Jaguar-Konsole aus dem Hause Atari war das N64 die einzige in Europa erhältliche 64-Bit-Konsole. Sie trat als Nachfolger des legendären Super Nintendo (S-NES) erst recht spät in Konkurrenz zur damals aktuellen Sony PlayStation 1 und dem Sega Saturn. Lange bevor die umstrittene Konsolenhardware der Öffentlichkeit präsentiert wurde, geisterten Synonyme wie „Ultra 64" oder „Project Reality“ durch die Presselandschaft. Bilder von Automatenklassikern wie Cruis'n USA und Killer Instinct zeigten vorab die angebliche Leistungsfähigkeit, des, in Zusammenarbeit mit Silicon Graphics entwickelten Gerätes. Doch letztendlich war alles nur heiße Luft. Zwar war das N64 zum Zeitpunkt seines Erscheinens mit Abstand die stärkste Konsole auf dem Markt, aber Neuling Sony hatte bereits Sega beinahe verdrängt und machte es Nintendo sehr schwer sich erneut zum Marktführer aufzuschwingen.

Bereits im Erscheinungsjahr war für viele Leute die Datenträgerauswahl vollkommen unverständlich. Das N64 wird noch konventionell mit Modulen bzw. Cartridges gespeist. Die Vorteile liegen bis heute auf der Hand: Blitzschnelle Ladezeiten, mehr oder minder unzerstörbar und schwerer zu kopieren als Digitale Medien. Die Nachteile allerdings auch, selbst im Vergleich zur damaligen Konkurrenz (Sony PlayStation 1, Sega Saturn) bietet das N64 nur sehr geringen Speicherplatz an. Und das macht sich oft an Grafik und Sound bemerkbar. Filmsequenzen werden beispielsweise nur stark komprimiert gezeigt. Neben dieser erzwungen wirkenden Verwendung doch arg betagter Cartridge- bzw. Modultechnologie machte Nintendo auch weitere produktpolitische Fehler.

So gab man zum Beispiele dem CD-Rom-Hardware-Projekt „PlayStation" (!), ein Zusatzgerät, das in Zusammenarbeit mit Sony (!) und Phillips entwickelt wurde, den Laufpass. Die „Nintendo PlayStation" war ursprünglich als Erweiterung für das Super NES gedacht. Der Rest ist bereits Geschichte. Darüber hinaus trennte man sich im Streit von ehemaligen Exklusiventwicklern, darunter insbesondere von Rollenspielveteran Square (heute SquareEnix), der ursprünglich Final Fantasy VII für das N64 entwickeln sollte.

Meilensteine der Videospielgeschichte
Auf dem
N64 sind nichtsdestotrotz einige der ganz großen Meilensteine der Videospielgeschichte erschienen. Allen voran "Super Mario 64", das erste 3D-Jump'n Run der Geschichte und "Zelda - Ocarina of Time", das wohl wegweisenste Action-Adventure seiner Zeit. Auch experimentelle Fortsetzungen beliebter Spielserien probten auf dem N64 ihre ersten 3D-Auftritte, allen voran "Castlevania 64" und "Donkey Kong 64". Zudem gab es eine Menge weiterer hervorragender 64-Bit-Version beliebter Spiele, wie "MarioKart 64", "Bomberman 64", "Diddy Kong Racing 64", "F-Zero X", "Ridge Racer 64" oder "Golden Eye 007". Fast alle waren technisch weitaus gelungener als vergleichbare PlayStation- oder Saturn-Spiele.

Das N64 war seinerzeit trotz aller technischen Produktfehler sehr innovativ. Es gab erstmals vier Kontrolleranschlüsse am Gerät, einen Slot für die später erschienene „Ram-Pak"-Speichererweiterung, die das interne Ram verdoppelte und das erste Mal konnte man das Spielgeschehen auch spüren. Nintendo entwickelte mit dem so genannten „Rumble Pak“ einen batteriebetriebenen Zusatz für den Controller, der dann bei entsprechenden Bewegungen vibrierte.

Hey, wer hat die Banane da hingelegt?“
Die jugendlichen Tester kamen nach nicht einmal einer Runde
Mario Kart 64 zu der Erkenntnis, Grafik allein macht auch nicht glücklich bzw. der Spielspaß eines Spieles ist vielleicht doch nicht nur von seiner Grafik abhängig. Es scheint also doch einen Grund gehabt zu haben, dass auch im Jahre 96 des letzten Jahrhunderts, ja sogar Jahrtausends die Menschen zu Computer- bzw. Konsolenspielen gegriffen haben.

Auch heute noch stellt das N64 ein sehr gutes Einsteigergerät dar, insbesondere für Menschen mit kleinem Budget wie etwa Taschengeldempfänger. Die Spiele sind gebraucht sehr günstig zu haben und qualitativ, vor allem den Spielspaß betrachtend, brauchen sich viele Titel nicht zu verstecken. Die Konsole ist kinderleicht zu bedienen und die Datenträger sind nahezu unverwüstlich.